Bawag-HV 30.10.2020. Weltspartag 2020. Kein Weltspartag wie immer. Heuer sitze ich vor dem Bildschirm und schaue die HV der BAWAG Group AG, die um 14 Uhr beginnt. ARV Egbert Fleischer freut sich über das Ergebnis von 5,22 Euro pro Aktie im Jahr 2019. Zu dem ich als mehrfacher Kunde einiges beigetragen habe. Als P.S.K.-Kunde seit fast 50 Jahren wirft man nicht einfach alles hin, wenn es einen neuen Eigentümer gibt, auch wenn die Bawag in der Bezirkshauptstadt schon seit Jahren ihre Pforten geschlossen hat. Man macht ja fast alles online, den mir zugewiesenen Kundenbetreuer kenne ich nicht einmal. Nachteil dieser virtuellen Beziehung: Neue Geschäfte mache ich dort nicht. Die BAWAG ist ein bisserl weit weg vom Kunden, das ist mein Eindruck. Dass sie trotzdem so einen schönen Gewinn machen hat können, das freut mich als Aktionär der ersten Stunde natürlich. Ich bin seit dem IPO dabei, mit etwa einem Drittel im Minus, wie wohl so mancher andere auch.
CEO Anas Abuzaakouk erzählt vom Nettogewinn in Höhe von 459 Mio Euro. 400 Mio Euro seien über Aktienrückkäufe an die Aktionäre ausgeschüttet worden, weitere 215 Mio Euro als Dividende, gesamt somit 615 Mio Euro. Wegen des aktuellen Dividendenverbots der EZB könne die Dividende von 2,61 Euro pro Aktie auf dieser HV nicht beschlossen werden. Es werde daher vorgeschlagen, die für die Dividende vorgesehenen 230 Mio Euro auf neue Rechnung vorzutragen. Es sei beabsichtigt, dieses Geld "bei der nächsten ordentlichen oder außerordentlichen Hauptversammlung 2021 auszuschütten, unter Berücksichtigung der Empfehlungen der EZB". Österreich sei unser Kernmarkt, aber wir hätten uns ausgeweitet auf Deutschland, die Schweiz und andere Länder Westeuropas. Wir würden reife und entwickelte Märkte mit stabilen Regierungen und stabilen Rechtssystemen bevorzugen. Wir würden nur einfache und leicht verständliche Produkte verkaufen wollen. Finde ich gut, dann gibts keine Reibereien mit Kunden mehr, die diese SWAPs nicht verstehen. Ein Ziel sei es, eine Cost Income Ratio von unter 40% zu erreichen.
70% unseres Geschäfts entfalle auf die Länder der D-A-CH-Region, Österreich und Deutschland. Diese Länder hätten die Wirtschaft mit sehr großen Konjunkturpaketen unterstützt. Sie hätten damit ihre finanzwirtschaftliche Stärke bewiesen. Das Konjunkturpaket in Österreich sei 50 Mrd Euro schwer, das seien 13% des BIP. Das Paket Deutschlands sei mehr als 1 "Billiarde" Euro schwer, das seien 30% des BIP. Anm: Sind zwar nur 3 Nullen Unterschied, tatsächlich dürften sich die Deutschen mit 1 Billiarde etwas schwerer tun als mit einer Billion. Ok, die Billiarde nennt die Übersetzerin. Gut, dass man die Präsentation in beiden Sprachen im Internet nachhören kann: Im englischen Original sagt Abuzaakouk "trillion", laut meinem Dictionary bedeutet das entweder "Billion", wenn es Amerikanisch ist, oder "Trillion", wenn es Britisch ist. Abuzaakouk ist Amerikaner.
Mitte Oktober hätten die Stundungen des Retail & SME-Portfolios 1,7% betragen, die des Corporates & Asset Backed Lending Portfolios 0,6%. Aufgrund der Vereinfachung des Geschäfts könne der Vorstand per 1.1.2021 von 6 auf 5 Personen reduziert werden. Wir seien "gute Hüter des Kapitals" (diese Worte fallen auf der HV mindestens viermal). 2019 habe die Ausschüttungsquote (Dividende plus Aktienrückkäufe) 140% entsprochen. CFO Enver Sirucic wiederholt im Prinzip einige Aussagen des CEO. Darüber hinaus hätten wir 12 Mio Euro im Jahr 2020 aufgrund unserer Mitgliedschaft in der Einlagensicherung Austria verloren, wegen des Betrugs bei der Commerzialbank Mattersburg. Darüber hinaus habe man mit dieser Bank überhaupt nichts zu tun. Um 14:49 h werden bereits die Beschlussvorschläge verlesen. Der besondere Stimmrechtsvertreter Michael Knap gibt an, 717 Aktionäre mit 42,6 Mio Aktien zu vertreten, das seien 47,8% des Grundkapitals, davon seien nur 10 Private, die anderen seien Institutionelle. Ein Aktionär lässt über seinen besonderen Stimmrechtsvertreter vorab Widerspruch zu Protokoll gegen die TOP 2 bis 9 geben, aufgrund der "verschleppten Abhaltung" der HV, die Möglichkeit des Livestreams sei vor Monaten schon verfügbar gewesen. Es wird eine Präsenz von 736 durch die vier besonderen Stimmrechtsvertreter vertretenen Aktionären mit 64,547.476 Stimmen verlesen.
