Auf dem diesjährigen BDI-Rohstoffkongress wurde im Rahmen einer Podiumsdiskussion zum Thema Rohstoffeinkauf von der Vertreterin eines großen süddeutschen Automobilherstellers zum Besten gegeben, dass man dort „seit über 120 Jahren Rohstoffe einkaufe, somit genau wisse was man tue, aufgrund der schieren Größe sowieso in einer sehr souveränen Situation sei und die gesamte Angebots- und Nachfragesituation [von Batteriemetallen] daher sehr entspannt sehe“.
Ende letzten Jahres bereits musste der noch wesentlich größere Volkswagen Konzern jedoch einsehen, dass beim Einkauf dieser alternativlosen Batteriemetalle Größe und Erfahrung allein eben nicht mehr reichen, um wie sonst üblich seine Preisvorstellungen durchzusetzen. VW scheiterte bekanntlich kläglich an dem Versuch, Kobalt Offtake Agreements zu seinen Bedingungen abzuschließen.
In den Chefetagen der meisten Industrieunternehmen sind Rohstoffe immer noch mit Dreck, Gefahr und Korruption verbunden und man ist daher heilfroh, dass die Einkäufer die entsprechende Ware von den üblichen Händlern am Weltmarkt beziehen können, man somit also mit dem Minengeschäft direkt nichts zu tun hat. Weiterhin ist der Rohstoffeinkauf zumeist in den für den gesamten Einkauf von Teilen und Komponenten zuständigen Abteilungen angesiedelt und folgt daher ebenfalls dem immer gleichen Vorsatz, es immer noch „ein Cent hier“ und „ein Prozent dort“ billiger zu bekommen.
Zumindest bei den Batterierohstoffen geht es jedoch nicht mehr darum, zu welchem Preis man das Produkt bekommt, sondern ob man es überhaupt bekommt – und das gesichert über entsprechende Zeiträume. Offtake Agreements (also direkte Abnahmeverträge mit den Minenbetreibern) sind daher unumgänglich. Tech Giganten wie Apple, Samsung oder LG haben dies längst erkannt und entsprechende Verträge geschlossen, und auch die von uns betreuten Rohstoffunternehmen stehen in stellenweise weit fortgeschrittenem Kontakt zu entsprechenden Abnehmern, mit einer Ausnahme jedoch nicht aus der deutschen Automobilindustrie.
Vor allem asiatische Unternehmen scheinen die zu erwartenden Engpässe bei Batterierohstoffen nicht in Frage zu stellen und sichern sich zahlreiche aktuelle und zukünftige Produktionen. Ein Geschäft mit Weitsicht, denn das Risiko, keinen Zugang zu entsprechenden Mengen zu haben und in der Konsequenz entweder Marktanteil zu verlieren oder Knappheitspreise zahlen zu müssen, ist unternehmerisch nicht zu verantworten.
Genau in diese Falle drohen jedoch zumindest Teile unserer Automobilindustrie zu laufen – denn Lithium wird lange, und Kobalt zumindest die nächsten zehn Jahre alternativlos bleiben und es wird z.B. damit gerechnet, dass China, aktuell mit über 90% größter Produzent und Lieferant von batteriefähigem Lithium, bereits ab 2023 mehr Lithium benötigt als es produzieren kann.
Hinzu kommt, dass die deutsche Automobilindustrie trotz aller Skandale Milliardengewinne einfährt und noch deutlich mehr für Forschung und Entwicklung oder auch die Subvention von Neuwagenverkäufen ausgibt. Einen zweistelligen Millionenbetrag in die Rohstoffsicherung zu investieren, sollte daher kein Problem sein.
All dies ist nicht neu und nicht nur wir vertreten den Standpunkt einer modernen und weitsichtigen Rohstoffeinkaufspolitik seit langem – erstmals werden diese Gedanken nun auch von einem prominenten Vertreter der Deutschen Automobilindustrie geteilt:
VW-Chef Herbert Diess hat im
Handelsblatt Interview „Noch ist es nicht zu spät“ daher konsequenterweise gefordert, sich nicht komplett von den Asiaten abhängig zu machen, sondern eine Europäische Batterieproduktion aufzubauen. Er schätzt den Batteriemarkt bis 2025 auf 50 bis 60 Milliarden Euro – doppelt so groß wie der Umsatz von Continental oder Bosch – und spricht sich für eine marktübergreifende Fertigung analog der Ideen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier aus. Auch Bundeskanzlerin Merkel beginnt sich dafür stark zu machen, die gesamte Wertschöpfungskette rund um die Batterieproduktion in Europa zu etablieren.
Es gibt daher bereits zahlreiche Interessensverbände und ähnliches, aber eben auch viele Trittbrettfahrer und bisher leider keine sich abzeichnende übergeordnete, koordinierende Instanz. Anders als z.B. bei der Etablierung des europäischen Airbus Konzerns ist die Zeitkomponente absolut essentiell – zu viel „Arbeitskreis“ wird Deutschland und Europa definitiv den Anschluss und gesicherten Zugang zu den benötigten Rohstoffen kosten – mit unvorhersehbaren Folgen!
Die geforderte gesamte Wertschöpfungskette der Batterieproduktion beginnt mit der Rohstoff-Förderung – und wenn wohl kaum jemand unseren Ingenieuren absprechen würde, die besten Batterien bauen zu können, so wissen die wenigsten, dass Europa zumindest beim Lithium auch über nennenswerte Vorkommen verfügt um einen größeren Teil des Bedarfs zu bedienen – und das nach unseren Maßstäben und Standards hinsichtlich Ethik und Nachhaltigkeit. Und ausnahmsweise zählt hier nicht der Konkurrenzgedanke, sondern das Team Play, denn je mehr Lithium in Europa produziert wird, desto günstiger wird die Veredelung zum batteriefähigen Endprodukt.
Die DGWA berät mit European Lithium die wohl erste in Produktion gehende Lithium Mine in Europa (Wolfsberg in Österreich) aber wir sind auch in Kontakt mit Projekten in Skandinavien und Portugal, welche ebenfalls in absehbarer Zeit fördern sollten und sprechen z.B. über mögliche Synergien – so könnte die Hydroxidanlage, welche von European Lithium oder einem Partner gebaut werden wird auch von anderen Produzenten genutzt werden, da diese Anlage modular erweiterbar sein wird. Weitere Projekte z.B. in Serbien, in Tschechien oder im Osten Deutschlands werden folgen und deren Entwicklung durch eine Europäische Allianz an Fahrt gewinnen.
Ein weitreichender Schulterschluss zwischen den Produzenten, den Abnehmern und der Politik wird der Schlüssel zum Erfolg dieser absolut nötigen Allianz sein. Die von uns geführten Gespräche mit Vertretern aller genannten Interessengruppen macht uns zuversichtlich bezüglich der Chancen einer Umsetzung dieses Projektes, nicht nur grundsätzlich, sondern auch rechtzeitig.