Quickcheck Warimpex AG

Allgemeines

Die Warimpex AG (AT0000827209) notiert im österreichischen prime market und versteht sich als Entwickler und Betreiber von Hotels und Büroimmobilien mit geographischem Fokus auf CEE (Central and Eastern Europe). Dazu werden immer wieder Objekte, die man nicht mehr bewirtschaften will, verkauft. Ich habe das Unternehmen im Zuge der heute erschienenen Halbjahreszahlen erstmals unter die Lupe genommen und mir einen ersten oberflächlichen Eindruck verschafft. Ziel der Untersuchung war die Beantwortung der Frage, ob ich mich in naher Zukunft weiter mit der Warimpex befassen möchte und ein Engagement in Erwägung ziehe oder nicht.

Sämtliche nachstehende Informationen entstammen, sofern es sich nicht um meine persönliche Interpretation handelt oder explizit anders angegeben wird, dem Halbjahresbericht 2014, der dazu erstellten Investorenpräsentation sowie der Homepage des Unternehmens. Etwaige Unschärfen seien aufgrund der äußerst oberflächlichen Erstbeurteilung bitte verziehen.

Geographische Aufteilung und Einflussfaktoren auf das Geschäftsmodell

Die geographische Aufteilung offenbart gleich zu Beginn einen großen Unsicherheitsfaktor, denn ein signifikanter Teil des Portfolios hat einen direkten oder zumindest indirekten Bezug zu Russland. 17% der Hotelerträge werden direkt in Russland generiert, daneben 23% in Tschechien und 38% in Polen. Außerdem finden sich größere Büroimmobilien in St. Petersburg im Projekt „Airportcity“ sowie in einem weiteren (zumindest wirtschaftlichen) Krisenherd, nämlich in Ungarn (Budapest). Hinsichtlich der Hotelerie ist meiner Meinung nach in diesen Regionen durchaus davon auszugehen, dass viele russische Reisende vor allem auch in Polen und Tschechien unterwegs sind. Zunehmende Verspannungen mit Russland könnten also dazu führen, dass sich die Ertragslage der Hotels dort verschlechtert. Was für mich in Bezug auf den geographischen Fokus etwas eigenartig erscheint ist dass man sich zwar selbst in Zentral- und Osteuropa positionieren möchte, aber auch beispielsweise 50%ige Beteiligungen an zwei Hotels im Eurodisney in Paris hält sowie eine derartige am Hotel Andels in Berlin. Verkaufsabsichten für diese Objekte konnte ich zumindest im Halbjahresbericht nicht auffinden.

Diesem lässt auch sich entnehmen, dass wichtige Kennzahlen für die Beurteilung des Erfolges der Hotelerie vor allem der Auslastungsgrad der Hotels, der durchschnittlich erzielbare Zimmerpreis sowie der Net Operating Profit (sowohl absolut als auch pro Zimmer) sind. Wesentliche operative Einflussfaktoren für das Geschäftsmodell sind allgemein jene, mit denen der Tourismus fertig werden muss (Konjunkturschwankungen, politische Risiken, Erhöhung der vor Ort verfügbaren Bettenzahl durch Konkurrenz, etc.), Mietausfallsrisiken im Bürosegment, Währungsrisiken sowie die allgemeinen Zinsänderungsrisiken bei variabel verzinsten Verbindlichkeiten. Letztere scheinen bei Warimpex nicht ganz so gravierend zu sein, da offenbar nur ca. ein Drittel der Finanzverbindlichkeiten variabel verzinst ist. Zwei der genannten Risiken manifestieren sich derzeit aber definitiv, nämlich die politischen Unsicherheiten mit Russland sowie die damit einhergehende Abwertung des Rubels zum Euro. Außerdem weist das Management darauf hin, dass man regelmäßigen Zugang zum Kapitalmarkt benötigt, um die Finanzierungen (sowie jetzt gerade mit einem umfassenden Anleihenemissionsprogramm) zu gewährleisten.

Weiters wird darauf hingewiesen, dass das Hotelgeschäft saisonal bedingt schwankt, insbesondere im für die Warimpex wichtigen Städtetourismus seien jeweils vor allem im zweiten Halbjahr höhere Erträge zu erwarten.

