Branchen-Übersicht 2015 - USA und Europa (Michael Gredenberg)

Welche Branchen haben im Börsejahr 2015 bisher am besten abgeschnitten? Wo sind die Unterschiede zwischen den USA und Europa. Diese Fragen werde ich heute versuchen zu beantworten.

Das Börsejahr 2015 war bisher ein sehr turbulentes: Nach einer Rally die zu neuen Höchstkursen im Frühsommer führte, kam die Maschinerie des Aktienmarktes weltweit ins stottern.

Doch waren wirklich alle Branchen gleichermaßen betroffen, oder gibt es den einen oder anderen Sektor, der weniger von den Turbulenzen beeinflusst war?

Außerdem werde ich heute analysieren, in welcher Branche sich die Gewinne heuer am besten entwickelt haben bzw. wo es Probleme gab.

Außerdem vergleiche ich die Bewertung der einzelnen Industrie-Sektoren der USA und Europa miteinander.

 

Das Brachen-Radar 2015

Um alle Branchen inkl. Kennzahlen miteinander vergleichen zu können, habe ich Branchen-Indices hernehmen müssen. Das sind im Falle der USA Sub-Indices vom S&P 500-Index, die die jeweilige Sparte abdecken, d.h. nur Firmen aus dem S&P 500 beinhalten die im jeweiligen Sektor tätig sind.

Gleiches gilt für Europa. Hier ist der Index der Stoxx Europe 600 Index sowie diverse Unter-Indices die die einzelnen Branchen abbilden indem sie nur Aktien aus der jeweiligen Sparte beinhalten.

Die Branchen der USA im Jahr 2015:
Branche Rentabilität EPS Wachstum Bewertung Performance
  GK-Rendite EK-Rendite 2015 2016E KGV KBV KUV Dividende Kurs YTD
Verbrauchsgüter 11,43% 21,56% 4,19% 9,05% 21,50 4,80 1,52 1,57% 7,48%
Informationstechnologie 16,04% 20,98% 4,57% 14,40% 18,50 4,03 3,21 1,61% 1,47%
Konsumgüter 11,46% 19,55% 3,84% -1,36% 19,87 5,17 1,36 2,74% 0,87%
Gesundheit 11,04% 16,55% 10,09% 28,15% 21,14 3,63 1,76 1,68% 0,41%
Gesamtmarkt (S&P 500) 6,89% 13,03% -0,39% 4,78% 17,68 2,69 1,75 2,19% -2,00%
Telekom 6,57% 11,98% 3,89% 8,19% 13,21 2,97 1,32 5,35% -4,82%
Finanzen 3,14% 9,26% -1,09% 1,83% 13,98 1,29 2,16 2,12% -5,53%
Versorger 6,03% 9,77% 3,26% -0,07% 16,30 1,68 1,61 3,80% -5,62%
Industrie 8,17% 16,27% 9,56% 1,10% 15,96 3,61 1,49 2,34% -5,94%
Rohstoffe 7,43% 11,64% 4,21% -4,05% 16,26 3,20 1,41 2,32% -9,46%
Energie 3,46% 3,58% -37,71% -39,06% 17,63 1,62 1,16 3,37% -13,66%

In der Tabelle habe ich alle Branchen nach Performance des Kurses des jeweiligen Branchen-Indices im Jahr 2015 sortiert. Auch den Gesamtmarkt (S&P 500) habe ich in den Vergleich aufgenommen.

Ich habe sowohl die wichtigsten Rentabilitätskennzahlen, als auch das Gewinnwachstum dargestellt. Außerdem die wichtigsten Bewertungskennzahlen.

Die Entwicklung 2015 in den USA:

In der Tabelle zu sehen ist, dass Verbrauchsgüter bisher die beste Kursperformance erzielen konnten. Dazu zählen sowohl Unternehmen aus dem Unterhaltunssektor (z.B. Walt Disney) als auch aus dem Retail-Sektor (z.B. Amazon), aus dem Restaurant-Bereich (Mc Donalds) wie auch aus dem Automobilbereich (z.B. Ford)

Am schlechtesten schnitt die Energie-Branche ab, hierzu zählen vor allem Rohöl-Unternehmen wie Exxon, Chevron, etc.
Diese Entwicklung ist kein großes Wunder. Diese Branche wurde Opfer des fallenden Rohlölpreises der sich bis heute nicht erholt hat. Ich habe darüber auch schon im Financeblog berichtet.

