Do&Co: Edelcaterers Probleme am anderen Ende der Welt. Eigentlich wollte ich heute etwas anderes schreiben, aber die Ereignisse überschlagen sich stündlich. Möge diese Freitagsgeschichte nur von wenigen konsumiert werden, aber von Menschen, die etwas bewegen können, die dieses Problem vielleicht umgehend lösen können, damit sie auf der Hauptversammlung nächste Woche Positives berichten können, denn es wird Fragen zu diesem Problem geben.
Die Vorgeschichte: Unsere 50%-Tochter in Korea wurde mit umgerechnet 5 Millionen Euro Kapital ausgestattet. 50% davon kommen von uns, 50% vom lokalen Partner. Auf unserer Homepage stehen viele klingende Namen von Fluglinien als Kunden, unter anderem die beiden großen koreanischen Airlines Korean Air und Asiana. Unsere koreanische Cateringtochter war lokalen Stimmen zufolge eine vergleichsweise kleine Küche, die "deutsche Fluglinien" belieferte, die Seoul anfliegen, als Spezialist auch für Halal-Food. Laut der Homepage der Tochter produzierte sie 15.000 Mahlzeiten pro Tag, laut koreanischen Zeitungen hätte diese Tochter eine Kapazität von 3.000 Mahlzeiten pro Tag. Wenn wirklich 15.000 Mahlzeiten pro Tag ausgeliefert werden, so kann angenommen werden, dass ein Großteil von Subunternehmen kommt.
Unsere koreanische Tochter hätte beschaulich so weiter arbeiten können, das große Cateringgeschäft haben die Großen unter sich ausgemacht: Asiana hat per Jahresmitte der Lufthansa-Cateringtochter LSG Sky Chefs den Vertrag gekündigt. Der chinesische HNA-Konzern (bekannt auch von Investments in Deutsche Bank und C-Quadrat) hat mit viel Geld gewachelt, ihr Joint-Venture GGK (Gate Gourmet Korea) hat den Vertrag über 25.000 Mahlzeiten pro Tag bekommen. Uns hätte das überhaupt nicht tangiert. Wenn nicht im März das GGK-Werk abgebrannt wäre, Totalschaden. 3 Monate wären zu überbrücken, bis GGK liefern könne. So ist man an unsere kleine koreanische Tochter mit einem so großen Auftrag herangetreten, dass unsere Tochter nicht Nein sagen konnte. Ein Vertrag, um eine Spitze von 3 Monaten für Asiana abzudecken, das könnte theoretisch ein Fuß in der Tür sein. Viel Hoffnung sollte man sich nicht machen, denn GGK hat ja den teuer erkauften Vertrag in der Tasche, GGK wird diesen Langzeitvertrag nicht mehr hergeben.
Unsere Tochter sagte also "Wir schaffen das!" Sollte auch kein Problem sein, denn die Subfirmen, die bisher an LSG geliefert hatten, brauchten das Geschäft, um zu überleben. Also sollten diese Subfirmen für den Interimscaterer arbeiten. Sie hatten ja auch schon Verträge mit dem Nachfolger von LSG, GGK. Egal jetzt, ob sie für LSG, GGK oder uns arbeiten, an den Umsätzen, an der Logistik, an der Zahl der Mitarbeiter ändert sich nichts. Dachte man bei den Subunternehmern und bei Asiana. Aber: Unsere Tochter war der Logistik, für die sie nun verantwortlich war, offenbar nicht gewachsen.
Kunden sind gnadenlos, sie beschweren sich oft rüde, wenn sie kein Essen bekommen. Die Fluglinie ist gnadenlos, sie delegiert die Verantwortung an den Caterer, hohe Pönalzahlungen stehen im Raum, das war ein Vertrag, den man als Lieferant nur unterschreibt, wenn man das schwächere Glied ist. Der Caterer ist genauso gnadenlos, er delegiert die Verantwortung an die Sublieferanten, existenzgefährdende Pönalzahlungen drohen auch ihnen. Gastgewerbe grundsätzlich ist schon kein Honiglecken, aber Airline-Catering mit enormem Zeit-, Mengen- und Qualitätsdruck ist die echte Hölle.
