WTI: unFASSbar (Willibald Katzenschlager, LLB Österreich)

Allgemein: Nix is mit "O'zapft is"! Nun hat die Corona-Krise auch Bayern mit voller Wucht getroffen. Dass nun auch im Freistaat Maskenpflicht Einzug hält, mag noch hinzunehmen sein, aber dass der weltweit größte Dirndl- und Lederhosenrummel abgesagt wird (laut "Bild" - und was die schreibt, stimmt bekanntlich immer...), das schlägt dem Fass die Maß ins Gesicht! Das war's dann aber auch schon mit den fixen Neuigkeiten, der Rest der Nachrichtenlage besteht aus vagen Vermutungen und diversen Verschwörungstheorien. Die expliziten Covid19-News lassen den Schluss zu, dass Europa den Peak hinter sich hat, Japan und die USA sich nahe dem Gipfelkreuz aufhalten und der afrikanische Kontinent gerade einmal mit dem Aufstieg begonnen hat. Was die Wirtschaft angeht, spitzt sich derzeit alles auf die EU-Konferenz am Donnerstag zu.

FX/Zinsen: Die sich erneut eintrübende Konjunkturlaune macht auch vor den Devisenmärkten nicht halt, sie tritt allerdings nicht derart subkutan ("unter die Haut gehend") zu Tage, wie an den Aktien-Börsen. Bei EUR/USD ist sogar "tote Hose" angesagt, der Leitwolf der Devisenherde mag sich nicht so recht entscheiden, wo die Reise hingehen soll, und so bleibt das Revier mit 1,0800 und 1,0900 relativ knapp begrenzt. Manche meinen, das könnte sich heute Vormittag mit der Veröffentlichung des ZEW-Index ändern, der mit etwas Optimismus nahe an die Null heranreichen könnte. Auf sechsmonatige Sicht könnte und dürfte man durchaus eine deutliche, wirtschaftliche Erholung unterstellen, wäre da nicht die Angst vor einer "Zweiten Welle", die quasi als Nachhut der geschwächten europäischen Wirtschaft enormen Schaden zufügen könnte. Dann wäre es mit der Erholung in "U-Form" wohl vorbei, man müsste sich wohl an ein "L" gewöhnen, "L" wie in "laaaaaaaaaaangsam". Vom "V", also einer Art "Jump-Start-Recovery" träumen ohnedies nur mehr vereinzelte Idealisten. Und so tritt der EU-Gipfel am Donnerstag in den Vordergrund, bei dem erneut und wohl nicht zum letzten Mal über sogenannte "Corona-Bonds" diskutiert werden muss. Die Meinungen gehen auseinander, welche Lösung für den Euro wohl am wenigsten negativ wäre. Ein Scheitern auf breiter Basis ließe wohl nicht nur die Gräben, die quer durch Europa verlaufen, noch deutlicher zu Tage treten, sondern ließe wohl auch die Parität bei EUR/USD (so, jetzt hab' ich es endlich ausgesprochen) wieder am Horizont erscheinen. An weiteren Trends lässt sich ein verstärktes Interesse der SNB erahnen, den Franken nicht noch weiter aufwerten zu lassen, bei 1,0500 scheinen die Nerven der Eidgenossen schon recht strapaziert zu sein. Kein Vergleich allerdings zum Nervenkostüm der rohölabhängigen Währungshüter, die haben derzeit einiges auszuhalten.

Aktien/Commodities: Die schlechte Stimmung ließ die Wall Street gestern nicht unbeeindruckt, im Schnitt 2 % lagen die Schlusskurse tiefer als noch letzte Woche. Und auch in Asien setzt sich der Missmut heute fort, was für Europa nichts Gutes erahnen lässt. Nachdem heute schon von Bierfässern die Rede war, lassen Sie uns doch ein wenig bei diesen Gebinden verweilen, nur die Füllung wäre eine andere. Wie schlecht die konjunkturellen Aussichten derzeit eingeschätzt werden, trat beim gestrigen Kontraktwechsel der Sorte WTI zu Tage. Die beim heute auslaufenden Mai-Kontrakt notwendigen Lieferungen, die jedoch mangels Lagerkapazitäten nicht genügend Abnehmer fanden, führten zu - Achtung! - kurzfristig negativen Ölpreisen. Einfach unFASSbar im wahrsten Sinn des Wortes...

 



(21.04.2020)

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