„Der Staat Österreich begibt eine Anleihe mit 100 Jahren Laufzeit.“ Dies war eine der Schlagzeilen im September. Die angebotene Rendite von etwa 2 % traf auf große Nachfrage in Milliardenhöhe, vor allem bei professionellen institutionellen Anlegern. Was sind die Schlüsse daraus? Erstens spricht es für die Bonität des Landes, wenn Anleger bereit sind, dem Staat einen Kredit mit einer Laufzeit von 100 Jahren zu gewähren. Zweitens zeigt es, dass viele Anleger den aktuellen Zustand als neue Normalität akzeptieren und langfristig von keinen wesentlich höheren Wachstumsraten der Wirtschaft ausgehen. Beides ist schlüssig. Im Rückblick werden wir erkennen, dass das wirtschaftliche Umfeld im Jahr 2017 global und speziell auch in Österreich definitiv als gut zu bezeichnen ist. Es mag wohl auch ein wenig an bevorstehenden Wahlen liegen, dass wir medial täglich aufgelistet bekommen, was alles nicht funktioniert – und kaum darüber berichtet wird, was gut läuft. Viele kommunizierte Wahrnehmungen sind statistisch nicht belegbar. Die Lage ist besser als die Stimmung.
Der Blick weit in die Zukunft
Die intensive Diskussion der Tagesaktualitäten verstellt den Blick auf das große langfristige Bild. Wem die gefühlt zwanzigste TV-Wahlkonfrontation keinen intellektuellen Mehrwert mehr bringt, dem sei ein radikaler Wechsel der Informationslektüre empfohlen. Ein Beispiel: Die UNO hat im Sommer 2017 ihre Weltbevölkerungsprognosen bis in das Jahr 2050 aktualisiert – mit einigen klaren Merkmalen.
-) Zwischen 2015 und 2050 wird die Zahl der über 65-Jährigen um fast eine Milliarde Menschen steigen.
-) Damit wird sich der Bevölkerungsanteil dieser Altersgruppe gemessen an der Erwerbsbevölkerung auf etwa 32 % verdoppeln.
-)In den Industrienationen ist diese Entwicklung noch deutlicher. Hier wird der Anteil der über 65-Jährigen in Relation zur Erwerbsbevölkerung auf 50 % steigen. Oder anders ausgedrückt: Je einem Ruheständler stehen je zwei Beschäftigte gegenüber.
-) In Japan werden 2050 laut UN-Prognose neun Ruheständler auf zehn Beschäftigte kommen.
-)Gänzlich anders ist die Lage in den Emerging-Markets – wenn auch sehr unterschiedlich und inhomogen. Das anhaltende Wachstum der Erwerbsbevölkerung unterstützt die Nachfrage und erhöht das Wachstum. In der Volkswirtschaft wird dies oft als „demografische Dividende“ bezeichnet.
-) Eine klare Ausnahme bildet lediglich China. Was die Demografie betrifft weist das Land alle klassischen Merkmale einer Industrienation auf. Laut UNO-Schätzung wird die Zahl der Erwerbstätigen zwischen 2020 und 2050 um rund 160 Millionen Menschen sinken.
-) In nur sieben Jahren wird Indien die Bevölkerungszahl von China übertreffen.
Die Konsequenzen
Auch wenn man mit klaren Festlegungen angesichts dieser langen Zeiträume vorsichtig sein sollte, so ergeben sich doch einige Leitplanken.
-) In den Industrienationen wird der Druck auf die Staatsfinanzen und auf die Sozialsysteme zunehmen. Strukturell höhere Zinsen sind daher ungewünscht, nicht leistbar – und werden daher auch nicht eintreten.
-) Ökonomen führen oft an, dass aufgrund der beschriebenen demografischen Entwicklungen in den Industrienationen ein erheblicher Arbeitskräftemangel zu höheren Löhnen, zu höherer Inflation und damit auch zu höheren Zinsen führen wird. Das mag in der Theorie korrekt sein, eine Portion Skepsis sei aber erlaubt. Zu unklar sind die Auswirkungen der Digitalisierung und der bekanntlich tagesaktuell diskutierten Wanderungsbewegungen der Weltbevölkerung.
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