Als Asiana-Flugzeuge am 1.7.2018 ohne Essen abheben mussten, war das für die Fluglinie eine Riesenschande, sofort war der Interimscaterer als Schuldiger am Pranger, und mit ihm die Zulieferer. Der Chef eines Zulieferers, der mit 250 Mitarbeitern bisher 45.000 Mahlzeiten pro Tag (unter anderem für LSG und somit für Asiana) produziert hatte, nahm sich laut seinen Freunden wegen der Schande und der drohenden Pönalzahlungen das Leben, nach den Worten "Sie fordern mehr, als wir schaffen können, und sie laden die ganze Schuld auf uns ab".
Der noch größere Skandal war dann die Pressekonferenz des Chefs des Kumho-Konzerns, zu dem Asiana gehört, in der er sich dafür entschuldigte, dass aufgrund der Probleme des Caterers und seiner Zulieferer kein Essen verfügbar gewesen sei, die Probleme würden bald beseitigt, und diesen Caterer werde man nach den drei Monaten Vertragslaufzeit auswechseln. Kein Wort zum Tod von Herrn Yun. http://www.koreaherald.com/view.php?ud=20180703000253
Ein gefundenes Fressen für die Presse, die sogleich fragte, warum das geschehen hat müssen. "Zu Tode gearbeitet" titelt dongA. Auch ein anschauliches Bild, wie unser Caterer mit den Sublieferanten zusammengearbeitet hat, findet sich auf deren Seite: http://bizn.donga.com/3/all/20180705/90907931/2
YTN-TV bemängelt das Essen: https://www.youtube.com/watch?v=7O_55G4V94o JTBC-News ermittelte gar undercover und zeigt die Zustände bei unserer Tochter auf: https://www.youtube.com/watch?v=tU2NAxCxpQ0 Das Grundproblem dürfte der mangelnde Platz sein, das Unternehmen hat einfach nicht die Kapazität für einen so großen Auftrag. Man sieht im Video, wie beengt die Mitarbeiter stehen müssen, dass schmutziges Geschirr nicht untergebracht werden kann, dass Essen ungekühlt draußen steht.
Wir sind in Korea in diesen Tagen in aller Munde, unser Name geht durch alle Medien, jeder kennt uns. Wir sind die, die Asiana-Kunden hungern lassen, und wir sind die, die soviel Druck auf die Zulieferer ausüben, so stehen wir jedenfalls da. Dabei sind wir nur ein kleines Rädchen, das unverschuldet zu diesem großen Glück eines großen Auftrags gekommen ist, den wir nicht erwartet hatten. Wahrscheinlich werden auf der HV nächste Woche unsere besten Manager fehlen, die sitzen wohl in Seoul und löschen das Feuer. Im letzten Geschäftsbericht steht: "Wird ein potentielles Reputationsrisiko erkannt, so wird ein zentral gesteuerter Risikomanagementprozess in Gang gesetzt, welcher alle erforderlichen Aktivitäten beinhaltet, um jeglichen Imageschaden und damit verbundene Schäden abzuwenden." Ein Thema auf der HV wird es jedenfalls sein, wie gesagt. Man wird fragen, wie es so weit kommen konnte, warum der Auftrag angenommen wurde, ohne die Kapazität zu haben, wie das mit dem Druck und den Arbeitsbedingungen dort wirklich ist, und wie man unsere Marke in Korea rettet. Als Aktionär, ja, da täte ich auf 1 Cent Dividende verzichten, wenn dieser 1 Cent mehr Gewinn pro Aktie mit dem Leben von Zulieferern bezahlt wird. Ich hoffe, Positives zu hören, also dass die Arbeitsbedingungen verbessert werden, und dass man selbst in diesem harten Geschäft mit den Airlines fair zu Mitarbeitern und Zulieferern sein kann. Wenngleich man Fairness kaum mehr irgendwo in der Wirtschaft findet. Aber es ist ein Qualitätsmerkmal. So etwas darf nicht mehr geschehen, es zerstört eine Marke, die man teuer aufgebaut hat. Korea ist ein wichtiger Markt.
Als Aktionär erwarte ich, dass man sich um dieses Problem schnellstmöglich kümmert. Da andere österreichische Medien dieses Problem nicht erwähnen, obwohl es am anderen Ende der Welt durch alle Zeitungen geht, erwähne ich es, die Aktionäre haben ein Recht, davon zu erfahren, es ist kein kleines Problem. Ich vertraue darauf, dass unsere Manager dieses Problem in den Griff bekommen, und dass wir uns aus Seoul nicht zurückziehen müssen. Und ich bleibe Aktionär.
DO&CO (52,43/52,58 , 0,97% )
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