Cafe BE Protokoll: Arbter, Hillen, Huber, Siegl, Zehetner zum Thema Trading (Christian Drastil)

Cafe BE: Ab 19.3. 2012 ist die Immofinanz, ein Jahr nach der Premiere im ATX, auch im ATX-five vertreten. Gleichzeitig erfolgt auch die Aufnahme in den FTSE EPRA Nareit. Was bedeutet das für die Gesellschaft und deren Aktionäre, Herr Zehetner?

Eduard Zehetner: Ich glaube, es ist primär ein weiteres Zeichen, dass die Immofinanz von einer etwas eigenartigen Position auch im Börseumfeld in normale Gefilde gewandert ist. Das hat eine Zeitlang gedauert. Ich glaube, die Aufnahme in den ATX war vor einem Jahr wirklich fällig, rein von der Grössenordnung her. Ich denke, das hat auch der Börse gutgetan. Auch die Aufnahme in den Emerging-Teil des EPRA-Index war logisch. Viele unserer Investoren haben auf den Roadshows immer wieder nachgefragt und das aktiv verlangt. Es wurde auch bei FTSE immer wieder nachgefragt, wir haben ja auch einen früheren Generalsekretär der EPRA bei uns im Aufsichtsrat, auch er hat entsprechend gearbeitet. Letztendlich hat man sich dazu entschlossen, den Markt abzubilden. In den ATX-Five kommt man durch Grösse, das war eine logische Folge. Für die Aktionäre heisst das tendenziell mehr Volumen und mehr Volumen ist auch für Neuinvestoren gut. Sie selbst haben geschrieben, dass es auch engere Spreads gibt. Das ist für Investoren wichtig, man möchte rasch ein- und auch wieder aussteigen können. Insofern sehe ich das sehr positiv, ich glaube aber nicht, dass der Kurs deswegen steigt. Es wird ein paar Derivat-Unterlegungen mehr geben. Leider haben zuletzt die Fundamentaldaten nicht viel gewirkt, es geht um Furcht um die Banken oder Nicht-Furcht um die Banken, das macht die Kurse an den Börsen.

Cafe BE: Wird es rund um den Indextermin Roadshowtermine geben?

Zehetner: Wir sind permanent unterwegs, die Saison fängt jetzt wieder an. Wir hatten ein Zwischenhoch im Jänner, als ich viele Anrufe aus London hatte. Die Investoren wollten reden und ich war dann ein paar Mal in London. Der Februar war ruhiger, da waren alle Skifahren. Jetzt geht es wieder los.

Cafe BE: Was wollten die Londoner von Ihnen wissen?

Zehetner: Es geht meist um den GAP zwischen dem Net Asset Value und dem Kurs; ob etwas an den Bewertungen falsch ist. Dazu natürlich immer die Frage, wie es in Osteuropa läuft und wie hier die Prognosen sind. Weil einige Banken ein Problem haben, werden uns die FInanzierungfragen gestellt. Das geht jetzt schon seit 15 Monaten so.

Cafe BE: Frau Arbter. Welche Bedeutung haben Indexumstellungen aus der Sicht von Zertifikateemittenten?

Heike Arbter: Das ist ein ganz grosses Thema, weil das ganze Portfolio, das zur Absicherung des Zertifikats hinterlegt ist, umgebaut werden muss.

Cafe BE: Auch im ATX-Five?

Arbter: Ja, auch wenn das nicht die grosse Benchmark ist wie der ATX, es gibt nicht so viele Instrumente darauf. Grundsätzlich muss alles – zB Futures, Zertifikate, ETFs -, was einen Index abbildet, umgebaut werden.

Cafe BE: Hat die RCB zum März-Verfall mit dem ATX-Five etwas umzustellen?

Arbter: Ja, aber das trifft eher den institutionellen Bereich.

Cafe BE: Und wie reihen sich Produkte auf Immobilien-Werte in der Beliebtheitsskala ein? Was hat die RCB hier für Erfahrungswerte?

Arbter: Das gehört zu den beliebtesten Zertifikaten. Warum? Zertifikate eignen sich dazu, eine Idee umzusetzen; Privatinvestoren nehmen dazu auch gehebelte Produkte. Für uns als grösster Zertifikateemittent am Wiener Markt war das immer ein wichtiges Thema. Die meisten Kunden, die Hebelprodukte suchen, sind Selbstentscheider, viele handeln bei Direktbrokern. Da geht es also nicht um Seitwärtsrendite, sondern, um Hebelwirkung auf das Kapital zu erzielen.

