Optionsstrategie "Covered Call" - die zweite Dividende (Michael Gredenberg)

Heute gibt es wieder einen neuen Beitrag in meiner “Derivate für Anfänger” Serie: Es geht um die bekannte Optionsstrategie “Covered Call”, welche es ermöglicht aus Aktien ein zusätzliches Einkommen zu generieren. Bei vielen Aktien erhält man bekanntlich regelmässig eine Dividende. Es gibt allerdings noch eine weitere Möglichkeit aus dem Aktienbestand Cashflow zu generieren ohne das Risiko bei einem Kursverlust zu vergrößern: Der Verkauf von Call-Optionen – durch ihn nimmt man eine Prämie ein, die sogar deutlich höher sein kann als eine gute Dividende, allerdings gibt man (teilweise) Chancen auf Kursgewinne dafür auf.

Die gaußsche Normalverteilung spielt bei Optionen eine wichtige Rolle – man muss aber kein Mathematikgenie sein um dieses Finanzinstrument sinnvoll einzusetzen

Wie diese Optionsstrategie  im Detail funktioniert werde ich heute versuchen möglichst verständlich zu beschreiben.  Man benötigt dafür jedenfalls keinen Nobelpreis in Mathematik.
Am Ende des Artikels bringe ich außerdem ein konkretes Beispiel.

Die Optionsstrategie “Covered Call”

Besitzt man Aktien bei denen man keine großen Kurssprünge mehr erwartet da die Bewertung bereits recht hoch ist, die man aber auch nicht verkaufen möchte da man von den jeweiligen Unternehmen fundamental überzeugt ist, so bietet sich durch das Verkaufen von Call-Optionen die Möglichkeit zusätzlich zu einer eventuell vorhandenen Dividende noch weitere Erträge aus diesen Aktien herauszuholen.

Zur Auffrischung zum Thema Optionen empfehle ich, vorab den entsprechenden Teil meiner Derivate-Serie im Financeblog zu lesen. Auch der Artikel über die Bewertung von Optionen, welcher auf das Thema Volatilität eingeht ist eine wichtige Voraussetzung für das Verständnis dieses Artikels

Wie baut man nun so einen” Covered-Call”?

Gehen wir einmal davon aus, dass wir eine Aktie vom Unternehmen A haben welche derzeit bei 100 EUR notiert. Weiters nehmen wir an, dass das Unternehmen keine Dividende bezahlt.

Wenn wir uns die zu dieser Aktie gehandelten Optionen ansehen, so finden wir vielleicht eine Call-Option mit einem Strike (Ausübungspreis) von 105 EUR und einer Restlaufzeit von 60 Tagen, was bedeutet dass der Inhaber dieser Option das Recht hat bei Fälligkeit der Option (also in 60 Tagen) die Aktie für 105 EUR zu kaufen. Wir bekommen am Markt eine Prämie von EUR 1,40 für diese Option geboten.

Wir erhalten also EUR 1,40 wenn wir die Verpflichtung eingehen unsere Aktie die derzeit an der Börse EUR 100 wert ist in 60 Tagen für EUR 105 zu verkaufen. Wir verkaufen eine Call-Option.

Diese EUR 1,40 entsprechen genau 1,4% vom derzeitigen Aktienkurs.  Wir verdienen mit dieser Strategie also 1,4% in 60 Tagen. Annualisiert man diese Rendite (also rechnet sie auf das ganze Jahr hoch) so kommt man auf 8,51% jährliche Rendite. Das ist schon deutlich mehr als derzeit mit Dividenden zu holen ist.

Fassen wir also zusammen:

Wir halten eine Aktie und verkaufen auf diese Aktie eine Call-Option die uns verpflichtet diese Aktie an einem bestimmten Tag zu einem bestimmten Kurs zu verkaufen. Dafür erhalten wir eine Prämie.

Covered Call heißt auf Deutsch “Gedeckte Kaufoption” und der Begriff erklärt eigentlich bereits alles: Es wird eine Kaufoption verkauft und die dazugehörige Aktie gehalten.

Welche Risiken birgt diese Strategie:

Natürlich gibt es an den Börsen nichts geschenkt. Wir haben gesehen dass man mit Covered-Calls teilweise sehr gute Zusatzrenditen auf seine Aktien erzielen kann – ich gehe später auf Details ein. Dafür muss man natürlich auch etwas hergeben: Man verliert die Chance auf zusätzliche Kursgewinne oberhalb des Ausübungspreises (Strike) der verkauften Option. In unserem Beispiel würden wir nicht mehr von Kurssteigerungen jenseits der 105 EUR profitieren, da wir dann ja die Aktie hergeben müssen. Unsere maximalen Chancen auf zusätzlichen Kursgewinn betragen also nur noch 5%. Dafür ist das Risiko bei einem Kursverlust nicht höher als es ohne dieser Strategie wäre – es ist sogar ein wenig gedämpft, da wir im Falle eines Kursverlustes ja die Optionsprämie dennoch eingenommen hätten und die Aktie behalten dürfen.