Um 15:06 h beginnt die Generaldebatte. In Beantwortung von Fragen von Knap als Aktionär erklärt Sirucic, dass durch die Rückgabe der Banklizenz der Easybank "Dinge vereinfacht" würden, Kosteneffizienz sei "Teil unserer DNA". Die Übernahme der Schweizer Zahnärztekassa im Jahr 2019 bringe "sehr sehr erfolgreiches Factoring", der Kundenstock dort in Höhe von 5,4 Mio Euro werde über 9 Jahre abgeschrieben. Wir würden bei Übernahmen immer auch Strukturierungsrückstellungen bilden. Warum das Interesse an der Wiener Privatbank geendet habe, darüber gebe man keine Auskunft. Ganz allgemein gebe man nur Auskunft, wenn eine Meldepflicht erwachse, über Vorgänge davor spreche man nicht. Was den Blitzkredit an Refco über 350 Mio Euro betreffe, so verfolge man keine Ansprüche gegen die heuer im Strafprozess freigesprochenen Personen mehr. Man sei beim Börsianer-Festival Hauptsponsor gewesen, das habe rund 60.000 Euro gekostet, es sei nicht um Investor Relations gegangen, sondern um Marketing und Recruiting. Die Kosten der D&O-Versicherung für die gesamte Gruppe betrügen jährlich 370.000 Euro. In der Zentrale am Hauptbahnhof sei man in einem Großraumbüro mit maximal 50%iger Belegung, tatsächlich sei das Office weit unter 30% belegt, in der Phase des Home-Office seien es rund 3%, de facto seien alle Mitarbeiter daheim. Anm: Das erklärt vielleicht, warum man da nie jemanden erwischt, das ist nur mein persönlicher Eindruck. 26.000 m2 bei 1.200 Mitarbeitern würden ein bisschen mehr als 20 m2 pro Mitarbeiter bedeuten. Staatliche Hilfen bekomme man keine, und man habe auch nicht vor, welche zu beantragen. Aber wir würden bei der Förderungsfinanzierung unterstützen, man werde als Abwicklungsstelle hinzugezogen. AR-Kosten betrügen 414.000 Euro plus 50.000 Euro Reisekosten.
Aktionär Petermichl bedankt sich um 15:48 h bei der IR-Abteilung für die Zusendung des ausgedruckten Geschäftsberichts. Auf die Frage, warum die Geschäftsberichte nicht mehr gedruckt werden, antwortet Sirucic, es gehe nicht primär um Kostenersparnis, sondern um Nachhaltigkeit, die Nachfrage sei letztes Jahr sehr gering gewesen, ungefähr 80 Exemplare in Deutsch und 25 in Englisch. 3.500 Euro seien dafür die Gesamtkosten gewesen. Petermichl ersucht um Rechtfertigung für die "viel zu hohen Gehälter" des Vorstands, mit 19,8 Mio Euro liege man beim Doppelten von ERSTE oder RBI. Und das, obwohl die Bawag "praktisch keine Schalterleistungen" erbringe. Der ARV erklärt, man zähle zu den ertragsstärksten Banken Europas, man benchmarke sich über Österreich hinaus. Und der Aufsichtsrat erhalte keine Sitzungsgelder, lediglich nachgewiesene Reisekosten würden ersetzt. Die Vorstandsmitglieder würden heuer auf den Bonus verzichten. Von 15:59 h bis 16:18 h werden die Fragen von Josef Baumüller abgehandelt.
Berthold Berger stellt Fragen zu den Verfahren gegen die Stadt Linz. Man sei auf 30,6 Mio sfr verklagt worden, die Widerklage der Bawag betrage 417,7 Mio Euro. Die Kanzleien Dorda und Ganzger würden die Bawag vertreten. 133 Leute würden dem HV-Livestream folgen. Auf der letztjährigen HV hätten 102 Leute 457 Aktionäre vertreten, die HV habe 110.000 Euro gekostet, heuer werde es wohl etwas weniger sein, die genauen Abrechnungen lägen noch nicht vor. Die Forderung gegen die Stadt Linz habe man bereits zu 40% wertberichtigt, man habe 254 Mio Euro in den Büchern stehen. Man gebe über 6 Mio Euro im Jahr für IT-Sicherheit aus, bis jetzt sei es noch zu keinem erfolgreichen Hackerangriff gekommen. 80% der Aktien seien Free Float, die meisten Aktionäre seien Institutionelle aus Europa und Nordamerika, zunehmend gebe es Interesse aus Zentral- und Osteuropa. Die Kosten des Filialausbaus hätten mehr als 30 Mio Euro betragen. Wo notwendig, werde man Filialen weiter ausbauen. Um 16:29 h wird die Generaldebatte geschlossen. Die Abstimmungen sind wenig spannend, Gegenstimmen sind rar, gerade die Vergütungspolitik für den Vorstand bekommt 14,67% Gegenstimmen, erfahrungsgemäß ist die Ablehnung bei diesem Punkt auch bei anderen AGs hoch, die Gegenstimmen sind hier ohnehin nur als symbolisch zu sehen, selbst mehr als 50% hätten keine Bindungswirkung. Um 16:46 h ist die Tagesordnung erschöpft.
Bawag ( Akt. Indikation: 31,58 /31,68, 0,73%)
(Der Input von Günter Luntsch für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 02.11.)
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