Das grüne Gas der OMV bzw. Bezüge zu Cleen Energy und EVN (Günter Luntsch)

OMV - grünes Gas? Ich habe nun schon unzählige Veranstaltungen zum Thema Energiewende besucht, und ich denke, jedes Mal sind es 95% der Informationen, die man schon anderswo gehört oder gelesen hat. Aber der Wettlauf um die Energieform(en) der Zukunft ist eröffnet, und ein paar Informationen sind dann halt doch wichtig, um die Trends der nächsten Jahre abschätzen zu können. So war es auch am 21.1.20 im Wiener Rathaus auf der siebenstündigen Veranstaltung "Zero Emission City 2020 - Der Weg in eine CO2-freie Stadt", die ich auf wenige wichtige Sätze zusammenstreichen will. Vorab möchte ich sagen, dass neben der Euphorie auch die Abneigung gegen Änderungen steigt, besonders bei den Menschen, die glauben, dass sie die Kosten der Energiewende zahlen werden müssen. Ich erwähne hier beispielsweise die Gebäudesanierung, die auch auf der Veranstaltung erwähnt wurde: ALLE Gebäude müssten saniert werden, und man müsse auch auf die Sanierungsqualität schauen. Was implizierte, dass man sanierte Gebäude vielleicht noch einmal sanieren wird müssen, wenn sie trotz Sanierung immer noch zuviel CO2 abgeben. Was einen Veranstaltungsteilnehmer im kleinen Rahmen zur Aussage "Ich hasse diese Greta." veranlasst hat.

Das Publikum wurde gefragt, ob es umweltschonend mit öffentlichen Verkehrsmitteln gekommen ist. Danach "Gegenprobe: Wer ist mit dem Auto gekommen?" Gerade in Wien hätte man damit rechnen müssen, dass ein guter Teil des Publikums mit dem Fahrrad oder gar zu Fuß gekommen ist. Einige derjenigen sind mir bekannt. Ich glaube, ich bin nicht zu optimistisch, wenn ich den Anteil derjenigen, die weder Öffi noch Auto benutzt haben, auf knapp 10% schätze. Das ist nicht nichts. Vielen Verkehrsteilnehmern sind die langen Fahrradschlangen schon zu lang. Aber für fast jeden Radfahrer fällt ein Auto im Wiener Verkehr weg. Wenn man gewisse Bezirke mit komplizierten Einbahnregeln sieht, möchte man meinen, der Radfahrer schafft es, diesen Bezirk schneller zu durchqueren als das Auto. Auch wenn man in Wien also nicht unbedingt ein Auto braucht: Auf den Führerschein sollte niemand verzichten, auch wenn es gerade modern ist, denn man wird ihn vor allem im Beruf brauchen, ohne Führerschein sind die Jobchancen spürbar geringer.

Wir hörten "Laden Sie sich das im Internet herunter, das ist sehr viel umweltfreundlicher!" Auch nicht mehr, wir hören ja bereits, wieviel Energie der zunehmende Internetverkehr benötigt. "Nur 17% der Energie (Anm: in Österreich) ist Strom, der Rest Wärme, Transport usw.", "Es gibt in 115 Ländern noch Subventionen für fossile Energieträger.", "Einige (Bundes-)Länder haben Ölheizungen gefördert bis zum Ende, jetzt müssen wir fördern, damit sie vorzeitig aussteigen." Die OMV hat bis Ende 2019 auch in die Initiative "Heizen mit Öl" einbezahlt, die solche Förderungen vergeben hat, also bis Ölheizungen in Neugebäuden verboten worden sind. "Straßenbeleuchtung kann in Städten 40% der Energiekosten ausmachen." Das Umstellen auf LED zahlt sich also wirklich aus, vielleicht ist für Cleen Energy was drin. "China ist sehr aktiv, in absoluten Zahlen ist China Vorreiter bei Elektrobussen."

Michael Harasek von der TU Wien ließ uns wissen: "Das Bauen neuer Stromnetzinfrastruktur ist nicht so einfach, das sieht man an den Diskussionen in Salzburg." Das betrifft den Verbund, dort ist das regelmäßig Thema auf den HVs. Er sprach von der "Power-to-gas-Elektrolyse" (Windkraft soll Wasserstoff erzeugen) und davon, "Energie als Wasserstoff in Lagerstätten zu speichern, das macht die RAG" (EVN-Tochter). "Mikroorganismen machen in den (ehemaligen) Erdgaslagerstätten ohne unser Zutun aus Wasserstoff Methan, in wenigen Jahren". Umweltfreundliche Methanisierung also, Methan ist offenbar brauchbarer als Wasserstoff, da Methan in der chemischen Zusammensetzung im großen und ganzen dem Ergas entspricht, den Umgang mit diesem sind wir schon gewohnt, und vor allem: "Wir können die Bestandsinfrastruktur nutzen, die müssen wir ja nicht vernichten, sie ist vorhanden und in gutem Zustand". "Wärme ist so relevant, weil sie 50% der Endenergie ausmacht. Doppelte Infrastruktur Gas und Wärme soll vermieden werden, die Stadt Wien arbeitet an der Vermeidung von Doppelinfrastruktur." Das heißt, in einem Stadtteil gibts Gas, in einem anderen Fernwärme, die Kunden werden keine Wahlmöglichkeit mehr haben.