Die Strategie ist also ideal für einen seitwärts gerichteten Markt bei nicht allzu niedriger Volatilität (Angst vor Kursschwankungen). Wir erinnern uns: Optionen werden abhängig von der Angst zukünftiger Kurssprünge (implizite Volatilität) teurer oder billiger.

Ein Covered-Call ist also besonders interessant wenn:

  • man eine Aktie besitzt die man bei weiterer Kurssteigerung sowieso verkaufen würde weil sie langsam zu teuer wird
  • man bereit ist für die Chancen auf Kurssteigerungen gegen “sichere” Einnahmen zu tauschen.
  • man einen zusätzlichen Cashflow (zusätzlich zur Dividende) aus der Aktie beziehen möchte.
  • in einem seitwärts tendierenden Markt mit Angst vor Kurssprüngen (= hohe Optionsprämien)

Ein Covered-Call ist nicht zu empfehlen wenn:

  • man sich von einer Aktie noch große Kurszuwächse erwartet weil sie fundamental extrem günstig erscheint
  • die Angst vor Kursausschlägen im Markt sehr niedrig ist (=niedrige Optionsprämien)
Aktienanleihen:

Im Zertifikatemarkt ist diese Optionsstrategie übrigens auch sehr beliebt. Covered Calls  werden dort mit dem irreführenden Namen “Aktienanleihe” verkauft.  Die herausgebende Bank der Zertifikate kauft also eine Aktie und verkauft eine Call-Option auf diese Aktie. Der Inhaber des Zertifikates partizipiert von den Erträgen bzw. Verlusten aus dieser Anlage.
Meistens befindet sich der Basispreis der verkauften Call-Option dabei “im Geld”, d.h. die Aktie notiert zum Zeitpunkt der Ausgabe des Zertifikates bereits über dem Strike. In unserem Beispiel wäre das z.B. ein Strike von 95 bei einem Aktienkurs von 100.
Der Anleger verliert also im Idealfall am Laufzeitende seine Aktie die er sowieso nicht besitzen wollte  (wenn der Kurs nicht um mehr als 5% unter den Strike gerutscht ist), bekommt dafür aber die Optionspräme die ihm als “Kupon” (=Zinszahlung) der Anleihe verkauft wird. Außerdem erhält er im Idealfall sein investiertes Geld wieder zurück – eben dann wenn der Aktienkurs nicht unter den Strike gefallen ist – augenscheinlich also wirklich eine Anleihe mit guter Rendite.
In Wirklichkeit aber eine Anwendung der covered call Strategie. Aus diesem Grund erhält der Anleger im Falle eines Kursverfalles unter den Strike auch sein Geld nicht mehr zurück sondern wird in Aktien bezahlt.

Ich persönlich finde diese Art der Anwendung dieser Optionsstrategie nicht seriös, da dem Anleger quasi eingeredet wird, er kaufe eine Anleihe, erhalte dafür Zinsen und am Laufzeitende eine Rückzahlung. Anleger welche sich für Anleihen interessieren möchten sich aber typischerweise nicht mit Aktien herumschlagen.
Auch die FAZ hatte bereits vor über 10 Jahren einen kritischen Artikel über diese Produkte veröffentlicht.

 

Wie viel kann man mit einem Covered Call verdienen?

Um zu verdeutlichen unter welchen Umständen diese Strategie interessant ist habe ich ein paar Tabellen und Diagramme angefertigt.

Die Höhe der Optionsprämie in Abhänigkeit von Volatilität und Laufzeit der Option:
implizite Volatilität Tage Restlaufzeit der Option
10 30 60 365
10,00% 0,00 0,05 0,23 2,07
15,00% 0,02 0,28 0,75 3,96
20,00% 0,11 0,65 1,40 5,92
25,00% 0,25 1,08 2,12 7,90
30,00% 0,44 1,57 2,87 9,90
35,00% 0,66 2,08 3,64 11,89
40,00% 0,91 2,61 4,42 13,88
45,00% 1,18 3,14 5,22 15,86

Die Tabelle zeigt die Höhe der Optionsprämien (fair-value nach Black & Scholes)  die meinem ersten Beispiel entsprechen: Also ausgehend von einer Aktie mit einem Kurs von 100 und einer Call-Option mit Strike von 105, also 5% out of the money (aus dem Geld)

