Conwert: Schon wieder Unruhe (Wilhelm Rasinger)

Eine außerordentliche Hauptversammlung mit der Tagesordnung, fast den ganzen Verwaltungsrat abzuberufen, ist eine spektakulärer Akt. Es müsste gravierende Vorfälle gegeben haben, um diesen Schritt zu rechtfertigen. Oder es handelt es sich um eine einseitige Machtdemonstration eines qualifizierten Minderheitsaktionärs mit einem Anteil von etwas über 20 Prozent. Der private Streubesitz ist daran interessiert, dass gearbeitet wird, Leerstände verringerten werden und ein Cash Flow generiert wird, der eine ordentliche Dividendenzahlung ermöglicht. Für Verkäufe benötigt es Zeit, um Preisabschläge zu vermeiden. Immobilienaktien eignen sich  nicht für Spekulanten und Kurzzeitinvestoren, sondern für langfristig  orientierte Anleger. Unsinnig, aber leider geltende IFRS-Regel, ist die Berücksichtigung der Bewertungsergebnisse in der Gewinn- und Verlustrechnung. Jeder weiß, dass das die tatsächlich erzielbaren Transaktionswerte deutlich von den Bewertungsergebnissen abweichen können. Gutachter sind keine Hellseher, sondern sie versuchen auf Basis ihrer Rechenmodelle und Prämissen einen Wert zu ermitteln. Der Markt orientiert sich fallweise daran, aber weicht immer wieder ab.


Es ist unangenehm, dass Conwert seit Jahren keinen verlässlichen und stabilen Kernaktionär hat. Ein Missverständnis, das allerdings durch ein realitätsfernes Übernahmegesetzt gefördert wird, ist der Versuch, als qualifizierter Minderheitsaktionär eine Gesellschaft zur Gänze dominieren zu können. Findige, hochbezahlte Rechtsanwälte profitieren von Streitereien, die diese Absichten und Aktionen auslösen.
Es ist unsinnig, wenn börsennotierte Immobiliengesellschaften andere börsennotierte Immobiliengesellschaften aufkaufen möchten. Solche Transaktionen bringen minimale Synergien und Kosteneinsparungen höchstens auf der Vorstandsebene. Die Auseinandersetzung CA Immo vs. Immofinanz im vorigen Jahr und Vonovia vs. Deutsche Wohnen heuer sind  warnende Beispiele.
Es ist höchste Zeit, dass der Conwert-Minderheitsaktionär Adler Real seine Zahlen verbessert. In einem vier- bis fünfköpfigen Verwaltungsrat ist es aus Gründen der Aktionärsdemokratie richtig, wenn Adler Real mit einem abhängigen Mitglied vertreten ist. Es ist aber im Interesse des Streubesitzes, wenn die Mehrheit des Verwaltungsrates aus unabhängigen Mitgliedern besteht.

Auf jeden Fall sollen vor der a.o. Hauptversammlung die Ergebnisse 2015 bekannt sein. Diese sind Grundlage für die Beurteilung der Organe. Persönliche Befindlichkeiten und Machtspiele verursachen Ärger und Kosten. Großflächige Anzeigen mit einseitigen, oberflächlichen  Darstellungen in den wichtigsten Tageszeitungen sind Aktionismus und stören seriöse Arbeit und faire Beurteilungen. Auch ein Minderheitsaktionär hat bei der Ausübung seiner Rechte Verantwortung gegenüber der Gesellschaft.



(17.02.2016)

conwert


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Wilhelm Rasinger

ist Präsident des IVA, Honorarprofessor für Betriebswirtschaft und Aufsichtsrat bei Wienerberger, Erste Group Bank AG und S IMMO AG.

>> http://www.iva.or.at


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