ATX-Trends: ams, Andritz, Lenzing, Post, OMV ...

Auch eine Leitzinssenkung der britischen Notenbank als Antwort auf das Coronavirus konnte die Stimmung an Europas Aktienmärkten am Mittwoch letztlich nicht heben. Zwar stieg der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone im frühen Handel zunächst um gut drei Prozent, anschließend büßte der Index die Gewinne jedoch komplett wieder ein und schloss 0,1% tiefer. Nach einer außerordentlichen Sitzung hatte die Bank of England den Leitzins um 50 Basispunkte auf 0,25% gesenkt, die Investoren liessen sich dadurch nur bedingt aus der Reserve locken, in London ging es sogar mit einem Minus von 1,4% wesentlich stärker nach unten, der Pariser CAC 40 schloss 0,6% schwächer, der deutsche Dax verlor 0,4%.

Größter Gewinner unter den Sektoren waren die europäischen Banken mit einem Plus von gut 1,0%, allerdings war der Sektor in den vergangenen drei Wochen besonders stark eingebrochen. Am größten war am Mittwoch der Verlust des Reise- und Freizeitsektors, der um fast 4,0% auf den niedrigsten Stand seit Oktober 2014 absackte. Der Lebensversicherer Prudential will nach der Abspaltung seines Heimatgeschäfts auch einen Teil der US-Tochter Jackson separat an die Börse bringen, der Titel büßte gestern dennoch 3,2% ein. Easyjet, das sich in den letzten beiden Tagen dank der niedrigen Treibstoffpreise erstaunlich gut gehalten hatte, büßte trotz einer Kaufempfehlung durch UBS 7,6% ein. Die Aktien von ams brachen in Zürich um 10,6% ein, der Sensoren-Hersteller hatte den Bezugspreis für die angekündigte Kapitalerhöhung bekannt gegeben, welcher am Markt als zu niedrig eingeschätzt wurde. Die Kapitalaufstockung dient der Finanzierung der Übernahme des Münchener Lichtkonzerns OSRAM. Telecom Italia erfreut die Anleger mit der ersten Dividende seit 2013, das brachte die Aktie gestern 4,0% nach oben. Bei den deutschen Nebenwerten schnellte Kali und Salz um 14,1% nach oben, nachdem der Aufsichtsrat den Verkaufsplänen für das amerikanische Salzgeschäft zugestimmt hatte. Knorr Bremse konnte mit der Zahlenpräsentation überzeugen, vor allem der gute Auftragseingang erfreute die Anleger und der Titel ging mit einem Plus von 5,8% aus dem Handel.

Der heimische Markt schloss gestern schwächer als der europäische Durchschnitt, der ATX musste 2,4% abgeben, im Fokus stand nach wie vor die mittlerweile als Pandemie eingestufte Ausbreitung des Coronavirus. Am Nachmittag waren Regierungsmitglieder und Sozialpartner zusammengetroffen, um Schritte gegen die Virus-Epidemie zu besprechen. Unternehmensnachrichten gerieten bei dieser Datenlage etwas in den Hintergrund. Flughafen Wien veröffentlichte am Mittwoch Verkehrsdaten für Februar und erste Tendenzen bei den Passagierzahlen im März, während die Zahl der Passagiere im Februar noch zulegen konnte, verzeichnet der Flughafenbetreiber im März bisher etwa 30 Prozent weniger Abfertigungen, die Aktie schloss mit einem vergleichsweise moderaten Minus von 0,9%. Gekauft wurde gestern in Wien Porr , der Baukonzern war mit einem Plus von 1,8% an der Spitze der Kurstafel. Auch Mayr-Melnhof konnte zulegen, für den Kartonhersteller ging es 0,7% nach oben. Ebenfalls zulegen konnte Andritz , der steirische Anlagenbauer verzeichnete gleichfalls ein Plus von 0,7%. Vor der heutigen Zahlenpräsentation war auch die Österreichische Post in dem schwachen Umfeld durchaus gesucht und schloss mit einem Aufschlag von 0,5%. Die Liste der Verlierer wurde von Do & Co angeführt, für das Cateringunternehmen ging es 7,9% nach unten.