Man sieht deutlich dass eine höhere implizite Volatilität (das ist die in den Optionspreis eingepreiste Angst vor Kursschwankungen) die Preise für die Optionen stark steigen lässt. Sogar bei einer extrem kurzen Restlaufzeit von nur 10 Tagen erhält man bei einer impliziten Volatilität von 45% eine Optionsprämie von 1,18  – bei einer impliziten Volatilität von 15% nur weniger als ein fünfzigstel davon nämlich 0,02 und bei 10% imp. Vola nur noch weniger als 0,01

Die annualisierte Rendite der Optionsprämie in Abhänigkeit von Volatilität und Laufzeit der Option:
implizite Volatilität Anzahl Tage Restlaufzeit der Option
10 30 60 365
10,00% 0,03% 0,65% 1,41% 2,07%
15,00% 0,87% 3,44% 4,55% 3,96%
20,00% 3,85% 7,85% 8,51% 5,92%
25,00% 9,07% 13,19% 12,87% 7,90%
30,00% 16,00% 19,07% 17,44% 9,90%
35,00% 24,17% 25,27% 22,13% 11,89%
40,00% 33,22% 31,69% 26,91% 13,88%
45,00% 42,92% 38,26% 31,73% 15,86%

In dieser Tabelle habe ich ausgerechnet wie hoch der Ertrag durch den Verkauf der Call-Option im Vergleich zum Aktienkurs pro Jahr ist.  (wieder ausgehend vom Beispiel: Kurs bei 100, Strike bei 105, 5% out of the money)

Würde man also z.B. die 30 Tage Option 12 mal im Jahr verkaufen, käme man auf die errechnete Rendite durch Optionsprämien. Bei der 60 Tage Option wäre das bei 6 maliger Wiederholung im Jahr der Fall.

Hier zeigt sich, dass es nicht sinnvoll ist eine Option mit einer Laufzeit von einem ganzen Jahr zu verkaufen. Besser man wiederholt die Strategie alle 2 Monate für Optionen mit 60 Tagen Laufzeit – die zu erzielenden Erträge sind meistens höher.

Außerdem zeigt sich, dass bei impliziten Volatilitäten von weniger als 20% mit dieser Strategie eher magere Erträge zu erwarten sind (unter 5% pro Jahr). Hier muss man genau abwägen, ob man dafür die Chance auf Kursgewinne (> 5%) aufgibt.

Die Entwicklung von Optionsprämien in Abhänigkeit von Laufzeit und Volatilität
Preisentwicklung von Optionsprämien unterschiedlicher impliziter Volatilität im Zeitverlauf
Preisentwicklung von Optionsprämien unterschiedlicher impliziter Volatilität im Zeitverlauf

In dem Diagramm habe ich den Einfluss der impliziten Volatilität auf den Preisverlauf einer Option grafisch dargestellt: Deutlich zu sehen ist, dass bei einer höheren eingepreisten Volatilität der Optionspreis gerade im Bereich kurzer Restlaufzeiten stark sinkt. Der Zeitwertverlust der Option ist bei längeren Laufzeiten noch eher gering und nimmt abhängig von der impliziten Volatilität am Ende der Laufzeit stark zu.

Gerade bei Covered Calls ist es interessant eine möglichst hohe Optionsprämie zu kassieren – und zwar in Bezug auf die jährlich zu erzielende Rendite. Wie wir vorher schon gesehen haben eignen sich Optionen mit einer Restlaufzeit von etwa 2 Monaten sehr gut.

Zu kurz laufende Optionen leiden bereits zu stark an schwindenden Zeitwertverlust, sodass die Prämien die man erzielen verhältnismäßig geringer als bei länger laufenden Optionen sind. Bei zu lang laufenden Optionen hingegen flacht die Kurve ab, sodass man auf längere Zeit niedrigere Prämien kassiert als wenn man die Strategie entsprechend oft mit kürzeren Laufzeiten wiederholt.

Bei einer impliziten Volatilität von unter 15%  ist es hingegen sinnvoll, Optionen mit einer Laufzeit von 1 Jahr oder mehr zu verkaufen da hier der Preisverfall in den letzten Monaten nicht so stark ist. Ich persönlich würde aber Optionen mit einer impliziten Volatilität von unter 20% eher nicht verkaufen – die eigenen sich dann schon eher zum kaufen 
  

          
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(04.11.2015)

Derivate Map Zertifikate, (© photaq/Martina Draper)


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Michael Gredenberg

Inode-Gründer. Heute u.a. passionierter Radfahrer und Finanzautor via financeblog.at.

>> http://www.financeblog.at


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