Cafe BE: Stichwort Seitwärtsrendite, hie und da gibt es ja bei Immobilienaktien immer noch hohe Volatilität, was schöne Seitwärtsrenditen darstellen lässt ...

Arbter: Das ist bei Immobilienwerten weniger das Thema, man verwendet das eher bei Indices oder bei grossen Werten mit hohen Dividenden. Topinstrumente sind die Bonuszertifikate.

Cafe BE: Herr Huber, Sie haben jetzt auch ein paar Mal genickt. Wie reihen sich Immobilienaktien bei direktanlage.at ein bzw. was sind die beliebtesten Aktien, die bei Euch gehandelt werden?

Ernst Huber: Die Umsätze in Österreich haben stark nachgelassen, vor allem im Privatkundenbereich. Die Transaktionen der Privatanleger haben sich 2011, was den Wiener Markt betrifft, halbiert. Insgesamt hatten wir kaum einen Rückgang, aber bei österreichischen Aktien schon. Wir hatten dafür viel mehr Transaktionen in Deutschland und in den USA. In Wien haben wir ein viel zu kapitalmarktfeindliches Umfeld. Die umsatzstärksten Aktien sind heuer eindeutig die Banken, dahinter kommt gleich die Immofinanz. Auch eine CA Immo hat starke Volumina. Das sind sehr gern gehandelte Werte.

Cafe BE: Die Commerzbank ist beim BE in den Statistiken hochgeschossen ...

Huber: Bei uns auch immer unter den Top 5.

Cafe BE: Herr Zehetner, die Aktie ist vom Zockerpapier zum ATX-Five-Titel geworden. Als Sie übernommen haben, lagen wir bei 30 Cent.

Zehetner : ... 25 Cent ...

Cafe BE: 25 Cent. Ich hab Sie als denjenigen CEO wahrgenommen, der sich am intensivsten mit den Privatanlegern auseinandergesetzt hat. Für viele waren Sie erst eine Art Rettungsanker, wie hat sich die Kommunikation, die Beziehung zu den Anlegern mit der Zeit verändert? Sie haben ja auch einen Blog, sind bei vielen Privatanlegern dabei.

Zehetner: Die Immofinanz hat als Unternehmen mit etwas spezifischer Geschichte eine besondere Verantwortung für Privatanleger. Dieser Verantwortung haben wir uns gestellt, wir haben auch 2011 eine Privatanleger-Initiative gestartet und haben den IVA-David vom Dr. Rasinger bekommen. Wenn man sich vorstellt, dass sich Rasinger und ich vor zehn Jahren noch via Medien gegenseitig beschimpft haben ...

Cafe BE: In Ihrer RHI-Zeit ...

Zehetner: Richtig. Aber nun haben wir einander fast in Herz geschlossen. Wir haben einen grossen Privatanleger-Anteil von etwa 40 bis 45 Prozent, durchaus aus der Geschichte heraus meist in kleinen Volumina. Wir wollen, dass Privatanleger auf der Hauptversammlung auftreten. Das ist gut gelungen, wir konnten die Präsenz der Privaten um mehr als 100 Prozent steigern, was auch ein bisschen gegen seltsame Meinungen bei Grossanlegern hilft. Wir werden das natürlich fortsetzen, wir werden die dahinterliegende Informationsinitiative weiterführen, werden auch weiter bei Publikumsroadshows intensiver als andere Unternehmen mit ähnlicher Marktkapitalisierung auftreten.

Cafe BE: Herr Siegl-Cachedenier. Wie siehts bei brokerjet aus. Welche Aktien werden am stärksten gehandelt? Und wie reihen sich Immobilien-Papiere ein?

Wolfgang Siegl-Cachedenier: Wir haben generell seit Anfang des Jahres eine Zunahme bei österreichischen Aktien gesehen, auch weil sich der Markt positiv entwickelt hat. Wir sind nun auch wieder bei den Top 10-Handelsteilnehmern in Wien, das ist wichtig, wir konnten unseren Marktanteil deutlich ausbauen. Die beliebtesten Papiere sind jene aus dem ATX-Five.

