In einem nächsten Schritt versuche ich, auf Basis des 2014er Ergebnisses eine Art nachhaltiges Ergebnis zu ermitteln, das als Ausgangspunkt für eine mögliche Bewertung der Binder+Co AG dienen soll. Zu diesem Zweck habe ich den letzten Geschäftsbericht durchgesehen und nach möglichen Einmaleffekten sowie nach Bereinigungs- und Normalisierungsbedarf gesucht. Dabei habe ich folgende Dinge gefunden:
Die saldierten Fremdwährungsgewinne und –verluste haben im Jahr 2014 zu einem positiven Ergebnisbeitrag von rund 240 TEUR geführt. Diesen Betrag korrigiere ich, da man nicht davon ausgehen kann, jedes Jahr Fremdwährungsgewinne erzielen zu können. Unter dem Strich halte ich es für konservativer, einfach von einem neutralen Währungsergebnis auszugehen.
Im Artikel mit den Kennzahlen habe ich vorsichtige Zweifel an der Aktivierung der Entwicklungskosten geäußert. Mir geht es hier nicht darum, die rechtliche Zulässigkeit dieser Aktivierung in Frage zu stellen. Das wird mit Sicherheit passen. Als Investor möchte ich mich aber lieber auf der konservativen Seite täuschen. 2014 wurden insgesamt 1,3 MEUR an Entwicklungskosten aktiviert. Tatsache ist, dass die Entwicklung der letzten Jahre seit 2009 (Verdreifachung der aktivierten Entwicklungskosten in der Bilanz bei gleichzeitig sinkenden Margen und nur um 40 bis 50 Prozent gestiegener Betriebsleistung) so nicht ad infinitum fortgeführt werden kann. Entweder Margen und Betriebsleistung gleichen sich proportional an die Entwicklungskosten an, so dass wieder ein ansprechendes Rentabilitätsniveau erzielt wird. Oder die Entwicklungskosten sind überproportional und werden irgendwann als „Einmaleffekt“ abgeschrieben. Da ich mich wie gesagt lieber vorsichtiger positioniere, erhöhe ich die sonstigen betrieblichen Aufwendungen um 1,3 MEUR.
Da die aktivierten Entwicklungskosten ja zu Abschreibungen führen (die aber niedriger sind, als die tatsächlich ausgelegten Geldbeträge), ist diese Position ebenfalls zu korrigieren. Dem Konto kumulierte Abschreibungen für aktivierte Entwicklungskosten wurden im Jahr 2014 rund 818 TEUR zugeführt. Um diesen Betrag werde ich die Abschreibungen nach unten korrigieren. Auch diese Divergenz weist eigentlich relativ deutlich darauf hin, dass zu viele Kosten aktiviert werden oder zumindest die Nutzungsdauern zu optimistisch sind.
Was mir noch aufgefallen ist, sind die im Jahr 2014 niedriger angesetzten Neubildungen von Rückstellungen für Risiken aus der Auftragsabwicklung. Diese haben sich wie folgt entwickelt:
Einzelkonten | 2009 | 2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 |
Rückstellungsdotierung für Auftragsabwicklung | 3,381 | 2,497 | 3,73 | 2,151 | 3,469 | 2,484 |
in % der Umsätze | 5,36% | 3,95% | 4,57% | 2,47% | 3,73% | 2,82% |
Man sieht, dass man 2014 schon eher auf der niedrigen Seite unterwegs war. Mittelwert und Median von 2009 bis 2013 bewegen sich im Bereich von grob 4% der Umsatzerlöse. Ich würde hier also der Vorsicht halber noch 1% draufschlagen und die entsprechende Aufwandsposition in der GuV um ca. 870 TEUR erhöhen. Da ich nicht weiß, wo das Unternehmen die Zuführung zur Rückstellung bucht, erhöhe ich ebenfalls die sonstigen betrieblichen Aufwendungen.
Eine bereinigte GuV könnte demnach wie folgt aussehen:
(in TEUR) | 2014 berichtet | Änderung | 2014 bereinigt |
Umsatzerlöse | 87 935 | 87 935 | |
Bestandsveränderungen | 781 | 781 | |
Andere aktivierte Eigenleistungen | 358 | 358 | |
sonstige betr. Erträge | 1 787 | -240 | 1 547 |
Materialaufwendungen | -45 278 | -45 278 | |
Personalaufwendungen | -25 201 | -25 201 | |
Abschreibungen | -3 242 | 818 | -2 424 |
Sonstige betr. Aufwendungen | -12 837 | -2 170 | -15 007 |
EBIT | 4 303 | 2 711 | |
Finanzergebnis | -597 | -597 | |
EBT | 3 706 | 2 114 | |
Steuern | -848 | -529 | |
Konzernergebnis | 2 858 | 1 586 | |
davon Minderheiten | 982 | 545 | |
davon Muttergesellschaft | 1 876 | 1 041 |
Die Steuern habe ich hier vereinfachend mit 25% des bereinigten EBT angenommen. Da ich nicht weiß, wie sich die einzelnen Posten der Bereinigung auf die verschiedenen operativen Segmente verteilen und wieviel wovon von den 49% Minderheitsanteilen in der Tochter Statec-Binder getragen werden müssen, habe ich vereinfachend proportional gekürzt: da das Minderheitsergebnis in der berichteten Fassung ca. 1/3 des Konzernergebnisses ausgemacht hat, bleibt das auch in der Bereinigung so. Da laut dem Geschäftsbericht 2014 momentan aber sehr stark an sensorgestützter Sortierung gearbeitet wird, dürften die Entwicklungskosten nur unterproportional auf die Statec-Binder umlegbar sein, weil die das Verpackungssegment bildet. Möglicherweise muss man also mit einer überdurchschnittlichen Kostenerhöhung für die Aktionäre der Muttergesellschaft rechnen.
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Verwendete Quellen:
Geschäftsberichte 2009 bis 2014
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