 Gelitten haben auch der Rohstoff-Sektor, der Industrie-Sektor sowie Versorger, Finanzen und Telekom. Alle diese Branchen haben sich schlechter als der Gesamtmarkt entwickelt.

Der Gesamtmarkt in den USA hat heuer bisher 2% verloren. Das Bruttoinlandsprodukt in den USA stieg heuer um 2,7%. Es war also entweder bisher bereits zuviel Wachstum eingepreist, oder die Kursverluste waren übertrieben.

Die Börse nimmt Entwicklungen immer vorweg, d.h. die Aktienkurse entwickeln sich logischerweise nie ident mit der Wirschaft. Wachstum wird meistens eingepreist sobald es erwartet wird. Wenn es dann da ist, steigen die Kurse nicht mehr weiter sondern fallen eher, wenn das Ende das Wachstums erwartet wird – und das kann mitten in einer Wachstumsphase sein.

US-Branchen fundamental:

Die Fundamentalzahlen in der Tabelle (Kapitalrenditen und Gewinnwachstum) beziehen sich jeweils auf die letzten 12 berichteten Monate.

Vom Gewinnwachstum und vom erwarteten Wachstum her ist die Energie-Branche ganz hinten. Hier mussten in den letzten 12 Monaten herbe Rückschläge hingenommen werden un die Erwartungen für 2016 schauen nicht besser aus.

Auch die Rentabilität dieser Unternehmen ist sehr schlecht. Sowohl Gesamtkapitalrendite als auch Eigenkapitalrendite sind extrem mager. Da verwundert das immer noch verhältnismässig hohe KGV.

Ich würde die Finger von solchen Aktien lassen.

Interessant sind natürlich alle Branchen die sich besser entwickelten als der Gesamtmarkt, also Verbrauchsgüter, Informationstechnologie, Konsumgüter und Gesundheit.

Diese Branchen haben nicht nur die beste Entwicklung beim Aktienkurs sondern auch die beste Rentabilität – hier besteht also ein gewisser Zusammenhang den ich hier bei meinen fundamentalen Tests deshalb immer sehr wichtig nehme.

Die Branchen Europas 2015:
Branche Rentabilität EPS Wachstum Bewertung Performance
  GK-Rendite EK-Rendite 2015 2016E KGV KBV KUV Dividende Kurs YTD
Industrie 11,41% 16,87% 14,33% 2,92% 22,81 3,57 2,58 2,58% 12,83%
Retail 1,78% -0,22% -95,25% 3044,00% 625,61 2,88 0,57 2,57% 9,43%
Gesundheit 17,14% 25,87% 31,68% 11,22% 20,91 4,11 3,58 2,92% 9,12%
Versicherungen n/a 10,83% 14,17% 7,93% 11,82 1,17 0,54 4,80% 5,66%
Gesamtmarkt (Stoxx 600) 3,87% 9,72% 9,12% 33,70% 21,09 1,78 1,13 3,51% 5,39%
Technologie 17,31% 13,40% 17,80% 26,34% 24,56 3,21 2,10 1,86% 5,32%
Telekom 9,46% 12,37% 18,77% -3,99% 18,14 1,72 1,29 4,62% 3,20%
Konsumgüter 8,38% 13,08% -15,26% 59,16% 25,66 2,84 0,95 3,07% 1,98%
Banken 0,89% 5,18% 237,06% 59,93% 18,17 0,86 1,81 4,08% 1,38%
Energie 0,53% 0,69% -91,53% 753,27% 148,35 1,12 0,60 4,80% 1,00%
Versorger 8,08% 6,58% 130,05% 117,71% 31,15 1,40 0,64 4,98% -3,77%
Rohstoffe 0,54% -1,89% -124,12% -535,32% negativ 1,04 0,55 4,55% -18,14%

Auch hier habe ich die einzelnen Branchen wieder nach der bisherigen Performance im heurigen Jahr sortiert. Der Gesamtmarkt liegt mit 5,39% im Plus und konnte sich deshalb bisher besser behaupten als die USA (mit dem S&P 500) – von Währungseffekten (EUR/USD) abgesehen.

Auffällige Entwicklungen in Europa 2015:

Der Gesamtmarkt konnte in Europa  – wie erwähnt – stärker zulegen als in den USA obwohl die wirtschaftliche Entwicklung von Europa der USA hinterherhinkt. Das BIP in Europa stieg 2015 (in den letzten 4 Quartalen) um nur 1,5%

Die Ursachen für die bessere Kursentwicklung der Aktien ist vor allem in der Erwartung eines stärkeren Wachstums Europas zu sehen, welches besonders mit dem schwachen Euro (inklusive Anleihenkaufprogramme der EZB) gesehen begründet kann. Während in den USA bereits über Zinserhöhungen spekuliert wird, läuft in Europa die Gelddruckmaschine (“quantitative easing”) noch auf Hochtouren.