Cafe BE: Bei der direktanlage habe ich klar herausgehört, dass viel in deutsche Werte gegangen ist. Wie ist das bei brokerjet?

Siegl-Cachedenier: Wir haben generell den Trend zurück zur Aktie gesehen, die Tradingprodukte waren eher rückläufig. Egal, ob Österreich oder Deutschland. Auch wir hatten in Österreich im Vorjahr einen grossen Einbruch, daher heuer auch die auffälligste Erholung.

Cafe BE: Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen börsenotierten Unternehmen und Brokern aus?

Huber: Man könnte das sicher intensivieren, wir machen Seminare mit der Wiener Börse. Die Aktienkultur ist politisch gewollt wieder auf ein Minimum gesunken. Man könnte hier viel mehr bewegen, es passiert leider zu wenig. Die grossen Unternehmen lassen aus.

Siegl-Cachedenier: Wenn man sich die Entwicklung der vergangenen 18 Monate ansieht, so bin ich der Meinung, dass es die Verantwortung von uns allen ist, mehr zu tun. Auf der einen Seite die Politik, die zB mit der Wertpapiersteuer sehr kontraproduktiv war. Was ich super finde, dass wir heuer erstmals auch mit der Wiener Börse gemeinsam den Börsepreis für den Privatanleger machen werden, man kann dann für die Aktie des Jahres aktiv mitvoten. Das ist eine Chance, die Aktien ein bisscher näher an das Publikum heranzutragen.

Cafe BE: Und die Zusammenarbeit mit Brokern aus der Sicht eines Unternehmens, Herr Zehetner?

Zehetner: Wir können bei Veranstaltungen die Aktie präsentieren. Das tun wir gerne. Wo wir eingeladen werden, treten wir auf. Wir haben eben sehr viele Privataktionäre, ungefähr eine Stadt wie Klagenfurt von der Grösse her. Das heisst, egal, wo man auftritt, man hat ein paar Aktionäre im Publikum. Wir haben ein paar Aktionäre, die eigentlich nicht Aktionäre sein sollten. Ich bin mit den Mitdiskutanten einer Meinung, dass wir eine politische Unkultur in Bezug auf Aktien haben, ich bin aber auch der Meinung, dass nicht jeder Österreicher Aktionär werden muss. Es gibt Leute, die aufgrund ihrer Einkommens- und Vermögenssituation keine Aktionäre sein sollten, andererseits gibt es auch viele, die aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten Aktionäre sein sollten.

Huber: Wir sind in einer sehr wackeligen Zeit unterwegs, in der wir von einer Sache zur anderen hüpfen. Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass ein Euroland pleite gehen könnte. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass jeder, der ein wenig Geld hat, sich breit aufstellt. Da gehören Sachwerte dazu, Aktien dazu, Immobilien dazu, das kann man auch mit Immobilienaktien abdecken. Dazu Gold. Nur auf bedrucktes Papier zu setzen, ist brandgefährlich. Es wird viel zu viel Geld gedruckt, das ist nicht ungefährlich. Man muss sich breit aufstellen. Zudem ist ja das Sparbuch bei der aktuellen Inflation nur bedingt interessant, man zahlt sogar eine Art Vermögenssteuer, weil ja real nichts übrig bleibt. Die Aktie ist eine ausgezeichnete Alternative mit guten Dividendenrenditen und attraktiven KGVs. Vermögenserhalt wird man mit Sparbüchern nicht schaffen. Die Zinssätze bleiben niedrig, damit die Staaten ihre Kredite zurückzahlen können. Das führt eben zu langsamer Enteignung der Sparer. Man muss vom Sparer zum Investor denken.

Cafe BE: Immofinanz hat die Chance oder die Bürde, eben extrem viele Privatanleger, rund die Population von Klagenfurt, wie ich gerade lernte, zu haben. Viele hatten das vom Strukturbetrieb in deutlich übergewichteter Variante im Vermögensmix. Okay, der Kursrückgang hat das relativiert. Was mich noch interessiert: Wie sieht es mit osteuropäischen Privataktionären aus?

Zehetner: Wir haben polnische Pensionsfonds an Bord, Privataktionäre in Osteuropa habe ich nicht so wahrgenommen. Eher Institutionelle. Das wird mehr werden, weil wir viel unterwegs sind auch in Osteuropa.