Finanzielle Verfassung des Unternehmens

Das Unternehmen schiebt einen für mich als Laien bedenklich hohen Schuldenberg vor sich her. Hierzu muss ich allerdings anmerken, dass ich nicht weiß, ob das ein Spezifikum der Hotelerie und der Hotelentwickler ist oder ob die Warimpex im Vergleich zu ähnlichen Unternehmen unterdurchschnittlich kapitalisiert ist. Auf Basis der Halbjahresbilanz ist die Eigenkapitalquote bei gerade einmal 16% (79 MEUR Konzerneigenkapital und 485 MEUR Bilanzsumme). Freilich liegt diese unter Berücksichtigung der (unten angeführten stillen Reserven) etwas höher.

Insgesamt finden sich ungefähr 360 MEUR Finanzschulden, von denen 37 MEUR kurzfristig fällig werden. Da diesen bei weitem nicht genügend Cash und kurzfristig veräußerbare Wertpapiere gegenüberstehen, ist ein Mittelzufluss aus Verkäufen der kurzfristig gebuchten Immobilien (geplant sind derzeit vor allem solche in St. Petersburg), sonstigen Verkäufen, Refinanzierungen oder ähnlichem erforderlich.

Immobilienvermögen

Zunächst sei angemerkt, dass die Bewertung der Hotels zu fortgeführten Anschaffungskosten erfolgt, während die Büroimmobilien zum fair value taxiert werden. Insofern können sich bei den Hotels unter Umständen signifikante stille Reserven ergeben. Auf diese weist das Management in der Halbjahrespräsentation auch hin und beziffert diese mit 1,3 EUR je Aktie oder 70 MEUR gesamt. Diese ergebe sich aus der Differenz zwischen den Buchwerten der Hotels und dem sogenannten GAV (gross asset value), welcher derzeit bei ca. 500 MEUR liegt. Freilich sind diese Werte für den Laien kaum nachprüfbar oder vergleichbar, insofern muss man dem Management vertrauen und auch entsprechend eine höhere margin of safety verlangen. Man muss sich auch Transaktionen aus der Vergangenheit ansehen. Im Halbjahresbericht findet sich beispielsweise der Hinweis, dass das Hotel Savoy (ein luxuriöses Objekt in Prag) lediglich „annähernd zum Buchwert“ verkauft werden konnte.

Der Buchwert des Aktionärseigenkapitals liegt derzeit bei etwas über 80 MEUR oder knapp 1,48 EUR je Aktie. Rechnet man die stillen Reserven noch dazu, so ergäbe sich ein Wert je Aktie von ungefähr 2,80 EUR je Aktie.

Ertragslage

Für mich persönlich ist zunächst der berichtete Gewinn je Aktie gerade bei derartigen Gesellschaften, die ihr Immobilienvermögen großteils nicht zum fair value taxieren, nicht aussagekräftig, von daher beziehe ich diese Kennzahl nicht in meine Beurteilung ein.

Interessant ist aber die Cashflowrechnung, zunächst jene zum Halbjahr 2014: Diese zeigt einen betrieblichen Cashflow von 6,7 MEUR, und einen Investitionscashflow (wo v.a. auch die Verkäufe abgebildet werden) von 4,4 MEUR. Insgesamt sind aus diesen beiden Titeln dem Unternehmen also 11,1 MEUR zugeflossen. Demgegenüber wurden aber schon fast 10 MEUR Zinsen für Kredite bezahlt (8,5 für Kredite und 1,4 für Anleihen und Derivate).

Im Gesamtjahr 2013 stellte sich die Situation ähnlich dar: 11,7 MEUR betrieblicher CF, 2 MEUR Investitionscashflow und 15 MEUR Zinszahlungen. Eines zeigt sich daraus deutlich: die Cashflows aus der Bewirtschaftung der Objekte reichen kaum aus, um die Zinsen für die Fremdfinanzierungen zu bedienen. Insofern ist man regelmäßig auf neue Schulden und/oder Verkäufe angewiesen. Sollte sich der Transaktionsmarkt für derartige Immobilien temporär unvorteilhaft entwickeln, scheint ein „Aussitzen“ dieser Verwerfungen ohne größere Verkäufe rein durch Bewirtschaftung über einige Jahre kaum möglich. Zukünftig steigende Zinsen könnten ein solches Abschwächen des Transaktionsvolumens durchaus begünstigen. Das Fremdfinanzierungspotenzial sehe ich außerdem im Falle derartiger Verwerfungen aufgrund der niedrigen Eigenkapitalquoten ebenfalls als ziemlich begrenzt an, weshalb in diesem Szenario ernsthafte Probleme zu befürchten wären.

