EU-Gipfel als Marathonlauf (Willibald Katzenschlager, LLB Österreich)

Ein Marathonlauf endet bekanntlich erst nach etwas mehr als 42 km und wird nicht mit der Durchgangszeit von - sagen wir - 25 km hochgerechnet. Ähnlich verhält es sich mit dem EU-Gipfel, der seit Freitag die Nachrichtensendungen zumindest in Europa dominiert. Heute früh wurde- nachdem offenbar eine Annäherung in einem (wichtigen) Teilbereich erzielt worden war - auf heute 16.00 Uhr MESZ verschoben. Von einer "Einigung" zu sprechen, wäre total verfrüht, da wichtige Bereiche, wie die Kontrolle der Verwendung der zugesagten Gelder und vor allem die Prämisse der vorhandenen Rechtsstaatlichkeit in den Empfängerländern noch nicht geklärt zu sein scheinen. Dennoch scheint eine Einigung auf Budgetrahmen und Wiederaufbaufonds nun deutlich näher gerückt zu sein, die "frugalen Vier" (mit Finnland zuletzt eigentlich fünf) können zu Hause immerhin schon Teilerfolge vorweisen. EUR/USD quittiert die Entwicklungen vorerst mit einem sachten Anstieg in die 1,1460-Region - more to come in case? Am Rande sei vermerkt, dass auch in den USA über die Erweiterung bzw. Verlängerung von coronabedingten Hilfsmaßnahmen verhandelt wird, um eine "fiskalische Klippe" bei Auslaufen eines Großteils der Fördermaßnahmen zu vermeiden. Was sich sonst noch so tut, meldet wieder "Radio Liechtenstein":

Die asiatischen Aktienmärkte folgen am Montag den uneinheitlichen Vorgaben der Wall Street. Eine Ausnahme bildet die Börse in Schanghai, wo es heute früh deutlich nach oben geht. Händler sprechen von einem Nachholbedarf, nachdem die sich verschärfenden Spannungen zwischen den USA und China den Index zuletzt belastet hätten. Die Corona-Pandemie bleibt aber das beherrschende Thema und der große Unsicherheitsfaktor. Die chinatreue Regierungschefin von Hongkong, Carrie Lam, sprach von einer "wirklich kritischen" Corona-Lage in der Sonderverwaltungszone: "Es gibt keine Anzeichen, dass die Lage unter Kontrolle gebracht wird". Wegen der zweiten Infektionswelle hat Hongkong wieder strenge Auflagen eingeführt. Aber auch in anderen Regionen der Welt ist das Virus weiter auf dem Vormarsch. Dass sich die Staats- und Regierungschefs auf dem EU-Gipfel bei den Verhandlungen über den Corona-Hilfsfonds noch immer nicht einigen konnten, ist in Asien eher am Rande ein Thema. Zu Aktienkäufen animiere es aber nicht, so ein Händler. Dennoch rechne die Mehrheit der Anleger noch immer mit einer Verständigung auf den Wiederaufbaufonds.

Der Dow Jones Industrial hatte am Freitag zum Ende einer soliden Börsenwoche leicht nachgegeben. Die anderen wichtigen Börsenindizes hingegen schlossen moderat im Plus. Im Fokus standen US-Konjunkturdaten, so hat sich die Stimmung der Verbraucher angesichts der angespannten Corona-Lage eingetrübt. Das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima fiel im Juli von 78,1 Punkten im Vormonat auf 73,2 Zähler. Analysten hatten dagegen einen leichten Anstieg auf im Schnitt 79,0 Punkte erwartet. Auf Titelebene besonders auffällig war Netflix. Die Papiere des Streamingdienstes brachen nach Geschäftszahlen als Schlusslicht im Nasdaq 100 um 6,5 % auf rund USD 493 ein, nachdem sie zum Wochenstart noch auf ein Rekordhoch von gut USD 575 nach oben gejagt waren. Netflix zollt nun der Rallye Tribut und wird Opfer der immensen Erwartungen der Anleger.

Die europäischen Aktienfutures zeigen sich aktuell wenig verändert und deuten auf einen ruhigen Start in die neue Börsenwoche hin. Von Seiten der Konjunkturindikatoren ist der Datenkalender heute schwach bestückt. Impulse könnten lediglich von den bereits angesprochenen Verhandlungen am EU-Gipfel gekommen, welche heute Nachmittag fortgesetzt werden sollen



(20.07.2020)

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Eliud Kipchoge, Ineos 1:59, Wien, 12.10.2019, (© Josef Chladek/photaq.com)


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