Ich hatte kürzlich die wunderbare Gelegenheit, drei sehr unterschiedliche erfolgreiche Frauen im Rahmen einer Frauen-Netzwerkveranstaltung sprechen zu hören und fand sehr interessante Gemeinsamkeiten.
Die drei Damen sind unterschiedlichste Typen, Alterskategorien, Lebensumstände und Karriereverläufe in verschiedenen Branchen und Professionen – und doch hat sich recht klar gezeigt, welche Parallelen und gemeinsamen Erfolgsfaktoren ihrer jeweiligen Karrieren auszumachen sind:
Das klingt in meinen Ohren wunderbar und sollte viele Frauen ermutigen, dass es auch einige zutiefst weibliche Qualitäten sind, die hier als Erfolgsfaktoren genannt werden. Vielleicht haben wir das Zeitalter endlich überwunden, in dem Frauen immer noch versuchen, die besseren Männer zu sein um mit männlichen Mechanismen im Beruf erfolgreich zu sein.
Wenn die Spielregeln im Sandkasten nicht mehr nur die der Männer sind, wenn weibliche Qualitäten nicht nur am Papier oder pro-forma gewünscht werden – unter dem Motto: Diversity ist bloß eine Marketingmaßnahme im Employer Branding. – dann können sich wirklich neue Rollenbilder von erfolgreichen Frauenkarrieren in einer breiteren Masse etablieren, und nicht nur die Leuchtturm-Frauen mit Vorzeigekarrieren, sondern alle Frauen könnten mit ihrem Selbstverständnis Frau und Führungskraft gleichzeitig sein.
In einer Befragung von 500 jungen Frauen aus technischen Studienrichtungen gibt die Mehrheit folgende gewünschte Eigenschaften hinsichtlich der eigenen Führungskraft an: sie soll
kommunikativ, kollegial, empathisch und durchsetzungsfähig sein. Die Studienautorin fasst zusammen: „Das sind Eigenschaften, die eher Frauen zugeschrieben werden – was darauf schließen lässt, dass sich die Teilnehmerinnen eher einen weiblichen Führungsstil wünschen. Männlich konnotierte Eigenschaften wie Risikobereitschaft und Machtbewusstsein waren den Befragten weniger wichtig.“
In einer anderen Studie findet sich jedoch auch ein interessanter Aspekt bzw. Wermutstropfen: 10 % von befragten Frauen und 36 % von befragten Männern haben Vorbehalte gegenüber weiblichen Führungsqualitäten. Wenn nun dieselbe Befragung total vertraulich und geheim durchgeführt wird, haben sogar 28 % der Frauen und 45 % der Männer Vorgehalte gegenüber weiblichen Führungsqualitäten! Soll heißen: im Geheimen sind selbst Frauen noch ein Stück weit skeptischer gegenüber weiblichen Führungsqualitäten als offen befragt.
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Frauen mehr Schwierigkeiten als Männer damit haben, Vorbehalte gegenüber weiblichen Führungskräften offen zu äußern. Möglicherweise fühlen Frauen sich dazu verpflichtet, sich mit anderen Frauen zu solidarisieren“ deutet der Studienautor eine mögliche Interpretation dieser Ergebnisse an.
So haben wir mal wieder unsere liebe Not mit den oft so geheiligten Fragebögen und Befragungsergebnissen. Niemals können wir uns sicher sein, dass die Welt so ist, wie es der Fragebogen misst. Im günstigen Fall reduziert die Befragung Komplexität in einem Thema und lässt durch den Blick von außen so manche Überlegungen zu.
In einer Welt, in der man immer noch von der überbetonten Bedeutung von „Zahlen, Daten, Fakten“ ausgeht, ist der Wert solcher Befragungen aber nicht zu unterschätzen. Durch die vermeintliche Messbarkeit werden Realitäten geschaffen und manche gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen werden sichtbar und besprechbar.
In einer Zeit, in der wir auf einen demografischen Wandel hinsteuern, der es Unternehmen immer schwieriger macht, auf ausreichend gut qualifizierte Fachkräfte zu verfügen, schlagen sich all diese Faktoren auf das Recruiting und die Fluktuation im Unternehmen nieder. Und wenn das als Argument dient, dass weibliche Qualitäten in der Führung endlich die notwendige Anerkennung erhalten: dann soll es uns natürlich recht sein!
Aber hier wird für mich weiters auch klar, wie schwer wir uns mit dem Thema immer noch tun: weibliche Qualitäten ja – aber bitte nicht nur und immer! Der beste Umgang mit dieser Ambivalenz ist es, die Eigenschaften „männlich“ und „weiblich“ als zwei Pole auf einem Kontinuum zu verstehen. Die Welt ist nicht nur schwarz und weiß: jede Person, jede Fähigkeit, jede Qualität, kann als mehr oder weniger weiblich oder männlich eingeordnet werden: ganz auf der individuell passenden Stelle.
Und dieser individuelle Aspekt ist mir sehr wichtig: so sehr wir uns Statistiken und die generalisierbaren Aussagen zunutze machen dürfen, so sehr dürfen wir uns auch auf unsere individuelle Einzigartigkeit besinnen:
Dieses Zitat von Astrid Lindgren fordert uns mutig auf zu Qualitäten, von denen wir in unserem jeweiligen Leben und Arbeiten oftmals sehr viel mehr brauchen können. Es ist eine wunderbare Vorstellung, solche Eigenschaften zukünftig öfter als geforderte Skills auf Stellenausschreibungen zu finden.
Übrigens: noch eine andere interessante Zahl: 63 % der Befragten würden auf eine Gehaltserhöhung verzichten, wenn sie dafür einen anderen Vorgesetzten haben könnten! (Quelle Potential Project 2018)
Die Links zur Studie:
Der Beitrag Kümmere Dich nicht so sehr darum, was die anderen denken! erschien zuerst auf Sabina Haas.
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