Alexander Peschl von Siemens sprach von der Direktnutzung von Wasserstoff "in der Industrie, aber auch für Heizungszwecke". "Greening the gas heißt, man kann Wasserstoff methanisieren, man kann höherwertigere Energie erzeugen". "Es wird nicht Entweder Oder geben, sondern eine Mischung aus allem. Was ist im Einzelfall das effizienteste? Wo liegt das Kundenbedürfnis?". "Leider ist in der Wasserstoffstrategie durch den Regierungswechsel eine Verzögerung entstanden". "Green the gas: Gasnetze wollen wir ja nicht aufgeben, man kann sie von heute auf morgen mit Grünem Gas befüllen". Ziel sei, "Biogasanlagen ans Netz zu bringen, den Anteil von Biogas schrittweise zu erhöhen." Offenbar ist hier das Biogas aus biogenen Abfällen gemeint. Das wird die Ökostrom AG freuen, ihre schrittweise Erhöhung des Biogasanteils wird jetzt trotz aller Widrigkeiten gesellschaftsfähig.

Laut Michael Woltran von der OMV ist Gas "part of the solution": "Wir werden es uns nicht erlauben können, eine der technischen Möglichkeiten liegen zu lassen, die es gibt". Das heutige Energiesystem bestehe zu 2/3 aus fossiler Energie. "Jetzt geht es um das Wirtschaftswachstum bei sinkendem Energieverbrauch. 60% Wirtschaftswachstum bei 50% des Energieverbrauchs". "Verhaltensänderung ist Grundvoraussetzung". "Wir sprechen nicht nur von Erdgas und synthetischem Gas, auch von Biomethan und Wasserstoff". "Durch Erdgas können wir heute sofort einen Beitrag zum CO2-Rückgang leisten". Ich habe ihn danach explizit gefragt, wie das gemeint ist: Durch eine 20%ige Biomethan-Beimischung. Er sprach von einem Brennstoffzellengerät für Erdgas, das es nur in Deutschland gebe, bei uns noch nicht. Biomethan könne das Erdgas zu 20% ersetzen. Weiters erfuhren wir, dass die OMV Erdgasautos unterstütze, jeder Käufer eines Volkswagens bekomme für 1 Jahr den Treibstoff kostenlos zur Verfügung gestellt. Ich habe recherchiert: Das betrifft den gesamten VW-Konzern, also auch Seat, Audi und Skoda. LNG (Flüssiggas) und CNG (Erdgas) sind verschiedene Produkte, LNG könne man bei 2 Tankstellen in Österreich tanken, CNG bei 156, Wasserstoff bei 5. CO2 in Bohrlöcher zu pressen, um es loszuwerden, sei noch nicht erlaubt, Wasserstoff schon, das mache die RAG.

Einerseits ist es nett, wenn die OMV bei der Energiewende helfen will, andererseits wird die nahe Zukunft jetzt noch komplizierter, wenn viele Konsumenten und die Infrastruktur sich jetzt schon auf die E-Mobilität eingestellt haben und dann eventuell doch noch mehrere Alternativen durchkalkulieren müssen. Die Brennstoffzelle ist im Moment noch sehr teuer, möglicherweise kommt diese Technologie zu spät, wenn viele schon auf E-Mobilität umrüsten. Tesla hat es vorgemacht, dass man mit dem Auto gleichzeitig auch die Infrastruktur mitbringen muss, sonst wird es kein Erfolg. Ein Veranstaltungsteilnehmer sagte im kleinen Kreis: "Wenn die OMV jetzt eh auf grünes Gas umsteigen will, warum investieren sie noch soviel in Pipelines von Russland?" Bei Northstream sind sie immerhin mit 25% beteiligt. Ich frage mich: Was wird sein, wenn die meisten Autos auf Elektro umgestellt haben? Wird es noch Platz für einen Gasversorger geben? Wird die OMV gar ein großer Player bleiben, dann halt mit Grüngas? Diese Frage stellt sich für die Zukunft, aber da die Börse die Zukunft vorwegzunehmen versucht, kann jede Weichenstellung zu starker Kursbewegung führen.
OMV ( Akt. Indikation:  47,17 /47,21, -0,72%)
EVN ( Akt. Indikation:  17,42 /17,46, -0,23%)

(Der Input von Günter Luntsch für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 23.01.)



(23.01.2020)

Vienna Zero Emission 2020 (stimmt nicht für die Börse hoffentlich)


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Günter Luntsch

#gabb Autor, siehe http://boerse-social.com/...

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