Aus dem Börsenbrief im Sinne des Börse Social Network Club. http://www.boerse-social.com/gabb
Wieder Logistikprobleme auf der Post-HV. Eine der wichtigsten Herausforderungen bei der Organisation einer Hauptversammlung ist es, den Aktionären eine leichte Anreise zu ermöglichen und sie mit einem kleinen Frühstück in gute Stimmung zu versetzen, auf dass es eine friedvolle Veranstaltung werde. Gepflanzt oder beleidigt zu werden, das mögen Aktionäre genauso wie normale Gäste nicht. Die vorjährige Post-HV in der Stadthalle ist uns ja vor allem aus zwei Gründen in Erinnerung geblieben: Erstens das dumme Absperrseil, das sie gezogen haben, um eine lange Schlange ums Eck zu bilden, anstatt dass man die Wartenden auf mehrere Schlangen aufgeteilt hätte, jeder musste sich in dieser langen Schlange anstellen, auch wenn er einen Bon für ein Stück Kuchen einlösen wollte, er musste in der gleichen Schlange stehen wie diejenigen, die den Salat wollten. So ist nichts weitergegangen, viele haben ihre Bons nicht einlösen können, und plötzlich hiess es, die Veranstaltung sei geschlossen, der Raum sei sofort zu räumen, die Sicherheitsleute haben sich bedrohlich aufgebaut, das war äußerst unangenehm für die Anwesenden. Die Post-Aktie ist halt irgendwie eine Volks-Aktie, sehr viele Menschen sind seit Ausgabe dabei, auch vielen Mitarbeitern ist die Aktie schmackhaft gemacht worden.
Da die Organisatoren der Post-HV mit diesem großen Besucherstrom nicht umgehen können, haben wir das Angebot bekommen, gegen einen Wertbon über 10 Euro auf den persönlichen Besuch auf der HV zu verzichten, statt dessen den von der Gesellschaft bereitgestellten Stimmrechtsvertreter mit der Vertretung zu betrauen. Interessanterweise habe ich danach einen Brief bekommen, dass das Angebot gegenstandslos ist. Aber ich hatte sowieso vor, die HV persönlich zu besuchen. Wer einen schwachen Blutdruck hat und ihn ohne Kaffee ordentlich in die Höhe schnellen lassen will, für den war die diesjährige Post-HV am Donnerstag, 19.4.2018 perfekt. Viele Aktionäre, die die Messe Wien schon z.B. wegen der Gewinn-Messe kennen, gingen von der U2-Station Messe ins Messegebäude, wie sie es gewohnt waren. Drinnen wurden sie abgefangen und wieder hinausgeschickt, weil der Gang für eine "Privatveranstaltung" reserviert war, die Post-Aktionäre bräuchten ja nur "raus, nach rechts und dann einfach geradeaus" gehen. Rund ums Messegebäude herum, und vom Eingang Krieau dann zurückhatschen zur Halle C. Kein Problem, wir Aktionäre joggen ja gern.
Als Frühstück gab es "Ein Stück pro Person", wir konnten uns aussuchen, ob wir ein Brötchen oder eine Süßspeise wollten. Gut, wir sind eh auf Diät. Als die 1-Stück-Aktionäre sahen, dass es auch 2-Stück-Aktionäre gab, also Aktionäre mit 1 Stück Brötchen und 1 Stück Süßspeise, gab es einige freundliche Nachfragen, die beleidigend beantwortet wurden: jeder habe 2 Stück bekommen, und jeder, der behaupte, nur 1 Stück bekommen zu haben, würde lügen. Diese entbehrliche Reaktion auf freundliche Nachfrage reizte auch die friedlichsten Aktionäre, und die Stimmung war schon vor Beginn der Hauptversammlung unnötig angespannt. Noch mehr, sobald man bemerkte, dass gewisse Quasi-VIPs sich ohne Bon bedienen durften, ohne dass das beanstandet wurde. Natürlich geht die Welt nicht unter, wenn man mit 1 Brötchen abgespeist wird, aber es kommt halt schon sehr knausrig rüber. Wenn 2 Stück als Frühstück vorgesehen sind, dann sollte man diese 2 Stück allen Aktionären gleich zukommen lassen. Traurig, wenn man das nicht schafft. Dafür gab es auch die Nachfrage nach den Kosten fürs Catering. Das gleiche Catering wie in der Stadthalle, "Gourmet", es kostete heuer 32.000 Euro. Darin inkludiert neben Frühstück das Personal, das Mittagessen und Getränke. Über die Qualität des Mittagessens kann man nichts Schlechtes sagen, es hat gemundet. Umso ärgerlicher ist es, dass die Stimmung schon beim Frühstück zerstört wurde, nur wegen eines Stückes Süßspeise. Wegen eines einzigen extrem unfreundlichen Mitarbeiters.
