René Parmantier, CEO von Oddo Seydler, hat in Österreich viel vor. Der grösste ausländische Market Maker in Wien will auch mit Schuldscheindarlehen, Bonds und Equity Stories überzeugen.
Herr Parmantier, das, was Sie auf Seite 1 dieser Mittelstandsnummer schreiben, freut mich zu hören. Oddo Seydler ist also nicht nur per Claim ein ‚Believer in German Mittelstand‘, sondern auch in ‚Austrian Mittelstand‘. Bevor ich neugierig weiterfrage, bitte ich Sie um eine kurze Vorstellung: Wie und vor allem warum wurde aus der Close Brothers Seydler Bank AG die Oddo Seydler Bank? Um welche Bereiche kümmern Sie sich?
René Parmantier: Close Brothers war über viele Jahre die Mutter der Seydler Bank AG. Close Brothers hatte sich im vergangenen Jahr entschlossen, sich auf den Heimatmarkt Großbritannien zu konzentrieren. Dank der Übernahme durch Oddo & Cie ist Seydler heute noch schlagkräftiger geworden. Ein wenig Hintergrund dazu: Oddo & Cie wurde im Jahr 1849 gegründet. Die Bank ist unabhängig, beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter und verwaltet ein Vermögen von 30 Mrd. Euro.
Sie ist im Investmentbanking und Vermögensmanagement tätig, also in Equities, Corporate Finance, Fixed Income sowie im Metallhandel. Im Vermögensmanagement sind es Asset Management, Private Banking, Lebensversicherungen und Services für vermögende Kunden. Das Eigenkapital beträgt knapp 500 Mio. Euro. Seydler ist mit seinen rund 100 Mitarbeitern deutlich kleiner, aber auf dem Wachstumspfad. Die fünf Hauptgeschäftsfelder – Designated Sponsoring/Market Making, Equities, Capital Markets, Fixed Income und Specialist Floor Trading – sind unverändert. Durch den Zusammenschluss mit Oddo werden weitere Geschäftsfelder dazukommen. Besonders im Bereich Asset Management werden wir wachsen.
Heisst das, Sie persönlich sind auch für die Österreich-Aktivitäten verantwortlich?
Ja, so ist es und das gern und mit voller Überzeugung.
Was können wir neben den bekannt starken Market Making-Aktivitäten – dazu werde ich in der kommenden Ausgabe mit Ihrer Kollegin Silke Schlünsen anlässlich der Specialist-Ausschreibung sprechen – als Österreicher noch von Ihnen erwarten? Diese Nummer steht unter dem Motto ‚Mittelstand‘ und ich bohre bei der Einstiegsfrage weiter .
Unter neuer Flagge erschließen wir nun österreichischen Unternehmen neue Investorenkreise, egal, ob es sich hierbei um Konferenzen, Roadshows oder die Durchführung von Kapitalmarkttransaktionen handelt. Günstigere und breitere Finanzierung bedeutet mehr Wachstumspotenzial und das ist es, was unsere Volkswirtschaften brauchen.
Was bräuchte es, damit in Österreich eine starke ‚Mittelstand goes Public‘-Bewegung losgetreten werden könnte?
Auch hier gibt es kulturelle Ähnlichkeiten zum deutschen Mittelstand. Unserer Erfahrung nach muss man die Unternehmen behutsam an den Markt heranführen. In der Regel beginnt man mit der Fremdkapitalfinanzierung. Sind die ersten guten Erfahrungen gemacht, ist der zweite Schritt leichter. Die anziehenden Kapitalmärkte werden Börsengänge für Unternehmen per se attraktiver machen. Wer vorbereitet war, kann nun die Marktsituation nutzen. Es wird noch eine Weile dauern, bis die Kreditvergabe weniger restriktiv sein wird. Zu groß ist der Druck auf die Kreditbanken, die Bilanzen zu verkürzen. Wichtig erscheint es uns, dass sich die Mittelständler in Österreich nicht nur auf den kleinen, aber feinen nationalen Markt fokussieren, sondern das europäische Investorenpotenzial erschließen; hier ist ein starker, international ausgerichteter Broker mit Mittelstandsexpertise, wie wir es sind, sicher ein probater Partner.
Was kann Österreich da von Deutschland lernen?