Die Branchen Sieger und Verlierer 2015 in Europa:

Die Verlierer sind ganz ähnlich wie in den USA, besonders im Energie und Rohstoff-Sektor zu finden.

Interessanterweise gehört der Industrie-Sektor zu den Siegern.  Hierzu zählen Firmen wie Siemens, Airbus, Phillips und Rolls-Royce.  Ich habe mir nicht jedes einzelne Unternehmen aus diesem Sektor angesehen, es scheint aber so, dass besonders die Technik-Industrie (Maschinenbau, etc.) vertreten ist. Offensichtlich eine Stärke Europas. Hier spielt sicher auch die bekannte “deutsche Gründlichkeit” eine Rolle.

Europas Branchen Fundamental:

Auf den ersten Blick schnitten Europas Unternehmen beim Gewinnwachstum 2015 wesentlich besser ab als die amerikanischen. Auch die Erwartungen für 2016 sind deutlich besser.

Allerdings ist die  fundamentale Entwicklung in Europa wesentlich schwankungsanfälliger gewesen als in Amerika. Hier sieht man z.B. im Retail-Bereich Gewinnrückgänge von 95% und erwartetes Gewinnwachstum für 2016 von 3000%. Diese Unregelmässigkeit ist fast bei allen Branchen zu sehen. Das macht eine fundamentale Analyse extrem schwierig und ich würde keinesfalls in einen derartigen Sektorindex investieren. Man muss sich wirklich jede Firma einzeln ansehen. Eine Firma mit starken Gewinnschwankungen ist mir persönlich zu riskant zum investieren.

Bei den Versicherungen fehlt die Kennzahl der Gesamtkapitalrendite. Da ich die Zahlen von Bloomberg habe muss man das leider so hinnehmen. Da die Eigenkapitalrendite der Versicherungsbranche positiv war muss wohl auch die GK-Rendite positiv gewesen sein. Sie scheint in der Bloomberg-Datenbank einfach zu fehlen.

Fundamental sind in Europa besonders der Industrie-, der Gesundheits- und der Technologie-Sektor interessant. Sie alle haben zweistellige Gesamtkapitalrenditen.

Europas Branchen Bewertung:

Die KGVs sind bei den meisten Branchen bereits über 20 – was eine starke Erwartung in das Gewinnwachstum bedeutet. 

Wahrscheinlich sind Europas Aktien tatsächlich aufgrund des schwachen Euros verhältnismässig stark gestiegen.

Interessant erscheint für mich hier einerseits  der Versicherungsbereich mit attraktivem KGV und KBV. Man müsste nur die einzelnen Unternehmen genauer unter die Lupe nehmen und deren Geschäftsmodell durchleuchten um eventuelle Risiken zu kennen (z.B. Zinsänderungsrisiko)

Andererseits ist der Gesundheitsbereich sowie der Technologiebereich interessant, die beiden  sowohl 2015 gutes Wachstum verzeichnen konnten  für 2016 gute Erwartungen haben.

Fazit:

Europas Firmen weisen höhere KGVs auf als amerikanische, dafür aber niedrigere KBVs. Die Rentabilität der Firmen ist in den USA insgesamt besser. Auch die Gewinne entwickeln sich dort stabiler. Insgesamt tendiere ich deshalb eher zu den USA: Eine höhere Rentabilität rechtfertigt natürlich auch ein höheres KBV da mit dem vorhandenen (Eigen)kapital mehr erwirtschaftet werden kann. 

Sowohl in den USA als auch in Europa sind sowohl die Technologie-Branche als auch die Gesundheitsbranche aus fundamentalen Überlegungen her interessant.

 

Der Beitrag Das Branchen-Radar 2015 – USA und Europa erschien zuerst auf Financeblog.



(16.10.2015)

Europa, Wahrzeichen, Eifelturm, Big Ben, Turm von Pisa, http://www.shutterstock.com/de/pic-238249900/stock-vector-europe-skyline-detailed-silhouette-vector-illustration.html, (© www.shutterstock.com)


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Michael Gredenberg

Inode-Gründer. Heute u.a. passionierter Radfahrer und Finanzautor via financeblog.at.

>> http://www.financeblog.at


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