Es dürfte die bislang größte Pleite für den hippen Startup-Standort Berlin sein: Der auf Kunst, Schmuck, Antiquitäten und Oldtimer spezialisierte Online-Versteigerer Auctionata hat am Montag Insolvenz angemeldet. Wenn die nun angestrebte Rekapitalisierung nicht bald gelingt, sind rund 80 Mio. Euro einfach verpufft. Diese Summe hatte das 2012 gegründete Auktionshaus bei internationalen Investoren eingesammelt – neben einigen Protagonisten der Kunst-Szene vor allem Beteiligungsfirmen wie Holtzbrinck Ventures, Earlybird, e.ventures oder auch die börsennotierte German Startups Group, die gerade mit vier Gewinnwarnungen in vier Wochen einen denkwürdigen Rekord aufgestellt hat.
Nicht bei Auctionata engagiert ist dagegen Rocket Internet . Aber die Startup-Fabrik der drei Samwer-Brüder hat ja auch so schon genug Probleme. Das Portfolio blutet Geld und weil einerseits Bewertungsluft abgelassen werden musste, während andererseits keine lukrativen Exits mehr gelungen sind, wurden allein in den ersten sechs Monaten des letzten Jahres rund 580 Mio. Euro Verlust angehäuft. Kein Wunder also, dass für die vor gut zwei Jahren zu 42,50 Euro an die Börse gekommene Aktie aktuell nicht einmal mehr 20,00 Euro bezahlt werden.
Darunter leidet auch United Internet . Der ansonsten grundsolide Firmengründer und Vorstandschef Ralph Dommermuth hat im Sommer 2014 gleich 435 Mio. Euro – mehr als ein Zehntel der damaligen Bilanzsumme – ins windige Rocket-Reich gepustet und musste auf den 8,3%-igen Anteil nun so drastische Wertberichtigungen vornehmen, dass der TecDAX -Konzern sogar in die roten Zahlen gerutscht ist. Rund 50 Mio. Euro Miese standen im ersten Halbjahr unter dem Strich, der erste Sechs-Monats-Verlust seit dem Krisenjahr 2008.
Dass die Aktie derzeit trotz guter Börsenstimmung rund 25% unter ihrem Hoch von Ende 2015 notiert, liegt allerdings nicht nur an der Startup-Fehlzündung. Denn mit EBITDA-Margen von über 20% ist das Stammgeschäft rund um Internet-Zugänge, Web-Hosting und E-Mail-Dienste zwar weiterhin hochprofitabel, aber das zweistellige Umsatzwachstum der Jahre 2010-15 gehört wohl der Vergangenheit an: 2016 dürften die Erlöse nur um 6-7% zugelegt und damit die Marke von vier Mrd. Euro knapp verfehlt haben.
Irgendwann stellen sich halt auch im Web-Business gewisse Sättigungseffekte ein, so dass signifikantes Wachstum nur noch über Akquisitionen darstellbar ist. Erfreulich deshalb, dass United Internet nun von der Deutschen Telekom den Web-Hoster Strato übernimmt. Zugegeben, mit 600 Mio. Euro ist die Transaktion noch größer als das missglückte Rocket-Engagement. Doch Strato ist eben keine Mischung aus Luftschloss und Black Box, sondern ein etabliertes Unternehmen mit zwei Millionen Kundenverträgen und einer starken Marke, die das Portfolio von United Internet (1&1, GMX, Web.de) perfekt ergänzt.
Die Synergieeffekte, die bei jeder Fusion beschworen werden, sollten hier also tatsächlich dafür sorgen, dass die Gewinne mittelfristig stärker steigen als die Umsätze. Das würde natürlich auch auf die Dividendenpolitik ausstrahlen, zumal United Internet schon jetzt zu den Top-Zahlern im TecDAX gehört. Zwar ist der Web-Riese aus Montabaur rein formell kein DividendenAdel, nachdem die Aktionäre im Krisenjahr 2009 auf Nulldiät gesetzt worden waren. Dass die seinerzeit ausgefallene Dividende ein Jahr später als Bonus nachgezahlt wurde, ist jedoch ebenfalls ein Indiz für besondere Ausschüttungsqualität – genau wie die für eine Technologieforma angemessene Payout-Quote von einem Drittel und die komfortabel im zweistellige Prozentbereich angesiedelte Dividendendynamik.
Ob die Ausschüttung 2016 zum vierten Mal in Folge steigt, lässt sich derweil nicht seriös abschätzen. Die Analysten der Banken erwarten zwar eine Anhebung von 0,70 auf 0,80 Euro je Aktie, was United Internet auch problemlos schultern könnte. Gerade im Hinblick auf weitere Akquisitionen könnte Ralph Dommermuth aber auch geneigt sein, etwas mehr Geld in der Firma zu behalten und die Ausschüttung auf dem Vorjahresniveau zu belassen. Nur eine Kürzung halten wir für sehr unwahrscheinlich, so dass bei Kursen um 38,50 Euro zunächst eine Dividendenrendite zwischen 1,8% und 2,11% zu erwarten ist.
Gemessen an den 4-6%, mit denen andere TecDAX-Aktien locken, erscheint das ziemlich mager. Doch während Rendite-Renner wie Telefonica Deutschland, Freenet oder Drillisch hohe Ausschüttungsquoten bei niedrigem Wachstum zeigen, ist die Situation bei United Internet genau umgekehrt: Der Internet-Riese hat durchaus das Potential, seine Dividende binnen vier bis fünf Jahren zu verdoppeln. Anleger, die jetzt zugreifen, würden dann in Relation zu ihrem Einstandskurs bereits eine Rendite von 4% realisieren – und dürften sich wohl obendrein über höhere Kurse freuen.
Christian W. Röhl auf Twitter : @CWRoehl
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