Semperit-CEO Thomas Fahnemann über Vor- und Nachteile der Wiener Börse und aktienlose Politiker (25 Jahre ATX)

About: Für die CD-Produktion http://www.boerse-social.com/25jahreatx wurden 33 Telefon-Interviews geführt. Hier täglich ein Interview transkribiert. Heute: Thomas Fahnemann, CEO Semperit . Wichtig: Diese Interviews wurden nicht für Print gemacht, die Transkripte sind ein Versuch. Die Audio-Version des Fahnemann-Interviews findet man unter "Semperit-CEO Thomas Fahnemann zum 25-jährigen ATX-Jubiläum: "Die Old Economy kommt im ATX etwas zu kurz"das Set "Shirt und Doppel-CD" in der "Ich war dabei!"-Version hat am 9.3. das Funding-Ziel von 100 erreicht, es kann noch bis 14.4. bestellt werden (HIER die Namen der Besteller und die Details des Angebots). 

Frage (Peter Heinrich): Bitte um kurze Vorstellung.

Thomas Fahnemann: Thomas Fahnemann, CEO Semperit AG.

Semperit ist ja einer der ältesten Werte der Wiener Börse, schon seit 1890, da erscheinen ja 25 Jahre ATX fast kurz dagegen. Wir vom Börsenradio hatten ja mit Ihnen das erste Interview, ich glaube 2009, da waren Sie Chef von der RHI . Sie sind also Kapitalmarktkenner. Wie sehen Sie denn den Kapitalmarkt rund um die Wiener Börse?

Die Wiener Börse hat sicherlich einige Vorteile, aber wir müssen leider auch sagen, einiges an Nachteilen. Wien hat sicherlich in den letzten Jahren etwas gelitten unter zum einen der sehr starken Osteuropalastigkeit, die Wien ein bisschen nachhängt und zum anderen, wenn Sie sich gerade den ATX anschauen, ist der ATX natürlich sehr, sehr stark banken- und immobiliengeschäftlastig, sodass eigentlich diese Good Old Economy, die wir eigentlich auch in der Semperit vertreten, meiner Meinung nach in der Gewichtung etwas zu kurz kommt. 

Warum sehen Sie Osteuropa als Nachteil?

Osteuropa ist jetzt sehr stark auch bei internationalen Investoren Wien, auch in Richtung Osteuropa und sobald in Osteuropa bestimmte Dinge vielleicht nicht ganz so laufen und dort hatten wir natürlich gerade auch durch die Finanzkrise geprägt, kann sicherlich der Finanzplatz Wien sehr stark unter Druck geraten.  Es gab sehr viele Benefits am Anfang  des Osteuropa Booms, aber wenn Sie sich jetzt anschauen, wie sich die Indizes entwickelt haben, zum Beispiel im Vergleich zu Frankfurt, London oder New York - sicherlich in den letzten Jahren Wien hat dort deutlich underperformed. 

Ja, Kritik ist durchaus auch erlaubt. Mal so im Rückblick, was war denn für Sie das spannendste Börsenjahr? Für Sie und oder getrennt mit Semperit?

Ich sag mal, spannend war sicherlich war es Anfang 2002, 2003, 2004, wie sich die Märkte wirklich angefangen haben zu bewegen, das war sicherlich in der Hochentwicklung sehr, sehr spannend, dann auf der anderen Seite aber auch die große Herausforderung dann 2008, 2009, wie wir dann die Finanzkrise auch in der Realwirtschaft gesehen haben, das dann zu managen war sicherlich auch enorm spannend und insgesamt sag ich mal hat sich das aber wieder sehr, sehr vernünftig nivelliert und wir sind wieder auf einem vernünftigen Niveau. Wobei nochmal: Man fühlt schon noch so ein bisschen am Finanzmarktplatz Wien, dass dieser ein bisschen einfach im internationalen Vergleich hinterherhinkt. 

Denken Sie über einen Wechsel nach vielleicht? Also wenn Sie Roadshows machen, wo gehen Sie dann hin? Hongkong? London? New York?

Unsere Plätze sind sicherlich London, Frankfurt und Zürich. Amsterdam, gerade der Benelux-Raum ist sehr interessant und natürlich New York, Chicago, Boston. Wir haben jetzt zwei Roadshows auch mal in Asien gemacht, wo wir durchaus Interesse auch sehen, aber dort sind wir als Semperit jetzt noch nicht ganz so bekannt, das heißt, wir fokussieren uns schon sehr stark auf Westeuropa und USA. 

Semperit, sie machen Dinge aus Gummi, Gummihandschuhe, Gummischläuche für medizinische Zwecke oder technische. Noch immer verknüpft bei vielen Nicht-Börsianern ist Semperit mit Reifen, ein paar fahren vielleicht noch herum. Warum haben Sie damals die Reifenproduktion eingestellt?

