Virtuelle a.o. Zumtobel-HV 18.5.2020. Die Übertragungsqualität war in Ordnung, aber wirklich bewerten kann ich diese HV nicht. Es erschließt sich mir nicht, warum man eine teure a.o. HV nur für das Auswechseln von zwei Personen im Aufsichtsrat einberuft. Wobei das offenbar gar nicht dringend war, denn es wurde sowohl über die beiden scheidenden AR-Mitglieder als auch über die beiden neuen AR-Mitglieder nur Gutes gesprochen. Physisch hätte ich mich sicher nicht nach Vorarlberg begeben, und es war gut, dass die HV nur virtuell stattfand, der An- und Rückfahrtsweg wäre wohl für kaum einen Aktionär in einem akzeptablen Verhältnis zur Dauer der HV selbst gestanden, genauso wie der Informationswert und auch die Gaudi auf dieser HV offenbar zu kurz kamen. Fazit: Es hätte sich wirklich nicht ausgezahlt, zur HV zu fahren, daher Bestnote für die virtuelle Übertragung.
Jürg Zumtobel erklärte die Formalien zur virtuellen HV: "Die Präsenz wird durch die Ein- und Ausgangskontrolle ständig festgestellt." Na ja, ohne freilaufende Kleinaktionäre muss man die Präsenz nicht gar so akribisch im Auge behalten, die vier besonderen Stimmrechtsvertreter wird man sicher nicht kontrollieren müssen, die sind vom Fach und versuchen bestimmt nicht, ohne Abgabe der Stimmkarten zu verschwinden. Beachtliche (insbesondere den Umstand betrachtend, dass es sich nur um eine a.o. HV handelte) 269 Aktionäre mit 23,722.347 Aktien waren durch die vier besonderen Stimmrechtsvertreter vertreten, das seien 54,53% des Grundkapitals. Der Notar wies darauf hin, dass bei Zweifeln an der Identität eines Aktionärs die Identität festgestellt werden müsse. Das schüchterte eventuell ein. Ich denke, sehr viele Leute wissen gar nicht, wie man sich virtuell legitimiert. Ohne gröbere Probleme noch dazu. Ich glaube, da wollte man sicherheitshalber gar nicht erst auffallen. Weil die Satzung sechs AR-Mitglieder vorsehe und zwei AR-Mitglieder mit Wirkung von Ende der a.o. HV ihren Rücktritt erklärt hatten, stellten sich die beiden AR-Kandidaten Georg Pachta-Reyhofen und Thorsten Staake vor. Jürg Zumtobel erzählte vorher noch vom Wirken der beiden scheidenden AR-Mitglieder und von der Geschichte des Unternehmens samt aller Übernahmen im Laufe der Zeit. Pachta-Reyhofen erzählte vom Maschinenbaustudium an der TU Wien und von seiner Karriere beim Spezialfahrzeughersteller ÖAF Gräf & Stift und bei MAN. Staake sprach über Internet of Things, hat in dieser Fachrichtung offenbar einen Lehrstuhl. Ja, gegen Techniker im Aufsichtsrat kann man nichts sagen, die beiden werden bestimmt passen.
Bei den Abstimmungen über jeden der beiden einzeln gab es jeweils 20,410.144 JA-Stimmen und 3,312.203 NEIN-Stimmen, also 86,04% vs. 13,96%. Wenn man weiß, dass AR-Wahlen meist nur Formsache sind, kommt das schon einem relativ starken Gegenwind gleich. Die beiden Neuen brauchen das aber nicht persönlich zu nehmen, denn wenn es persönlich gewesen wäre, wäre das Ergebnis nicht unbedingt bei beiden ident ausgefallen. Jemand ist wahrscheinlich mit anderen Dingen im Unternehmen nicht einverstanden, und er möchte einmal gehört werden. Ohne Fragen, ohne Vorwürfe, ohne Aktionismus, ganz ruhig hat jemand einfach dagegen gestimmt. Ein bisserl traurig war der AR-Präsident wohl schon, dass es an so einem denkwürdigen Tag des Abschieds gar keine Wortmeldungen gab. Ehrlich gesagt, so etwas kenne ich von anderen HVs gar nicht. So viele Anmeldungen und nicht eine einzige Wortmeldung! Die HV wurde mehrmals unterbrochen, um den Aktionären weitere Fragen oder Anträge zu ermöglichen, extra gab es sogar noch fünf Minuten zum Einbringen von Widersprüchen zu Protokoll, nur: es ließ sich kein Aktionär erweichen. Die einzige aktionärsseitige Regung zeigte jemand durch seine Gegenstimmen, sonst blieb alles ruhig. Also, liebe Aktionisten unter den Aktionären, die Ihr als "Selbstdarsteller" herabgewürdigt werdet, kauft Euch Zumtobel-Aktien, hier wartet man dankbar auf Eure Wortmeldung! Der scheidende AR-Vorsitzende wollte mit vielen Worten noch zum Ausdruck bringen, wie sehr er es bedaure, falls jemand im Unternehmen mit seinen Entscheidungen nicht einverstanden gewesen sei. Er meinte, ein Manager müsse Entscheidungen treffen, den Satz gab er uns noch mit: "Jede nichtgetroffene Entscheidung ist falsch." Ich glaube, er wollte noch einiges sagen, die HV war ihm viel zu kurz. Aber sichtlich war es auch schwer bis unmöglich für ihn, auszudrücken, was von den 59 Jahren im Unternehmen für ihn die prägendsten Momente waren. Welcher Außenstehende würde es denn verstehen? Um 11:10 h war die HV zu Ende.
Zumtobel ( Akt. Indikation: 5,67 /5,76, 0,79%)
(Der Input von Günter Luntsch für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 19.05.)
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