In einer Serie von Artikeln möchte ich versuchen, in den nächsten Wochen einige Kernaspekte der Kapsch TrafficCom AG zu beleuchten. Dabei will ich als Abwechslung zu den bereits im bargain-Magazine üblichen längeren pdf-Analysen einige separate Artikel gestalten, die jeweils einen Schwerpunkt bearbeiten und die vom zeitlichen Ablauf meinen eigenen Analyseprozess chronologisch nachvollziehen. Im letzten Artikel, d.h. nach vollständiger Betrachtung des Unternehmens, wird es natürlich eine pdf-Analyse zum Download geben, die alle einschlägigen und relevanten Themen gesammelt umfasst. Der Schwerpunkt dieses Artikels wird zunächst auf einigen Anmerkungen zu den Vorauswahlkriterien liegen, die dazu geführt haben, dass die Kapsch überhaupt auf meinen „Radarschirm“ gekommen ist, und schließlich noch einige allgemeine Ausführungen zum Geschäftsmodell des Unternehmens beinhalten. An dieser Stelle möchte ich auch darauf hinweisen, dass seit kurzem die Kommentarfunktion für die ab nun im bargain-Magazine erscheinenden Beiträge freigeschalten ist. Die geposteten Kommentare erfordern aus technischen Gründen eine kurze Freigabe durch mich, sofern es sich aber nicht um Spam oder wüste strafrechtlich relevante Beschimpfungen handelt, werde ich natürlich alle Postings veröffentlichen.
Zur Vorauswahl
Wie findet ein solches Unternehmen wie die Kapsch den Weg zu meiner geschätzten Aufmerksamkeit? Natürlich kann ich als stolzer Österreicher – wie wahrscheinlich die allermeisten Investoren – ein gewisses „home bias“ nicht leugnen. Für einen „Ösi“ ist dieses Phänomen kein großes Problem, da das Angebot an börsenotierten Gesellschaften bei uns euphemistisch formuliert „überschaubar“ ist. Das prime Segment der Wiener Börse hat derzeit 39 Unternehmen, von denen 20 im Leitindex ATX aufgenommen sind. Die restlichen Marktsegmente mid und standard kommen für mich aus rechtlichen Gründen (Offenlegungs- und Publikationserfordernisse) und aus Liquiditätsgesichtspunkten nur äußerst eingeschränkt in Frage.
Was ich in Bezug auf diese Unternehmen von Zeit zu Zeit (alle paar Monate) gerne mache, ist dass ich sie mit Hilfe einer Datenbank wie onvista.de und der dort verfügbaren Top/Flop-Suche mit den Kriterien „Österreich“ und „1 Jahr“ abgleiche. Das führt wenig überraschend dazu, dass ich eine Liste mit allen österreichischen Unternehmen und deren Kursentwicklung im letzten Jahr erhalte. Jene Aktien aus dem prime market, die auf der Liste ganz unten stehen, kann man zum Beispiel unter die Lupe nehmen.
Es ist zunächst so, dass die Kapsch auf den ersten kurzen Blick durchaus in mein persönliches Beuteschema passen könnte: Möglicherweise kann ich die wichtigsten Produkte und deren Einsatzbereich verstehen, der Kursverlauf im letzten Jahr und überhaupt seit 2011/12 indiziert eine massive Verbilligung der Aktie, das Management scheint selbst die Mehrheit der Anteile zu halten und die Marktkapitalisierung ist derzeit zu gering, um allzu viele Profis für das Papier zu begeistern. Offenbar dürfte das Unternehmen Probleme in irgendeiner Ausgestaltung haben, denn bei aller Irrationalität – völlig grundlos halbiert sich eine Aktie normalerweise nicht im Wert.
Allgemeines zum Geschäftsmodell
Die nachfolgenden Informationen stammen allesamt von der Homepage www.kapsch.net sowie absolut wissenschaftlich fundiert aus de.wikipedia.org/wiki/Kapsch_AG
Das Unternehmen Kapsch TrafficCom AG ist in die Kapsch Group Beteiligungs-GmbH (anscheinend der Holding der Familie Kapsch) eingebettet und bietet sogenannte „Intelligent Transportation Systems“ an. Darunter versteht man neben Systemen zur Mauteinhebung, wo die Kernkompetenz liegt, unter anderem Verkehrssicherheitslösungen, Systeme zur Parkraumbewirtschaftung, Verkehrsüberwachung, etc.