Das war im Jahr 1988, 89, also auch schon eine Zeitlang her. Die Reifenproduktion war damals einfach nicht mehr profitabel für eine Firma wie Semperit und auch gerade was den Reifen betrifft, das ist ein High Tech Produkt mit sehr viel Forschung und da brauchen Sie eine gewisse Größe und deswegen gab es damals die Entscheidung, sich von der Reifensparte zu trennen und ich glaube, das war auch die richtige Entscheidung, um sich wirklich dann voll auf die Industrie und Medizin zu fokussieren.

Kennen Sie eine Börsenanekdote rund um die Wiener Börse?

Weniger muss ich sagen, wir gehen da eher von der professionellen Seite hin. Vielleicht eine Geschichte, und das soll jetzt gar nicht negativ klingen, aber das Problem, ich habe relativ viel Zeit auch in den USA verbracht, wo ich sage mal Aktien etwas sehr, sehr Positives sind, wo sehr viele Kleininvestoren auch tätig sind, gerade im Hinblick auf ihre Altersversorgung, was natürlich in Österreich eher anders ist, und ich sage für mich war dann schon bezeichnend, wie ein durchaus sehr hochrangiger Politiker mal in der Zeitung geäußert hat, dass er stolz darauf is,t keine Aktien zu besitzen, wo man sich manchmal schon fragt. Also Unterstützung dort fehlt, aber dennoch sind wir glaube ich nicht so schlecht unterwegs und trotz teilweise der fehlenden politischen Unterstützung versuchen wir hier das beste draus zu machen. 

Nochmal zurück zu Semperit. Sie haben ja jetzt die Produktionskapazitäten 2015 deutlich erhöht, für welche Produkte gilt das denn und wo haben Sie mehr Kapazitäten?

Also wir haben fast in allen Bereichen unsere Kapazitäten erhöht. Wir haben zum einen ein neues Schlauchwerk in Tschechien eröffnet Anfang 2015, dann haben wir einen weiteren großen Schritt gemacht in Polen, in unserer Sempertrans Sparte, also Förderbänder und sind jetzt gerade im Begriff eine große Handschuhfabrik in Malaysia anzufahren, also das wird also die modernste Fabrik der Welt werden, vollautomatisiert, die dann im Laufe 2016 hochgefahren wird und wie gesagt, diese Produktion läuft gerade an. Ein weiterer Meilenstein sicherlich auch im Jahr 2015 war die Akquisition der Firma Leeser in Deutschland, die damit unser Profilgeschäft deutlich komplettiert hat und wir damit jetzt auch Marktführer bei den Fensterprofilen in Europa sind. 

Was sind für Sie die großen Herausforderungen 2016?

Wir bekommen im Moment durchaus, ich sag mal, wenn Sie sich die Konjunktur anschauen, ist da sehr, sehr wenig an Rückenwind, also es ist jetzt keine Katastrophe, aber wir sehen schon, dass gerade im Maschinenbau, China fällt aus, es ist sehr viel auf Lager produziert worden. Also das gesamte konjunkturelle Umfeld ist weit davon entfernt gut zu sein, was sich natürlich auch in diesen Rohstoffpreisen widerspiegelt, wir sind auf einem historischen niedrigen Rohstoffpreisindex und ich glaube mal die Konjunktur und die gesamte Weltwirtschaftslage, was uns am meisten jetzt schon beschäftigt für das Jahr und wir werden es auch wieder meistern aber es ist sicherlich eher schwierig und wir merken langsam auch, also Westeuropa schwächelt jetzt schon und dieser Impuls, den wir uns alle erhofft haben, der ist nicht gekommen. Wir sehen ihn auch nicht und wir merken langsam auch in den USA, die USA, die durchaus sehr, sehr robust, aber auch da, seit Oktober, November fängt es ein bisschen an nach unten zu gehen. Und Asien ist sowieso sehr schwierig. Also die größte Herausforderung 2016 ist sicherlich, wie wir mit der konjunkturellen Gesamtsituation umgehen. 

Dann kann man ja fast schon zurückblickend für 2015 fragen ...

Man kann sagen, 2015 ist wieder ein durchaus erfolgreiches für die Semperit geworden. 

 

Börsevorstand Michael Buhl über ATX, ÖTOB, Osteuropa, Banken, FinTechs (25 Jahre ATX)

 



(05.04.2016)

Thomas Fahnemann (CEO Semperit AG)


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25 Jahre ATX

Rund um "25 Jahre ATX" haben wir im Dezember 2015 und Jänner 2016 eine grossangelegte Audioproduktion mit dem Ziel einer Fest-CD gemacht. Infos unter http://www.boerse-social.com/... . Hier täglich ein Interview transkribiert. Wichtig: Diese Interviews wurden nicht für Print gemacht.

>> http://boerse-social.com/25jahreatx


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