Ca. 5 Stunden dauerte die HV, davon knapp 2 Stunden die Präsentation. Die Fragen betrafen vor allem die Trennung von der Bawag (man suche einen neuen Bankpartner, 3 seien auf der Shortlist), die Rückkehr der (besser bezahlten) Bawag-Mitarbeiter zur Post (330 würden zurückkommen, die man mit offenen Armen empfangen und in einem 2 1/2 Tage dauernden Onboarding-Prozess nach ihren Erwartungen fragen würde, die meisten würden wohl für die Post arbeiten wollen), das Job-Center (das Bild stimme nicht mehr, man habe für die früher dort abgestellten Beamten Tätigkeiten gefunden, wo sie zwar nicht kostendeckend arbeiten, aber immerhin arbeiten könnten), die Postbeamten (Durchschnittsalter nun 53,3 Jahre, sie könnten leider nicht im Zustellbereich eingesetzt werden, da diese Tätigkeit ihnen aufgrund ihrer Qualifikation nicht zugemutet werden könne), die Bezahlung der neuen Mitarbeiter (endlich "marktgerecht", die Konkurrenten UPS usw. zahlen auch nicht besser, die 30-50% über dem Markt bezahlten alten Mitarbeiter seien nur geblieben, weil sie sich einen Wechsel schlicht nicht leisten hätten können), die Fluktuation (voriges Jahr im Zustellbereich Brief mit unter 30% "nicht so schlecht"), den Prozess gegen die ARAS-Eigentümer (3,6 Mio. Euro Verfahrenskosten bisher), den e-Fuhrpark (Ersparnis bei Wartungskosten ca. 20%, würde sich ohne Förderung nicht rechnen, verschiedene Typen und Anbieter, Suche nach robusten belastbaren e-Mopeds), die Stranded Costs für den aus der Planung genommenen Standort Langenzersdorf (sechsstelliger Eurobetrag an verlorenen Planungskosten), die CO2-Zertifikate (nicht verpflichtend, aber man wolle gerne für geprüfte Klimaprojekte im In- und Ausland spenden), die IT-Kosten und IT-Sicherheit (man sei von größeren Schadensfällen verschont geblieben, weil man soviel in IT-Sicherheit investiere), Postüberfälle (zahlt sich wirklich nicht aus, bei gesamt 3 Überfällen im Vorjahr habe die Gesamtbeute 25.500 Euro betragen, alle Täter seien ausgeforscht worden, ein Großteil der Beute sei sichergestellt worden), Probleme mit den fast bargeldlosen Poststellen (aus Sicherheitsgründen), Shoepping.at (300 Händler seien angeschlossen, 800 weitere würden noch angeschlossen, es sei etwas kompliziert, weil man alles Mögliche bis hin zu den Geldwäschebestimmungen einhalten müsse), die neue Postzentrale am Rochusmarkt (man habe schöne Stille Reserven dort aufgebaut; man habe einige Ankermieter, die Miete sei marktüblich, das Shopping Center sei gut besucht, der Anlauf brauche halt Zeit, das sei bei The Mall in Wien-Mitte auch nicht anders gewesen).
Ein Aktionär sah im Wechsel von 3 Aufsichtsratsmitgliedern eine "politische Umfärbung". Bei den Vorstellungen der neuen Aufsichtsratsmitglieder erfuhr man von Karrieren bei Staat und staatsnahen Unternehmen, aber als Privataktionär kann man dagegen nichts machen, die Machtverhältnisse sind eindeutig: Bei "anwesenden" 887 Aktionären und Aktionärsvertretern (es wurden offenbar die Stimmkarten gezählt, physisch anwesend war meines Erachtens maximal die Hälfte, in dieser Zahl enthalten auch Dutzende Schüler als Gäste) mit 47,908.282 Aktien war die Österreichische Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH mit 35,700.000 Aktien der alleinbestimmende Aktionär. Der zweitgrößte Aktionär war die Norges Bank aus Oslo mit 1,460.480 angemeldeten Aktien. Befremdlich die Großzügigkeit der Post AG bei der Entlohnung der AR-Mitglieder: sogar für die Teilnahme an einer Telefonkonferenz gibt es 600 Euro Sitzungsgeld pro Teilnehmer. Bei physischer Anwesenheit 1.600 Euro für die "internationalen Experten" im Aufsichtsrat, 600 Euro für die inländischen. Das neben der Grundvergütung von 20.000 für normale AR-Mitglieder und 10.000 extra für normale Ausschussmitglieder. Die Location Messe Wien wurde von den Besuchern für tauglich befunden, zumindest nicht so beengt wie in der Stadthalle. Es gab pro HV-Besucher 4 Briefmarken als Aktionärsgeschenk. Voriges Jahr waren es 20 Briefmarken, aber das sei zu "großzügig" gewesen. Egal, ich verschicke eh nichts mit der Post.
Österreichische Post (41,56/41,70 , -0,22% )
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