Nach einem Tag der Erholung ging es für die Börsen in den USA wieder nach unten, der Dow Jones weitete im Tagesverlauf die Verluste immer mehr aus und endete mit einer 5,9% tieferen Notierung. Der marktbreite S&P 500 musste 4,9% abgeben, der technologielastige Nasdaq 100 schloss 4,4% schwächer. Boeing setzte als größter Verlierer im Dow Jones Index den freien Fall der vergangenen Wochen fort, mit einem Verlust 18,2% fielen sie erstmals seit Juli 2017 unter die 200-Dollar-Marke. Das Unternehmen ruft eine knapp 14 Milliarden US-Dollar schwere Kreditlinie bei Banken vollständig ab, um sich gegen die Belastungen durch das Coronavirus zu stemmen, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf informierte Personen berichtete, zudem stornieren immer mehr Airlines angesichts der Virusepidemie ihre Bestellungen bei Boeing. Auch der Energiesektor war angesichts sinkender Rohölpreise erneut schwach, die meisten Titel mussten die Zugewinne des Vortages postwendend wieder abgeben. Gegen den allgemeinen Ausverkauf stiegen Aktien von T-Mobile US um 1,7% und die des Fusionspartners Sprint um 3,1%, da der US-Bundesstaat Kalifornien nun doch nicht gegen die Fusion der beiden Mobilfunkanbieter gerichtlich vorgehen will.

Die Ölpreise konnten die Zuwächse des Vortages nicht verteidigen und mussten wieder abgeben, Brent schloss 3,8% tiefer, für WTI ging es 4,0% nach unten. Gold konnte die zwischenzeitlichen Gewinne während der ersten Tageshälfte nicht halten und schwächte sich in der zweiten Tageshälfte ab, schlussendlich pendelte sich das Edelmetall bei einer Notierung von 1.635 US-Dollar ein. Der Euro zeigte zunächst deutliche Stärke gegen den US-Dollar, musste dann aber wieder abgeben, das Währungspaar erreichte einen Kurs von rund 1,127 gegen Ende des Tages.

Vorbörslich sind die Märkte in Europa heute Donnerstag zur Eröffnung sehr schwach indiziert. Auch die Börsen in Asien präsentierten sich mit Kursverlusten. Unternehmensseitig erwarten wir Geschäftszahlen von Post und Lenzing , auch zu OMV gab es Neuigkeiten (siehe unten). Makroseitig in Europa heute die Industrieproduktion sowie die EZB-Ratsitzung mit Zinsentscheidung, in den USA Verbraucherpreise für Februar 2020 sowie die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe (Woche).

Lenzing
 
Der heimische Faserstoffproduzent Lenzing präsentierte heute seine Ergebnisse zum Geschäftsjahr 2019, die beim operativen Ergebnis und beim Jahresüberschuss weitestgehend den Erwartungen der Analysten entsprachen. Der Umsatz ging im Vergleich zum Vorjahr um 3,3% auf rund €2,1 Mrd. zurück. Die Ursachen dafür lagen primär in den niedrigeren Faserverkaufspreisen und im Rückgang der Absatzmenge für Standardfasern. Durch die weitere Optimierung des Produktmix und höhere Preise für Spezialfasern konnte der Rückgang der Umsatzerlöse weitgehend kompensiert werden. Die Ergebnisentwicklung war weitgehend vom Rückgang der Umsatzerlöse, aber auch von negativen Währungseffekten auf Material- und Personalkosten beeinflusst. Während das EBITDA um 14,4% auf €326,9 Mio. sank, musste das EBIT einen Rückgang um 31,7% auf €162,3 Mio. verbuchen. Somit ging die EBITDA-Marge um 2,1 Prozentpunkte auf 15,5% und die EBIT-Marge um 3,2 Prozentpunkte auf 7,7% zurück. Der Jahresüberschuss ging um 22,4% auf €114,9 Mio. zurück. Die Gesamtdividende für das abgelaufene Geschäftsjahr beträgt €1/Aktie (gegenüber €5/Aktie in 2018). Die Lenzing Gruppe geht derzeit aufgrund des herausfordernden Marktumfeldes und der zunehmenden makroökonomischen Risiken davon aus, dass das Ergebnis für 2020 unter dem Niveau von 2019 liegen wird. Bis 2024 setzt sich Lenzing ambitionierte Ziele: Der Anteil an hochwertigen Spezialfasern  soll auf 75%  des Faserumsatzes steigern. Der Anteil der Eigenversorgung mit Faserzellstoff soll sich auf mehr als 75% erhöhen. Das EBITDA soll bis 2024 auf €800 Mio. gesteigert werden und damit ein strukturell neues Niveau erreichen. Lenzing geht weiterhin auch von einem stark wachsenden Fasergeschäft aus und erwartet, dass die Nachfrage nach holzbasierten Cellulosefasern bis 2024 um 4 bis 6% pro Jahr – und damit doppelt so schnell wie der gesamte weltweite Fasermarkt – wachsen wird.
 