Cafe BE: Und Nordamerika? Zuletzt hörte ich von vielen, dass man einen Bogen um Nordamerika macht, weil dort Österreich nicht gut angeschrieben ist.

Zehetner. Es bessert sich wieder. Wir werden jetzt auch ein ADR-Programm machen. Das adressiert Privatanleger in den Staaten, da wird es entsprechende Roadshows geben, zB in Kürze in Kanada und der Ostküste. Im Sommer geht es an die Westküste, interessante Destinationen wie Santa Fe.

Cafe BE: Wie sieht der Aktionärsmix idealtypisch aus?

Zehetner: Ich habe da keine Wünsche, möglichst viele.

Cafe BE: Herr Hillen, Sino ist seit einem Jahr auch in Österreich unterwegs. Wie nehmen Sie den österreichischen Markt wahr? Welche österreichischen Aktien handeln Ihre Kunden, Sie fokussieren ja auf Heavy-Trader?

Ingo Hillen: Unsere Kunden handeln grundsätzlich das, was volatil und liquide ist. Zuletzt Commerzbank oder griechische Anleihen, vor allem die Kurzläufer. Österreich? Da kann ich mich an die heisse Phase der damaligen betandwin erinnern. Da habe unsere Kunden viel gemacht. Es ist da egal, ob Devisen oder Bundfuture – volatil und liquide muss es sein.

Cafe BE: Und aktuell in Österreich?

Hillen: Ich erinnere mich an betandwin, aber auch Immofinanz, auch mit den Anleihen. Sonst handelt der Kunde den deutschen Markt , da ist er näher an Research und Informationen dran.

Cafe BE: Was allen gemeinsam am Herzen liegt, ist der Themenkomplex Wissen, Seminare, Roadshows ...

Huber: Wir machen im Jahr rund 150 Seminare, Workshops, Investmentabende, Kaminabende in verschiedenen Bundesländern. Es gibt dazu in jedem Monat in jeder der acht Filialen ein Einsteigerseminar Online-Brokerage, weil wir einfach den Kunden die Technik näherbringen wollen. Wie kaufe ich? Wie verkaufe ich? Einige, die länger nicht aktiv waren, sind oft verwundert, was heute bereits alles geht. Wir machen jetzt auch Breakfast-Trading, hier kann man live sehen, wie Trader die Eröffnung handeln. Zertifikate, Charttechnik, auch die Anleihen werden immer wichtiger. Durch die Wertpapier-KESt ist es wichtger denn je, dass das Depot bei einer Bank konzentriert wird. Wir werden weiters eine Anleihedatenbank installieren. Man muss immer breiter werden und den Kunden mehr bieten. Der Markt wird nicht einfacher werden. Die KESt werden wir auch noch spüren, ich rechne mit 10 bis 20 Prozent Rückgang. Wir sind aber eine sehr starke Bank und es sieht gut aus. Das 1. Quartal war viel besser als erwartet.

Cafe BE: Die RCB ist Partner von Brokern und Banken, die Homepage ist informativ; man wendet regelmässig an Journalisten mit Info-Events.
Arbter: Ich möche zum zuvor gesagten noch etwas ergänzen. In Zeiten wie diesen ist ein breit aufgestelltes Portfolio das Richtige, ich glaube, dass es zwischen dem Feld aus Sparbuch und Aktie das Zertifikat als perfekte Alternative mit überschaubarem Risiko und sehr attraktiver Rendite gibt. Das gehört im Zusammenhang mit einem breit aufgestellten Portfolio noch viel stärker positioniert. Das bringt dem Kunden Mehrwert, ideal für Privatanleger. Das ist auch ein Schwerpunkt unserer Seminare; Zertifikate sind nicht leicht zugänglich, als grösster Anbieter dieser Produkte in Österreich haben wir Verantwortung und machen auch gerne bei Veranstaltungen – sei es nun bei Euch beim Börse Express oder bei den Brokern, aber auch der Wiener Börse – mit. Das Zertifikate Forum Austria gibt zudem viel Information über die Website. Transparenz und Klarheit, das sind die Dinge, die gefordert sind. Man darf den Investor nicht alleine lassen. Denn: Die Märkte bieten aktuell enorme Chancen. Bonuszertifikate oder Produkte mit Seitwärtsrendite waren schon lange nicht mehr so schön darstellbar wie jetzt.

Cafe BE: Was sind die häuftigsten Kundenfragen?