Österreich muss sich etwa im Punkt Aktienkultur nicht vor Deutschland verstecken. Da aber der gesamte Kapitalmarkt naturgemäß kleiner ist, bietet es sich an, deutsche Investoren und deutsche Partner mit ins Boot zu holen. Einen Tick weiter scheint mir Deutschland in der ‚Entflechtung‘ in Bezug auf wechselseitigen Anteilsbesitz und dem Anteil internationaler Investoren zu sein. Entflechtung setzt kreative Potenziale frei. Mittelständische Unternehmen in Österreich haben jedenfalls eine hervorragende Stellung in vielen Märkten. Zudem erleben wir die räumliche, wirtschaftliche und kulturelle
Nähe in der täglichen Arbeit. Wir glauben, dass unsere Kunden in Österreich von Finanzierungsformen wie Schuldscheindarlehen und Anleihen noch mehr profitieren könnten; hier versuchen wir Überzeugungsarbeit zu leisten. Sie sehen also, dass wir nicht nur an den Mittelstand in Österreich glauben, sondern auch danach handeln.
Mittelstandsanleihen sind in Deutschland zu einem riesigen Segment geworden. Auch in Österreich funktioniert der Corporate Bond-Sektor gut. Wird sich dieser Trend fortsetzen?
Absolut. Investoren suchen nach Rendite, und Corporate Bonds haussieren quer durch alle Größen- und Risikoklassen.
Und IPOs mit Kapitalerhöhung und Börse-listing von Aktien? Wie sehen Sie da die Situation in D und A? Welche Handelssegmente sind für Neulinge interessant?
Wir werden in beiden Märkten in den kommenden Monaten einige IPOs sehen, vornehmlich in den stärker regulierten Segmenten, was gut ist und Vertrauen schaffen wird.
Die Nasdaq ist nach 15 Jahren Durchtauchen wieder auf All-time-high. Hat man den Neuen Markt und die Easdaq/Nasdaq Europa zu früh aufgegeben?
Ich wünschte, man hätte den Neuen Markt oder die Easdaq mit der Nasdaq vergleichen können. Tech-Werte waren zwar auch hier gefragt, aber dem Markt fehlte die Tiefe und Breite. Künftig gibt es viel zu tun.
Facebook, Google, GoPro, Alibaba & Co. – dem hat Europa nicht viel entgegenzusetzen. Welche Europäer fallen Ihnen ein, die zumindest die Chance haben, in die Fussstapfen dieser Big Brands zu kommen?
In Europa finden Sie auch zahlreiche Internetfirmen, aber eher in der Nische. Zwei in Deutschland notierte Firmen, die man in diesem Kontext sicher nennen kann, sind Xing und Zooplus. Auch Zalando und Rocket haben sich nach der Fehlzündung beim Start nun erfolgreich entwickelt und die haben sicher breiteres Potenzial.
Und was kann eine Bank wie Ihre für diese Unternehmen tun?
Beschaffung von Kapital für das Wachstum und die Equity Story am Kapitalmarkt zu erklären und bekannt zu machen.
Im Vorjahr veranstalteten Sie eine Helsinki-Konferenz für mittelständische Unternehmen, einige Österreicher waren dabei. Was ist für heuer geplant? Paris würde ja auf der Hand liegen ...
Selbstverständlich liegt Paris auf der Hand, genauso wie Lyon im Jänner 2016. Das ist die größte Konferenz in Frankreich, die mit dem deutschen EK-Forum vergleichbar ist. Dort wird es über 5.000 Einzelgespräche mit 200 Emittenten geben. Dieses Jahr war schon Palfinger als österreichischer Vertreter dabei, obwohl nur wenige Tage zwischen dem Closing der Übernahme durch Oddo und der Konferenz lagen. Im nächsten Jahr rechnen wir mit einer deutlich höheren Anzahl von
österreichischen Unternehmen.
Abschliessend: Haben Sie einen Wunsch an die Wiener Börse?
Am Anfang steht ein Dank: Dass die Wiener Börse die Gewichtung der Spreads beim Ausschreibungsverfahren erhöht hat, hat die Liquidität am Börsenplatz Wien verbessert. Unser Wunsch? Lassen Sie uns den gut begonnen Dialog verstetigen, um die Finanzierung des Mittelstandes weiter zu verbessern.
Aus dem Fachheft 30, im Fast Forward Modus hier bzw. zum Download hier
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