GJ 19: Umsatz:  €2.105,2 Mio. (2.113e); EBITDA: €326,9 Mio. (329,3e); EBIT: €162,3 Mio. (172,5e); Jahresüberschuss: €114,9 Mio. (120,2e)
 
Österreichische Post
 
Die Österreichische Post präsentierte heute ihre Ergebnisse zum Geschäftsjahr 2019, die im Rahmen der Erwartungen lagen. Der Umsatz konnte im Vergleich zum Vorjahr um 3,2% auf €2,02 Mrd. gesteigert werden. Mit einem starken Wachstum in der Division Paket & Logistik von 14,5 % wurde der leichte Rückgang in der Division Brief, Werbepost & Filialen (-0,8 %) mehr als kompensiert. Der Briefbereich ist weiterhin von der anhaltenden Substitution klassischer Briefe durch elektronische Kommunikationsformen geprägt und ebenso wie das adressierte Werbevolumen – auch beeinflusst durch Verunsicherung aufgrund der Datenschutz-Grundverordnung – einem strukturellen Rückgang ausgesetzt. Das EBITDA verbesserte sich aufgrund der erstmaligen Anwendung von IFRS 16 sowie eines rückläufigen Personalaufwands um 4,3 % auf €318,7 Mio., das ausgewiesene EBIT lag mit €200,6 Mio. um 4,9 % unter dem Wert des Vorjahres, da Sondereffekte wie etwa Vorsorgen für Datenschutzverfahren erfasst wurden. Das Periodenergebnis blieb mit €144,5 Mio. in etwa auf Vorjahresniveau (+0,2%). Hierfür war vor allem das Sonstige Finanzergebnis des Konzerns verantwortlich welches sich von €-13,1 Mio. im Vorjahr auf €10,7 Mio. im Geschäftsjahr 2019 erhöhte. Während im Vorjahr im Finanzergebnis ein negativer Effekt durch die Abwertung der Anteile an der flatex AG (vormals FinTech Group AG) in Höhe von €14,4 Mio. enthalten war, gab es im aktuellen Geschäftsjahr einen positiven Effekt durch die Aufwertung dieser Anteile in Höhe von €8,9 Mio. zum Bewertungsstichtag 31. Dezember 2019. Auf Grundlage des guten Ergebnisses, des starken Cashflows und der soliden Bilanz wird der Hauptversammlung am 16. April 2020 daher eine stabile Dividende von €2,08/Aktie vorgeschlagen. Für das Jahr 2020 sind diverse Initiativen geplant, um allen gegenläufigen Trends des Postmarktes zu trotzen und wieder eine stabile bis leicht steigende Umsatzentwicklung zu erwirtschaften. Beim operativen Ergebnis peilt man ebenfalls eine stabile Entwicklung an. Nachdem sich der langjährige Partner für Finanzdienstleistungen Bawag mit Ende 2019 aus der Kooperation mit der Österreichischen Post zurückgezogen hat, erfolgt nun der Eigenaufbau fokussierter Finanzdienstleistungen über die Post Tochtergesellschaft bank99 – eine 80/20 Partnerschaft zwischen der Österreichischen Post und der GRAWE Bankengruppe. Ab dem Q2/ 2020 werden neue Finanzdienstleistungen angeboten. Daher sind in Summe Anlaufkosten in den Jahren 2020 und 2021 von zumindest €40 Mio. zu erwarten.
 
GJ 19: Umsatzerlöse: €2.021,6 Mio. (2.063e); EBITDA: €318,7 Mio. (316,2e) EBIT: €200,6 Mio. (203,8e); Periodenergebnis: €144,5 Mio. (153,5e)
 
OMV

Der Aufsichtsrat der OMV hat den Erwerb eines zusätzlichen 39% Anteils an der Borealis AG (Borealis) von Mubadala für einen Kaufpreis von $4,68 Mrd. genehmigt, wobei der OMV sämtliche nach dem 31. Dezember 2019 ausgeschüttete Dividenden hinsichtlich des genannten zusätzlichen Anteils an der Borealis zustehen. Mit der Vertragsunterzeichnung wird im Laufe des morgigen Tages gerechnet. Die Durchführung der Transaktion hängt, unter anderem, von behördlichen Genehmigungen (wie z.B. Zusammenschlussgenehmigungen) ab. Mit dem Abschluss der Transaktion wird bis Ende 2020 gerechnet

 



(12.03.2020)



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Mario Tunkowitsch

Research Wiener Privatbank

>> https://www.wienerprivatbank.com


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