Geehrte Leser, wir leben in stürmischen Zeiten. Die sogenannte „German Angst“ ist gerade nach der Finanzkrise zu einem Dauerthema geworden. Der typische Deutsche fürchtet sich vor so gut wie allem. Ob nun der kommende Börsencrash, eine starke Rezession, Deflation oder aber die Inflation. Genug Gründe um uns zu fürchten, finden wir immer. Beim Thema Inflation ist Angst aber unangebracht, denn die Lösung ist die Immobilie als Inflationsschutz. Oder etwa nicht?
Doch schauen wir uns das Thema Inflation genauer an. Der Begriff selbst bezeichnet in der Volkswirtschaftslehre eine anhaltende Erhöhung des Preisniveaus. Dieser Umstand ist den meisten Menschen bekannt und stellt tatsächlich Allgemeinwissen dar. Außerdem ist den meisten Menschen klar, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Preisniveau und dem Zinssatz gibt: Sinken die Zinsen, so steigt die Nachfrage und damit die Kaufpreise. Die für mich wichtigsten Hauptbestandteile des Zinssatzes sind auf der einen Seite die Risikoprämie und auf der anderen Seite die Inflationserwartung. Ein Blick auf die Renditen eines Unternehmens, welches mit AAA geratet ist, zeigt im Normalfall deutlich geringere Renditen als ein mit BBB deutlich schlechter eingeschätztes Unternehmen.
Außerdem sind gerade in Ländern mit hohen Inflationsraten die Zinsen eher hoch, und in Ländern mit niedrigen Inflationsraten vice versa. Insbesondere Teilnehmern des Kapitalmarktes wird dieser Umstand spätestens zu den Zinsterminen der Europäischen Zentralbank immer wieder vor Augen geführt. Üblicherweise erwarten die Marktteilnehmer bei einer deutlichen Erhöhung des Preisniveaus Zinsanhebungen. Diese sollen die Geschäftsaktivitäten bremsen, um die Inflation unter Kontrolle zu halten. Bereits an dieser Stelle zeigt sich also der Zusammenhang zwischen dem Zins und dem Preisniveau, beziehungsweise der Inflation. Doch was hat all das nun mit der Immobilie zu tun?
Die Immobilie wird von den Deutschen als die Lösung des aktuellen Umfelds gesehen. Natürlich gibt es auch noch die Leute, die aus der Geschichte lernen konnten und immer wieder die breite Vermögensstreuung anmahnen. Allerdings kommen diese Mahner nur zu selten wirklich zu Wort. Ich möchte heute nicht diesen Mahner spielen. Die vielen historischen Beispiele, als die Immobilie trotz Inflation keinen Schutz bieten konnte, lasse ich heute aus. Sollten Sie in dieses Thema ein wenig tiefer einsteigen wollen, können Sie gerne in anderen Beiträgen stöbern. Auch der alte Beitrag zum „Betongold“ hier auf Trading-Treff führt zwei historische Beispiele auf. Für die meisten aktuellen „Angstkäufer“ sind diese Umstände sicherlich neu und der Glaube an die Immobilie als Inflationsschutz hält an.
Heute stelle ich Ihnen nur die immer wieder auftauchende Motivation vor, eine Immobilie zu kaufen. Eventuell kennen sie diese „Rechenbeispiele“ auch aus Ihrem Bekanntenkreis. Die Immobilie als Inflationsschutz zu erwerben stellt dabei oftmals den übergeordneten Grund dar. Die Entscheidung über den Erwerb und den möglichen Kaufpreis hängt allerdings an anderen Faktoren.
Oftmals wird familienintern der Kauf einer Immobilie unter dem Gesichtspunkt der dann notwendigen Belastung diskutiert. Immerhin haben wohl nur sehr wenige Familien den Kaufpreis für ein Eigenheim zu 100 Prozent auf ihrem Girokonto liegen. Mit dem spitzen Bleistift wird dann üblicherweise die aktuelle Miete mit der zukünftigen Belastung verglichen. Dieser Schritt ist auch durchaus sinnvoll, denn die Leistungsfähigkeit der Mietzahlung haben die Familien oftmals schon langfristig nachgewiesen.
Die Rechnung selbst, sofern man die Nebenkosten ausklammert, ist sehr einfach. Unter den Umständen, dass wir einen Zinssatz kennen und eine angemessene Tilgung unterstellen, können wir sehr einfach eine maximale Darlehenshöhe ermitteln.
So kann eine Familie die aktuell 1.000 Euro Monatskaltmiete zahlt über einen einfachen Weg die Höhe der Verschuldung ermitteln, die diesem Wert entspricht. Für mein Beispiel unterstelle ich einen Finanzierungszins von 1,5 % per annum und 2 % anfängliche Tilgung. (Der Marktzins selbst beträgt allerdings 0 Prozent. Die 1,5 % sind die Marge der Bank.) Daraus ergibt sich eine Gesamtbelastung von 3,5%.
