Eingangs möchte ich auf einige Dinge in Zusammenhang mit diesem Unternehmen ausdrücklich hinweisen. Bitte lest diese Zeilen sorgfältig!
Lange Rede, kurzer Sinn: Bitte trefft keine Anlageentscheidungen aufgrund von Äußerungen meinerseits in diesem Blog! Ich kann keine wie auch immer geartete Verantwortung für die Performance der hier behandelten Aktiengesellschaften übernehmen. Bitte macht also (wie hoffentlich immer) Eure eigenen Hausaufgaben und übernehmt selbst die Verantwortung dafür, wenn etwas daneben geht.
In diesem Quickcheck geht es um den österreichischen Motorradzulieferer WP AG (ISIN AT0000A1DDL3). Sämtliche hier veröffentlichten Informationen stammen, sofern nicht separat verlinkt, von der Homepage der WP-Gruppe sowie aus dem zuletzt verfügbaren Bericht zum Quartal 3 des Jahres 2015. Die Marke WP stammt laut Wikipedia ursprünglich von einem Unternehmen aus den Niederlanden, welches dort in den 70er Jahren gegründet wurde. In den 90er-Jahren wurde sie von KTM übernommen und gehört mittlerweile zur Cross Industries AG des österreichischen Unternehmers DI Stefan Pierer. Per 10. April 2015 wurden die Aktien an der Börse Wien gelistet und werden seither dort gehandelt.
Laut eigenen Angaben positioniert man sich als „Technologieführer im Motorrad-Zuliefer-Bereich“. Man ist einer der größten Motorrad-Fahrwerkskomponenten in Europa. Es werden grob im Überblick gesehen folgende Produktgruppen entwickelt, hergestellt und vertrieben:
Die Komponenten eignen sich für verschiedene Motorradmarken sowohl im Straßen- als auch im Offroad-Bereich. Ein wesentlicher Teil des Geschäfts wird aber logischerweise mit dem Schwesterunternehmen KTM gemacht. Es besteht also zweifellos eine kritische Abhängigkeit von der operativen Entwicklung der österreichischen KTM AG. Daneben besteht aber auch die Möglichkeit, die Komponenten als Endverbraucher zum Nachrüsten eines „Modells von der Stange“ zu erwerben.
Etwa 89 Prozent der Anteilsscheine befinden sich im Besitz der österreichischen Industriebeteiligungsholding Cross Industries AG. Diese notiert selbst (unter der ISIN AT0000820659) im prime market an der Wiener Börse. Neben den Anteilen an der WP kontrolliert die Cross Industries AG 51 Prozent des Motorradherstellers KTM (und mittelbar auch Husqvarna) und auch mehr als die Hälfte der Anteile an der Pankl Racing Systems AG. Weitere 10 Prozent der Aktien der WP werden von der Qino Flagship AG gehalten. Der verschwindend geringe Rest befindet sich im Streubesitz. Für die allermeisten Investoren wird eine derartige Eigentümerstruktur ein absolutes No Go sein, was ich grundsätzlich auch verstehe. Ich persönlich versuche das von Fall zu Fall zu beurteilen und zu untersuchen, wie die Verantwortlichen (in diesem Fall die Entscheidungsträger rund um DI Pierer) in der Vergangenheit mit Minderheitsaktionären umgegangen sind. Zumindest die Entwicklung von KTM (die ja ebenfalls sehr markteng ist) und beispielsweise das jüngste Angebot bei Pankl scheinen auf einen fairen Umgang hinzudeuten. Insofern war die Eigentümerstruktur für mich hier kein KO-Kriterium. In der Bewertung (beispielsweise anhand eines „fairen“ KGV) sollte man aber trotzdem einen deutlichen Abschlag für die mangelnde Liquidität vornehmen.
Das Unternehmen existiert in der jetzigen Form noch nicht so lange, weshalb es an dieser Stelle keine Tabelle mit Kennzahlen über mehrere Jahre gibt. Die finanzielle Stabilität ist aus meiner Sicht gerade noch gewährleistet, obwohl ich grundsätzlich „schönere“ Bilanzen bevorzuge. Die Eigenkapitalquote betrug zum 30.9.2015 ca. 37,4%. Die Nettofinanzverschuldung in Prozent des Eigenkapitals (vulgo gearing) beläuft sich auf fast 100 Prozent. Dieser Zustand entstammt hauptsächlich einem deutlichen Expansionskurs mit sehr vielen Investitionen in der jüngeren Vergangenheit. Dem Kapitalmarktprospekt und den bisher veröffentlichten Berichten ist aber zu entnehmen, dass einiges an Substanz (vor allem Immobilien) vorhanden ist, die die finanzielle Position etwas festigen. Die Bilanz ist außerdem insofern stabiler, weil nur verhältnismäßig wenige Entwicklungskosten aktiviert werden. Andere Unternehmen haben hier meines Erachtens eine aggressivere Buchhaltung.
Das operative Geschäft zeigt derzeit eine sehr dynamische Entwicklung, im Prinzip ganz im Windschatten des Wachstumskurses des Schwesterunternehmens KTM. Das Umsatzwachstum in den ersten drei Quartalen 2015 betrug 18 Prozent. Die EBIT-Margen sind etwas schwächer als gewöhnlich, was laut den Aussagen des Managements aber auf Anlaufkosten neuer Produktlinien zurückzuführen ist. Man sollte also mittelfristig mit etwas höheren Margen als derzeit (EBIT-Marge von 6,9%) rechnen können. Hochgerechnet aufs Jahr erwirtschaftet das Unternehmen derzeit einen ROE von ungefähr 19 Prozent und auch einen zweistelligen Return on Assets.
Ich persönlich bin ein absoluter Laie, was Motorräder und deren Komponenten betrifft. Aus einigen Gesprächen mit Kennern der Branche konnte ich aber mitnehmen, dass hier durchaus ein gewisses Markenbewusstsein in Bezug auf WP vorhanden sein dürfte. Die Komponenten sind also eher als „high end“ einzustufen und die Marke WP scheint für Qualität zu stehen, die auch manchmal etwas mehr kosten darf. So stellt sich zumindest meine Wahrnehmung dar, seit ich mich etwas mit dem Thema befasst habe. Besonders interessant ist, dass sehr viel des Marketings sowohl bei KTM als auch bei WP über Sponsoring und Ausrüstung im professionellen Rennsport stattfindet. Wenn man ab und zu ein Rennen verfolgt, blitzt doch in regelmäßigen Abständen bei sehr gut platzierten Rennfahrern die Marke WP auf der einen oder anderen Komponente auf. Weiteres mittelfristiges Potenzial könnte beispielsweise der geplante Einstieg von KTM in die MotoGP bieten.
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