Übernahmen in Österreich: Mehr Verlierer als Gewinner (Wilhelm Rasinger)

Vor kurzem behandelte das angesehene „Handelsblatt“ im Rahmen eines Themenschwerpunkts große Übernahmen der letzten Jahre in Deutschland. Das Ergebnis ist ernüchternd. Öfters verschlechterte sich die Rendite und die Zahl der Mitarbeiter sank dramatisch. Deutsche Bank/Bankers Trust, Daimler/Chrysler, Allianz/Dresdner Bank, Telekom/Voicestream sind international bekannte Fälle, wo sich die Erwartungen bei Weitem nicht erfüllt haben. Verdient haben indes immer diverse Berater und Investmentbanker; die Aktionäre und Mitarbeiter waren zumeist auf der Verliererseite. 

Auch einige spektakuläre Übernahmen in Österreich verliefen nicht so, wie es die Befürworter erwartet hatten. Schmerzhaft in Erinnerung ist die Übernahme der VATech durch Siemens: es wurden qualifizierte Arbeitsplätze en masse vernichtet bzw. ins Ausland verlagert, darüber hinaus ging wertvolles technisches Know How verloren. Zugeben: VATech war ein Problemfall, aber aus heutiger Sicht ist es mehr als zweifelhaft, ob eine gute Lösung gefunden wurde. Bei der Übernahme der Bank Austria durch die HVB und später durch die UniCredit war es so, dass die Selbstüberschätzung und Eitelkeit der Manager, die Nicht-Beachtung unterschiedlicher Unternehmenskulturen sowie der überzogenen Rechte und Begünstigungen der Alt-Belegschaft schlagend wurden. Nach Jahren teilweise unnötiger Auseinandersetzungen ist die Übernahme der Austrian Airlines durch die Lufthansa heute positiv zu bewerten. Die Alternative wäre ein wirtschaftliches Fiasko gewesen. Die Übernahme der durch Partikularinteressen geschwächten Telekom durch American Movil kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden.

Es muss klar sein, dass Übernahmen in den meisten Fällen zur Reduktion des Wettbewerbs und zu Personalabbau vor allem im mittleren Management führen. Profiteure sind immer die Berater und involvierten Investmentbanker, die in der Regel fette Honorare kassieren, aber für das langfristige Gelingen keine Verantwortung übernehmen.  



(03.10.2016)

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Wilhelm Rasinger

ist Präsident des IVA, Honorarprofessor für Betriebswirtschaft und Aufsichtsrat bei Wienerberger, Erste Group Bank AG und S IMMO AG.

>> http://www.iva.or.at


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