1.000 Euro Mietbelastung im Monat ergeben 12.000 Euro Mietbelastung für die Familie im Jahr.
12.000 Euro Belastung geteilt durch 3,5% ergibt damit eine mögliche Darlehenssumme in Höhe von gerundet 340.000 Euro. Die Familie kann also, sofern die Bank die Bedingungen zur Ausreichung eines Darlehens als erfüllt ansieht, ohne Probleme 340.000 Euro leihen. Für diese Beispielfamilie liegt der Immobilienpreis aus dem Miet-Äquivalent also um 340.000 Euro.
Da unsere Beispielfamilie ihr Einkommen nicht nach Belieben erhöhen kann, stellen sie nun einen Teil der Kaufnachfrage des Marktes bis in den Bereich um 340.000 Euro dar. Sollte ein Verkäufer in der Stadt der Beispielfamilie ein Objekt verkaufen wollen, welches mit dem bisherigen Mietobjekt der Familie vergleichbar ist, kennen wir nun den ungefähren Preis des Objekts.
Doch worauf will ich nun hinaus? Im aktuellen Marktumfeld befinden wir uns seit einigen Jahren in einer Sondersituation. Die Europäische Zentralbank hält den langfristigen Zins durch Ankäufe von Staatsanleihen am Markt auf künstlich tiefem Niveau. Dieser Umstand sorgte zuletzt für steigende Preise am Immobilienmarkt, denn die Verschuldungskapazität der einzelnen Marktteilnehmer stieg durch die tiefen Zinsen an. In einer Zeit mit ebenfalls historisch tiefen Inflationsraten, war diese Entwicklung für Immobilienmärkte nicht mit Sorge zu sehen. Die Frage ob die Immobilie als Inflationsschutz taugt, kann also erst in einer Veränderung der Situation beantwortet werden.
Allerdings ist die Inflationsrate zuletzt auf ein Niveau von ca. 2 Prozent und damit in den Zielbereich der Notenbank angestiegen. Die Zinssätze haben sich durch die Käufe der EZB aber nur wenig bewegt. Um an dieser Stelle den Kreis zu schließen, erinnern wir uns an die beiden Einflussgrößen auf den Marktzins. Die Risikoprämien sind in Deutschland nicht gestiegen und werden es sehr wahrscheinlich auf absehbare Zeit auch nicht tun.
Da nun die Inflationsraten zuletzt deutlich geklettert und auch die Inflationserwartungen ein wichtiger Bestandteil sind, sollten die Marktzinsen eigentlich ebenfalls ansteigen. Aktuell verhindert die EZB aber durch ihre Geldpolitik diesen Mechanismus indem sie mit kräftiger Hand die Anleihen am Markt aufkauft. So hält sie den Zins auf einem Level, welches eventuell nicht mehr dem „fairen Niveau“ der anderen Marktteilnehmer entspricht.
Kommen wir zurück zu unserer Beispielfamilie. Unsere Familie wurde fündig und kaufte sich eine schöne Immobilie für 340.000 Euro. Allerdings erhielt der Familienernährer einen Brief seines Arbeitgebers. Die Firma verlegt Ihren Sitz in eine andere Region. Da der Job weiterhin Spaß macht und das Gehalt weiterhin auf dem attraktiven Niveau bleibt, entschließt sich die Familie umzuziehen und ihr Haus nach nur einem Jahr wieder zu verkaufen. In der Zwischenzeit hat sich kaum etwas geändert, lediglich die Notenbank der Eurozone hat das Anleihekaufprogramm beendet und die Inflationserwartung trieb den Marktzins auf 2 %.
Die Nachbarn der Familie hatten zufällig schon immer ein Auge auf die Immobilie der Beispielfamilie und wollen diese kaufen. Sie ahnen es, die Nachbarsfamilie sitzt nun am Abend beisammen und rechnet ihre mögliche Verschuldungsgrenze aus.
Der Marktzins selbst beträgt 2 Prozent. Die 1,5 % Marge der Bank kommen hinzu und die gewünschte Tilgung liegt bei 2 Prozent. Daraus ergibt sich eine Gesamtbelastung von 5,5%.
1.000 Euro Mietbelastung im Monat ergeben 12.000 Euro Mietbelastung für die Familie im Jahr.
12.000 Euro Belastung geteilt durch 5,5% ergibt damit eine mögliche Darlehenssumme aus der Miet-Äquivalenz Rechnung von gerundet 220.000 Euro.
An dieser Stelle möchte ich Sie mit Ihren Gedanken alleine lassen. Die Frage ob die aufkeimende Inflation von circa 2 % aktuell tatsächlich gut für die Immobilienmärkte ist und die Immobilie als Inflationsschutz dient, müssen Sie sich selbst beantworten. Ich für meinen Teil sehe dem Ende der aktuellen EZB-Maßnahmen zur Inflationserzeugung mit Sorge für diese Anlageklasse entgegen. Aber noch kaufen die nationalen Notenbanken kräftig, also wollen wir nicht in der „German Angst“ versinken…
Ich wünsche Ihnen immer ein gutes Händchen bei Ihren Entscheidungen, denn niemals war es so wichtig wie in diesen Monaten.
Dieser Beitrag von deepinsidehps wurde von trading-treff.de zur Verfügung gestellt. Dort gibt es Analysen, Wissen und Emotionen zum Trading.
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