2017 ist geschlagen und es war ein tolles Jahr. Nicht nur Aktienmärkte, sogar die Bondmärkte konnten sich nicht beschweren. Der Globus in ungeteilter Performancefreude. So etwas ist selten. Und es war so gar nicht erwartet worden. Überhaupt nicht. Sämtliche Vorzeichen wurden als potentiell unsicher und überwiegend trügerisch betrachtet. Die Lernkurve lag eindeutig im Erkennen der Moll-Töne. Dur kam erst zur Jahresmitte in die Lernkurve. Jetzt sind wir in 2018 und haben das Problem vielleicht zu blauäugig zu sein, oder bereits den bereits vorhandenen Stolperfallen entgegen zu laufen, oder sind wir noch immer zu kritisch? Wo könnten in 2018 die Ereignisse lauern, die Konjunkturentwicklung, Inflationsentwicklung, Notenbankeinflüsse oder Erkennen politischer Einflusslosigkeit aushebeln? Welche Tretmine hat es in sich, unsere Kapitalmarktwelt ins Negative zu kippen?
Eigentlich schaffen das so ziemlich alle Ereignisse. Es muss nur die Mehrheit der BörsianerInnen daran glauben. Logisch. Aber zumeist setzen sich solche langfristige und kräftige Bewegungen nur aus der Ableitung fundamentaler Veränderungen zusammen, die man zu Beginn nur schwer im Verlaufe aber immer besser erkennen konnte. Das wird die aktuell vor uns stehenden Ereignisse kaum betreffen, denn die Wahlen in Italien, Deutschlands Koalitionsverhandlungen, der schwache US-Dollar, Bitcoin, eine steigende Inflation oder auch langsam unter Kontrolle der EZB steigende Renditen wurden in ihren Szenarien bereits bis zum Exzess durchgekaut. Überraschungsmoment gegen Null.
Was kann es daher sein das ein neues Risiko entstehen lässt? Wo verbirgt sich eine fundamental negative Kettenreaktion?
Können es die viel gefürchteten Autokredite in USA sein deren Schuldnerqualität sich langsam verschlechtert? Kaum, denn es werden auch die Kreditnehmer weniger und die, die übrig bleiben, waren schon immer schlecht. Oder eine plötzlich stark steigende Inflation? Eine die durch Lohnpreisansteige und Energiekosten angeheizt wurde und die Notenbankargumente konterkariert und somit die Rentenmärkte hilflos dem Schicksal der Realrenditen überlässt? Auch nicht wirklich, denn die Notenbanken haben inzwischen bereits so viel an Bonds gekauft, dass der Markt selbst die Kurse allein aufgrund seiner natürlichen Nachfrage treibt. Real bleiben wir daher negativ. Oder gar Bitcoin? Entsteht hier eine Ersatzwährung, die im Verein mit seinen Cybercurrency-Kollegen, die Geldmarktpolitik am Globus ins Hinterzimmer von Computernerds exportiert? Ebenso Fehlanzeige, denn hier besteht noch immer das Nadelöhr der globalen „Gleichzeitigkeit“ weil sämtliche Buchungen, der zugrundeliegenden Blockchain-Regel entsprechend, für alle gleichzeitig sichtbar und erkennbar sein müssen. Selbst der Gedanke an supereffiziente Netze verkümmert vor dem Blick auf den täglichen Gebrauch des Geldes samt der Vorstellung wie ein Pensionist seine Zeitung mit Bitcoins bezahlen würde. Also auch nichts wirklich Bedrohliches. Aus Marktsicht das für mich noch am stärksten wirkende Negativ-Momentum ist, neben den üblichen exogenen Schocks (und da denke ich zumeist an kleine dicke Männer (?) in Asien und große dicke Männer in USA), unser Finanzmarkt selbst.
Unsere Finanzwelt hat sich seit Jahren ein Kind an der Brust genährt, das es mittlerweile in sich hat, seine Mutter zumindest in einen längeren Krankenstand zu kollabieren. Die ETFs. Aber hallo, kann man sagen, was ist an Exchange Traded Funds so schlecht? Eifersucht eines Fondsmanagers, oder was? Natürlich Eifersucht. Wer will denn nicht diese Abermilliarden in den eigenen Fonds verwalten (An manchen Börsen liegen bereits rund 25% der Aktien in „Händen“ von ETFs. Auch die „Tech-Stocks“ in USA an der Nasdaq sprechen die Sprache „ETF“ beispielsweise bereits perfekt)?
Aber es gibt da einen Kern im Pudel. Und der liegt in der derzeitigen Investitionsarchitektur von ETFs. Kauft man einen ETF, dann wird das Geld in den unterliegenden Index gleichgewichtet investiert. Also alle Teilnehmer des Index ihrer Gewichtung entsprechend gekauft. Das tut man mittlerweile aufgrund der vielen ETF-Zuflüsse nicht mehr direkt, sondern behilft sich durch SWAPS oder verbundener Derivate. Es wäre zu kostspielig und auch zu langsam immer die Kassa zu bemühen, an der Börse direkt zu ordern. Ok. Akzeptiert. Und was passiert, wenn man wieder verkaufen möchte? Nun, dann geht das Ding eben die andere Richtung und man verkauft entsprechend den Indexgewichten. Oder eben SWAPS, Derivate, etc … Die Krux liegt aber darin, was passiert, wenn man viel verkaufen möchte. Beispielsweise wenn so ein paar US Pensionsfonds gleichzeitig Europa verkaufen wollen? Oder die Tech-Stocks an der Nasdaq? Dann werden diese ausgetretenen Handelslinien so richtig strapaziert. Und das Übel entsteht wenn irgendwo in der Kette der SWAP oder Derivate-Partner ein Glied bricht. Ein Gegenpart fällt aus, weil er beispielsweise selbst Rückflüsse hat. Nun, dann geht der Verkauf eben direkt in die Kasse und trifft auf den Markt. Bingo. Dann werden eben alle Indexgewichte direkt verkauft und zwar an all Jene, die gerade kaufen wollen. Und jetzt, erraten, was wenn grad keiner kaufen will. Crash. Und das nur, weil man in der angeblich liquidesten Assetklasse im Aktienhimmel ein wenig herumgewichten wollte. Die Überschätzung der Marktliquidität angesichts systematischer Liquiditätsannahmen.
Ich mache mir keine Sorgen darum, dass es dann Niemanden geben wird, der die Blue-Chips dieser Welt kaufen wird. Nein, es werden jene Aktien sein, die seitens der ETFs zuvor in den Bewertungshimmel gehoben wurden und sich zu stark von ihrer Bewertungsrelation entfernt haben, die dann nach Unten sausen. Die korrigieren in einem solchen Umfeld am stärksten, denn es werden dann die fundamental orientierten Käufer am Markt sein, die die Preise bestimmen.
Aus Sicht eines aktiven und fundamental gemangten Fonds keine schlechte Perspektive. Und doch fürchte ich sie.
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Über 30 Jahre einschlägige Erfahrung im Bankwesen, davon über 15 Jahre in Führungspositionen
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