Der Markt für Online-Vermögensverwaltungen, oder auch Robo-Advisors genannt, legte vor allem in Deutschland in den letzten beiden Jahren stark zu. Das gilt nicht nur für die verwalteten Mittel (Assets under Management) der Anbieter, sondern auch die Zahl der „Robos“ stieg beachtlich. Immer mehr Bankhäuser und Vermögensverwalter entdecken die vermeintlichen Chancen der digitalen Geldanlage. Ist somit „alles Robo, alles gut“?
4 Anbieter dominieren den deutschen Markt
Scalable Capital hatte jüngst verkündet, nun die 1 Mrd. Asset under Management (AUM) Schallmauer durchbrochen und seine klare Marktführerschaft in Deutschland ausgebaut zu haben. Somit liegen fast 50% der verwalteten Assets der „Robos“, die laut Barkow Consulting in Deutschland bei gut 2 Mrd. Euro liegen, bei Scalable. Auf den, zumindest öffentlich einsehbaren, Plätzen zwei bis vier rangieren die Comdirect-Tochter Cominvest (300 Millionen Euro), das Berliner Unternehmen LIQID (200 Millionen Euro) das mit der Vermögensverwaltung HQTrust der Familie Harald Quant sowohl einen potenten Geldgeber, als auch Vermögensverwalter im Hintergrund hat, und Quirion (100 Millionen Euro), ein Ableger der Quirin Bank und des Consors Gründers Karl Matthäus Schmidt. Somit konzentrieren sich fast drei Viertel des Gesamtmarktes in Deutschland auf nur vier Anbieter, wobei insgesamt mehr als 30 Robo-Advisors in Deutschland aktiv sind – und hier sind noch nicht alle „Online-Aktivitäten“ diverser Volksbanken und Sparkassen eingerechnet.
Die Kunden kommen nicht von den Fintechs
Nun mag die (Fintech-)Branche jubeln, dass die kostengünstigen, aber standardisierten Geldanlage-Tools bei den Bundesbürgern immer mehr Anklang finden, allerdings muss man auch festhalten, dass es sich hierbei um nur 0,2 Prozent (!) des deutschen Gesamtvermögens in Aktien, Anleihen und Fonds handelt. Es ist also noch sehr viel Luft nach oben. Sieht man sich die Zahlen allerdings etwas genauer an, dann sind weniger die Fintechs als viel eher die etablierten Player für den Anstieg der veranlagten Gelder verantwortlich. So hat Scalable Capital aus der Vertriebs-Kooperation mit ING DIBA laut eigenen Angaben 20.000 Kunden generieren können, d.h. bei gesamt 30.000 Kunden kommen zwei Drittel der Kunden, und somit auch Gelder, von der Vertriebspower der Bank. Nicht anders sieht es sowohl bei LIQID – auch hier werden einige Vermögensmandate von HQTrust eingerechnet sein – als auch bei der Comdirect aus. Man sieht hier den großen Kooperations-Effekt der großen und etablierten Banken, auf den ich in meinen letzten Kolumnen auch schon des Öfteren eingegangen bin, speziell im Falle von Fintechs. Ich möchte den Erfolg der Fintechs hier keineswegs schmälern, aber ein Großteil der vertrieblichen Leistung ging nicht direkt von ihnen aus.
Ein schwieriges Geschäft
Bei aller Euphorie beim Thema Robo-Advisor darf man eines nicht vergessen – für die Anbieter selbst bleibt hier betriebswirtschaftlich sehr wenig übrig. Bei Kosten für den Endkunden unter 1% der investierten Summe (in den USA liegt man heute teilweise schon bei 0,25%), kann man Stand heute davon ausgehen, dass im gesamten deutschen Robo-Advisor Markt knapp 20 Millionen Euro Umsatz jährlich gemacht werden. Bei knapp 30 Anbietern eine sehr überschaubare Zahl. Da diese meist auf kostengünstige ETFs bei der Asset-Allokation zurückgreifen, gibt es auch hier keine zusätzlichen Einnahmequellen wie Vertriebsprovisionen, etc. Aktuell gibt es keine genauen Zahlen für CACs (Customer Acquisition Costs) eines Neukunden eines Robos in Deutschland, ich vermute aber, dass diese bei 70-100,- EUR liegen werden. Und diese Zahlen werden aufgrund des Wettbewerbs noch deutlich steigen. Zahlen aus den USA belegen CACs von jenseits der 700,- USD – da muss ein Kunde schon sehr lange sein Geld bei einem Robo parken, um diese Kosten wieder einzuspielen. Freuen dürfte es die großen ETF-Anbieter, die nun einen weiteren Vertriebskanal für ihre Produkte gefunden haben.
Die Robos 2.0 sind gefragt
Der Markt wird definitiv wachsen. Ob man das prognostizierte Volumen von 35 Mrd. Euro bis 2021 erreicht wird auch stark von der „Intelligenz“ der Robos abhängen und dem Mehrwert, den sie dem Anleger bieten. Heute beschränkt sich die „Intelligenz“ meist auf eine sehr starre Asset-Allokation, abhängig von der Risiko-Präferenz des Kunden – etwas was man schon seit Jahrzehnten auch vom klassischen Banking kennt. Hier ist „Robo“ nur das Synonym für eine ansprechende Website, die auch mobil verfügbar ist. Je personalisierter und „schlauer“ die Vermögensverwaltung für den Einzelnen wird – auch möglicherweise in Anbetracht seiner weiteren Vermögenswerte – und diese dem Kunden auch erklärbar macht, desto größer werden die Erfolge für diese noch junge Branche sein.
Stefan Greunz in seiner Kolumne im aktuellen Börse Social Magazin!