Geschäftsführerwechsel bei Kanzlerzeitung. Das Bundeskanzleramt schreibt die Geschäftsführerposition der Wiener Zeitung GmbH neu aus. Schnell, schnell, der Job beginnt am 1.7.2018, siehe HIER. Wegen anstehender "Restrukturierungen". Der Leser weiss, was das üblicherweise zu bedeuten hat. Wo gehobelt wird, da fallen Späne, und kein Stein wird auf dem anderen bleiben, da fährt jetzt ein neuer Besen rein und verwirklicht "das Regierungsprogramm". Es ist nicht so, dass ich die Ablöse des derzeitigen Geschäftsführers als besonders unfair empfinde. Als er seinen Job angetreten hat, waren ihm die Spielregeln bewusst. Herausgeber und einziger Gesellschafter ist die Republik Österreich, Blattlinie ist beispielsweise, laut Impressum: Die Wiener Zeitung "rückt dabei stets die Interessen der Republik Österreich in den Vordergrund." D.h. alle paar Jahre wird umgefärbt. Natürlich sagt man das nicht so direkt, aber ich kenne keinen Österreicher, der daran zweifeln würde, dass man als Geschäftsführer dieser Zeitung dem jeweiligen Kanzler zu Gesicht stehen muss. Ganz fähige Leute hat man schon ausgewechselt, wie langjährige Leser wissen.
Und das ist das Traurige: Obwohl Österreich so viele erfolgreiche und gern gelesene Parteizeitungen hat(te), in denen sich die Parteien nach Herzenslust selbstverwirklichen können, halten sich die Bundeskanzler zusätzlich noch eine Qualitätszeitung, die im täglichen Wettbewerb mit anderen Großformaten steht und daher unabhängig sein muss, denn Parteizeitungen bieten dem Leser verständlicherweise gefilterte Information, und viele Leser wollen sich halt nicht bevormunden lassen, was sie erfahren dürfen, und was nicht. Allen Widrigkeiten zum Trotz hat es die Wiener Zeitung bisher geschafft, in der Liga der Qualitätszeitungen zu bleiben, nicht auf das Niveau einer Parteizeitung abzurutschen, aber es ist schade, dass man als Leser fürchten muss, dass das nicht so bleibt. Ein berechenbares Damoklesschwert über dem jeweiligen Geschäftsführer, wenn wieder einmal gewählt wird. Unberechenbar für den Rest der Belegschaft. Traurig, wenn fähige Leute gehen müssen, nur weil um der Restrukturierung willen der Besen reinfährt.
Dass die Unternehmer die Zeitung nicht mehr über Pflichteinschaltungen subventionieren sollen, findet natürlich meine Zustimmung, aber da soll die Regierung gleich Nägel mit Köpfen machen und auch die Eingabegebühren des Firmenbuchgerichts für die Bilanzeinreichung (und die Zwangsstrafen für kleine Verspätungen sowieso) nach unten schrauben, wenn es ihr mit der Entlastung der Unternehmer ernst ist, denn diese Gebühren sind für KMU noch höher als die Beträge, die man dafür an die Wiener Zeitung entrichten muss, und die dafür erkaufte Leistung des Firmenbuchgerichts ist minimal. Ja, und dann wird die Wiener Zeitung im harten Wettbewerb stehen, sie wird den Einzelverkaufs- und Abopreis erhöhen und/oder Werbekunden ansprechen müssen. Dafür wünsche ich ihr viel Glück, und dafür wird sie auch einen fähigen Geschäftsführer brauchen, wer immer das sein mag, hoffentlich nicht einer, der nur die Strukturen zerschlägt und nichts aufbaut. Dazu wird es aber immerwährende Unabhängigkeit brauchen, die Zeitung darf ab dem Moment, wo sie unsubventioniert am Markt bestehen muss, nicht mehr am Gängelband der jeweiligen Regierung hängen.
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