Überblicksmäßig formuliert bietet man Lösungen für folgende Bereiche an:
Road user charging: Darunter versteht man die Mauteinhebung, die in verschiedenen Konstellationen erfolgen kann (vollelektronisch, händische Einhebung, basierend auf Zeit, nach gefahrenen Kilometern, etc.). Man bietet Einzelteile sowie gesamte Systemlösungen an.
Urban access and parking: In verschiedensten Städten bezahlt man für die Nutzung von Straßen und Parkplätzen, entweder nur in gewissen Zonen, nach Schadstoffemission oder generell. Für diese Problematik werden Systeme zur Erfassung des Verkehrs und der Beitragseinhebung angeboten.
Road safety enforcement: Hier wird mit dem System “Kapsch Force” eine Lösung für die Durchsetzung der Straßenverkehrsordnung geboten – ob es nun um die Überwachung von Busspuren, der Einhaltung von Rotlicht, oder von Geschwindigkeitsbegrenzungen geht.
Commercial vehicle enforcement: Dieser Bereich erleichtert mit dem System “Kapsch CVO” Behörden die Überwachung von Trucks und der Einhaltung von Transportvorschriften wie z.B. dem höchstzulässigen Gesamtgewicht.
Electronic vehicle registration: Diese Lösung ist für die automatische Erfassung von Fahrzeugen und Verkehrsbewegungen gedacht.
Traffic Management: Hierunter werden Systeme zur Verkehrsüberwachung und daraus resultierend zur Steigerung der Verkehrssicherheit subsumiert.
V2X Cooperative Systems: V2X umfasst Lösungen zur Kommunikation “vehicle to vehicle” (V2V) und “vehicle to infrastructure” (V2I) und meint (soweit ich das auf den ersten Blick verstanden habe) Systeme, die Navigation, Stauumgehung etc. erleichtern sollen.
Ohne noch genauere Einzelheiten über diese verschiedenen Produkte und Lösungen zu wissen traue ich mir zu sagen, dass ich die grundsätzliche Sinnhaftigkeit der angeführten Systeme und deren Anwendungsbereiche (d.h. die Marktnachfrage) mit einiger weiterführender Lektüre zumindest im Groben verstehen werde können.
Es wird wahrscheinlich nicht vermessen sein davon auszugehen, dass die Betreiber von Straßen (das ist in den allermeisten Fällen die öffentliche Hand) in Zukunft noch stärker darauf angewiesen sein wird, Geld für die Benutzung der Infrastruktur zu verlangen. Immer wieder wird beispielsweise in Österreich darüber diskutiert, neben der bereits vorhandenen Autobahnvignette noch eine kilometerbezogene Maut einzuheben. Ein ähnliches Grundszenario lässt sich wahrscheinlich für die Gebühreneinhebung in urbanen Lebensräumen (einfacher gestrickte Menschen so wie ich nennen das einfach „Stadt“) konstruieren. Generell möchte man den Individualverkehr hauptsächlich in den inneren städtischen Zonen entweder reduzieren oder zumindest stärker zur Kasse bitten. Basierend auf solchen Prämissen kann man wohl davon ausgehen, dass die Nachfrage nach derartigen automationsunterstützten Systemen zur Gebühreneinhebung, zur Verkehrsüberwachung und zur Verbesserung der Verkehrssicherheit in Zukunft steigen wird. Dies muss eigentlich sowohl in Ländern passieren, die erstmals eine breitere Verkehrsinfrastruktur aufbauen (ich nenne die jetzt mal ganz salopp „pre emerging markets“), als auch in „gesetzteren“ Industriestaaten, wo nach und nach erheblicher Modernisierungsaufwand für die Infrastruktur aufkeimt, der möglicherweise ohne Beiträge aus dem privaten Sektor (z.B. über höhere Maut) nicht finanzierbar ist. Freilich muss ein solcher Makrotrend nicht automatisch bedeuten, dass auch die Mikroebene, nämlich ein Unternehmen wie die Kapsch daran entsprechend partizipieren kann.
Soviel vorerst zur Kapsch, ich werde mich in den nächsten Wochen genauer mit dem Unternehmen beschäftigen und mich als nächsten Schritt mit der finanziellen Stabilität der Gesellschaft auseinandersetzen. Ich bitte auch die Leser, über die Kommentarfunktion insbesondere Anregungen zu posten, welche Schwerpunkte ihnen besonders wichtig sind. Sofern ich dazu nach meinem Wissens- und Fähigkeitsstand in der Lage bin, werde ich diese in die kommenden Artikel einfließen lassen.
Der Beitrag Kapsch TrafficCom – Teil 1 erschien zuerst auf Bargain.
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