Sonstiges

Die Aktionärsstruktur sieht so aus, dass ca. 40% freefloat existieren, daneben aber große Anteile (de facto eine kontrollierende Beteiligung) vom Management selbst bzw. über ihre Privatstiftungen gehalten werden. Das Management erhielt im ersten Halbjahr 2014 eine Vergütung von beinahe einer halben Million Euro, aufgeteilt auf 4 Vorstände. Daneben existiert eine sehr umfangreiche und dauernde Geschäftsbeziehung mit der Vienna International Hotelmanagement AG, die ebenfalls unter der Beherrschung des Managements steht. Die Fremdüblichkeit der Geschäftstätigkeit lässt sich für mich nicht beurteilen, allerdings stellt sich schon die Frage, ob für ein Unternehmen mit 60 MEUR Marktkapitalisierung vier Vorstände notwendig sind. Wesentlich größere Gesellschaften im Immobiliensegment wie beispielsweise die Immofinanz kommen mit 3 Vorständen aus (wenngleich dort deren Vergütung natürlich wesentlich höher ist).

Eine etwas fragwürdige Annahme fand sich außerdem in der Investorenpräsentation zum Halbjahr 2014, wo als einer von drei Makrotrends, der die Hotelauslastung positiv beeinflussen soll, ein wesentliches Anwachsen der Mittelschicht auf 5 Milliarden Menschen weltweit genannt wird. Das passt zumindest mit meiner aus den Medien entnommenen Wahrnehmung, wonach beinahe überall die Schere zwischen Arm und Reich zulasten der Mittelschicht immer weiter auseinanderklafft, nicht zusammen. Insofern könnte die Aussagekräftigkeit der Langfristplanung der Gesellschaft unter Umständen hinterfragt werden.

Für Eigentümer und Betreiber von Hotels ist selbstverständlich immer wieder auch die Zufriedenheit der Kunden ein wichtiger Faktor. Stellvertretend habe ich mir ein paar Bewertungen auf einschlägigen Portalen für das Intercontinental in Warschau, das Andels in Berlin sowie das Diplomat in Prag durchgelesen und den Eindruck gewonnen, dass die Gäste meist zufrieden waren. Vor allem beim Intercontinental und beim Diplomat wurde auch die Lage der Objekte gelobt, was sich natürlich für den Eigentümer der Objekte positiv auswirkt und wiederum für die Stichhaltigkeit der Bewertungsannahmen sprechen könnte.

Fazit

Ich persönlich werde vorerst nicht weiter graben oder gar ein Engagement in Erwägung ziehen. Einerseits schreckt mich die sehr hohe Schuldenlast des Unternehmens ab, ebenso die Tatsache, dass die laufenden Cashflows kaum zur Deckung der Zinsen ausreichen und immerhin ein Drittel der Finanzverbindlichkeiten variabel verzinst sind. Selbst eine geringfügige Erhöhung der Zinsen könnte also eine deutliche Verschlechterung herbeiführen. Weiters wiegt die deutliche Abhängigkeit von Russland noch ziemlich schwer, der Rubel kann weiter abwerten und/oder der geplante und offenbar aus Liquiditätsgründen durchaus notwendige Verkauf in St. Petersburg könnte stocken oder ins Wasser fallen. Schließlich ist als Außenstehender die Stichhaltigkeit der stillen Reserve nur schwer nachvollziehbar oder überprüfbar. Die Differenz des Aktienkurses zum niedrigeren Buchwert ist für mich aber noch nicht groß genug, um mich zu begeistern. Diese Faktoren wiegen meiner Meinung nach deutlich schwerer als die positiven Aspekte wie beispielsweise die signifikante Beteiligung des Managements, oder die vorteilhafte Lage von zumindest zwei Objekten. Sollte der Kurs vom jetzigen Niveau noch um einiges weiter fallen, würde ich mich noch näher mit dem Unternehmen auseinander setzen (insbesondere die Lage aller Hotels genauer untersuchen).

Der Beitrag Quickcheck Warimpex AG erschien zuerst auf Bargain.



(29.08.2014)

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Daniel Koinegg

Der Praktikant.

>> http://www.bargain-investments.com


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