Wie angekündigt: So liefs zum März-Verfall (Christian Drastil)

Liebe Leser! In ca. 2 Stunden findet das Juni-Settlement des ATX statt (bei den einzelnen Aktien wird erst mit den Schlusskursen abgerechnet). Im März - beim letzten Quartalsverfall - ist es zu massiver Aufregung gekommen. Mein Kollege Martin Michalky hat das Geschehen damals treffend zusammengefasst. Hier sein Bericht von Mitte März, hoffen wir, dass es heute ruhiger zugeht.

"Der Quartalsverfall an der ÖTOB hat am Freitag die Gemüter erhitzt und die ÖTOB aus ihrer sonst üblichen Lethargie gerissen. Denn während der Settlement-Auktion der ATX-Titel kam es zu einigen "aberwitzigen" Indikationen. Einige Titel wurden aufgrund riesiger Verkaufsorders bei 1 Cent bzw. 1 Euro in der Auktion indiziert - fast alle andere Titel sehr deutlich unter ihren sonst üblichen Kursen mit hohen Volumina. Zwar wurde der ATX-Five bei 2652,59 und der ATX bei 4106,46 Punkten gesettelt, gerechnet auf die tiefsten Indikationen der einzelnen Auktionen, stand der ATX kurzfristig bei 1741,80 Punkten und der ATX-Five bei 1334,37 Zählern. Gegenüber dem Donnerstag-Closing wären das Rückgänge um 56,96% bzw. 48,78% gewesen. Der Verkaufs-Druck verschwand allerdings genaus so rasch aus dem Markt, wie er gekommen war und hinterliess viele Abstauber-Kauforders, die die Kurse schlussendlich nach oben trieben. Dies liess einige Marktteilnehmer auch von einer "Irreführung des Marktes" sprechen.

Das Open Interest im März-ATX-Futures-Kontrakt war mit 10.806 Kontrakten relativ hoch für die ÖTOB (Kontraktgegenwert 443,74 Mio. Euro). Durch die Auktion wurde der ATX schlussendlich um rund 12 Punkte nach oben bewegt, auf die ausstehenden Kontrakte gerechnet ergibt das eine Veränderung Ertragssituation jener, die die Positionen hielten, von rund 1,3 Mio. Euro. An Verfallstagen sind volatile Kurse ganz normal, aber solch ein breiter Druck auf den Markt durch grosse Market-Verkaufsorders, die dann rasch wieder zurückgezogen werden, ist in der Geschichte der ÖTOB wohl einmalig.

Marktteilnehmer berichteten von ihrer Überraschung, als die grossen Verkaufsaufträge in der Settlement-Auktion kamen und die Indikationen in die Tiefe gingen. Dadurch hätten jene, die Kaufaufträge von Kunden hatten. Orders dagegen gestellt bzw. weitere Kunden in der Hoffnung auf tiefe Kaufkurse in den Markt geführt. Als dann die Verkaufsorders gegen Ende der Auktion rasch aus dem Markt genommen wurden, blieben die Käufer übrig, weswegen die meisten Titel in der Auktion anstatt der erwarteten Kursabschläge stiegen und den ATX um die erwähnten 12 Punkte erhöhten. Von der FMA heisst es zu den Vorgängen rund um das ATX-Settlement, falls es Auffälligkeiten gegeben habe, würden diese routinemässig untersucht - ob eine nähere Prüfung der Auktion stattfinden wird, könne man noch nicht sagen.

Was war genau passiert? Die Auktion verlief in den meisten ATX-Titeln sehr ähnlich. Am Beispiel der OMV, wo in der Auktion 526.812 Aktien gehandelt wurden, war der Kurs vor Auktionsbeginn bei 54,05 Euro. Zunächst wurde die Aktie durch eine 506.710 Stück-Order bei 98 Euro indiziert, woraufhin dann rasch Verkaufsorders in den Markt kamen, zunächst 576.100 Stück Bestens im Verkauf. Dadurch sank die Indikation auf 52,20 Euro, weiter steigende Market-Verkaufsorder (923.260 Aktien in Summe Bestens im Verkauf) drückten die Indikation auf 38 Euro. Die tiefste Indikation kam in der Auktion bei 34 Euro zustande, wobei sich der Brief auf 1,27 Mio. Stück Market ausweitete - bei diesem Preis wären immerhin 1,06 Mio. Aktien gehandelt worden. Dann kamen die Kauforders in den Markt, die Verkaufsorders wurden wieder gelöscht, was die OMV-Indikation auf 98 Euro hochschnellen liess, wobei sich die Auktion dann rasch wieder beruhigte und der Auktionspreis bei 54,50 Euro gebildet wurde.

In der Telekom Austria ging es ähnlich zu, dabei wurden 800.835 Stück gehandelt. Die Auktion startete bei 20,33 Euro, wobei 704.710 Stück Bestens im Kauf und 472.200 Stück Market im Verkauf standen. In der ersten Indikation stieg die Telekom Austria auf 20,80 Euro und dann auf 21 Euro. Dann kam rasch Brief in den Markt, auf der Verkaufsseite wurden bis zu 2,56 Mio. Stück Bestens angeboten, die Indikation sank auf 15 Euro - bei diesem Preis wären 2,44 Mio. Aktien (rund 2,5% der Company) gehandelt worden. Rasch verschwand der Brief dann bis auf 681.370 Stück wieder aus dem Markt, was die Indikation auf 30 Euro steigen liess, wobei der Auktionskurs dann kurz darauf bei 20,35 Euro gebildet wurde.

Bei Raiffeisen International wurden in der Auktion 133.311 Stück gehandelt, wobei die Aktie mit einem Volumen von 300.830 Stück bei einem Euro indiziert war, bei der Erste Bank 557.175 Aktien, wo die geringste Indikation bei 36 Euro mit1,22 Mio. Stück lag und bei Wienerberger 153.505 Stück mit einer Indikation bei 28 Euro. Auch die voestalpine wurde bei einem Euro indiziert, betandwin und die Wiener Städtische erwischte es aber am heftigsten - beide Titel wurden kurzfristig bei einem Cent indiziert."

(16.06.2006)

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Christian Drastil
Der Namensgeber des Blogs. Ich funktioniere nach dem Motto "Trial, Error & Learning". Mehrjährige Business Pläne passen einfach nicht zu mir. Zu schnell (ver)ändert sich die Welt, in der wir leben. Damit bin ich wohl nicht konzernkompatibel sondern lieber ein alter Jungunternehmer. Ein lupenreiner Digital Immigrant ohne auch nur einen Funken Programmier-Know-How, aber - wie manche sagen - vielleicht mit einem ausgeprägten Gespür für Geschäftsmodelle, die funktionieren. Der Versuch, Finanzmedien mit Sport, Musik und schrägen Ideen positiv aufzuladen, um Financial Literacy für ein grosses Publikum spannend zu machen, steht im Mittelpunkt. Diese Dinge sind mein Berufsleben und ich arbeite gerne. Der Blog soll u.a. zeigen, wie alles zusammenhängt und welches Bigger Picture angestrebt wird.
Christian Drastil

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