Arbter: Ein ganz grosser Fragenpunkt ist das allgemeine Thema. Was tut die Weltwirtschaft, was passiert in Griechenland?

Cafe BE: Das wollen die Anleger vom Zertifikate-Desk der RCB wissen?

Arbter: Ja, es ist ein grosses Informationsbedürfnis da. Wenn man jemanden kennt und denkt, eine kompetente Antwort zu bekommen, dann ruft man dort an. Und dann natürlich die Ableitung: Was soll man in diesem Umfeld tun? Soll man Aktien kaufen? Unsere Antwort ist dann meist, dass es nicht immer die Aktie sein muss, sondern dass es auch noch etwas anderes gibt, das sich in diesem Umfeld sehr interessant präsentiert.

Cafe BE: Ich dachte echt, die Leute fragen eher, wie ein Faktorzertifikat funktioniert.

Arbter: Ja, das gibt es natürlich auch, aber man muss sagen, dass es hier ja eine Fülle an Informationen auf den Websites gibt. Ich glaube, niemand hat so viel Information für die Anleger aufbereitet und bereitgestellt wie die Zertifikatebranche. Wenn ich wissen will, wie ein Faktorzertifikat funktioniert, schau ich auf die Homepages der Emittenten. Vor der Entscheidung, welches Zertifikat ich wähle, kommt die Investmentidee. Was glaube ich überhaupt, in welche Richtung es geht.

Cafe BE: Herr Siegl, ich habe auf der Webpage gelesen, dass es nun – wie im Vorjahr in einem Cafe BE avisiert – bei brokerjet mit den Anleihen losgeht. Zunächst werden Überträge eingebucht ....

Siegl-Cachedenier: Zunächst möchte ich mich den Vorrednern anschliessen. Es ist ganz essentiell, dass der Anleger Bescheid weiss, was er kauft. Wir sind mit unserer Akademie bereits vor zehn Jahren gestartet und haben im Jahr mittlerweile rund 15.000 Leute, die die Seminare und Veranstaltungen besuchen. Seit zwei Jahren setzen wir auch verstärkt auf das Thema Internet und Webinare, hier kann man stärker auf das Zeitbedürfnis der Kunden eingehen. Da gibt es auch One-on-Ones über das Internet, da werden spezifische Fragen ganz genau erklärt, es kann um die Plattform gehen, aber auch um Risikomanagement oder Strategien. Das kommt gut an und wird sicher ausgebaut. Stärker in den Mittelpunkt wollen wir auch das Live-Trading rücken. Das gefällt den Kunden, wenn sie sehen, was die Profis machen. Wie gross ist eine einzelne Position, wie geht man an die Sache heran? Das machen wir auch in Osteuropa, der Bedarf ist da und hoch. Jetzt zu den Anleihen. Das war etwas, das aufgrund des Trends zu steuerlich bedingten Konsolidierung der Wertpapierdepots, auf die Agenda gekommen ist. Wir haben da auf den Markt reagiert. Wir haben jetzt auch Seminare zu Anleihen und weiterhin stark zur Wertpapiersteuer, letztere sind die am stärksten nachgefragten. Überträge von Depots mit Anleihen zu brokerjet sind selbstverständlich bereits jetzt möglich.

Cafe BE: Und ab wann wird man Anleihen bei Euch kaufen und verkaufen können?

Siegl-Cachedenier: Ab Mitte Mai.

Cafe BE: Herr Hillen, Sino richtet sich an den Heavy Trader. Bitte definieren Sie mir mal den Heavy Trader ...

Ingo Hillen: Ab 10 Trades im Monat fängt es an, also 120 Trades im Jahr. Wir haben 600 Kunden, die machen ca. 120.000 Trades im Monat, der Durchschnitt liegt demnach bei 200 Trades im Monat. Ein paar Kunden machen auch mal 1000 Trades oder deutlich mehr als 1000 Trades im Monat.

Cafe BE: Sie haben MX-Pro als Ihr Tool, Ihre Plattform ...

Hillen: Genau, das ist für uns ganz wesentlich, dass wir eben sagen, wir sehen uns auch als Technologieführer an. Wir bieten das schnellste und stabilste, das man im Online-Brokerage bekommt. Wir haben Routingzeiten, also von der Ordereingabe bis an die Börse, im zweistelligen Millisekundenbereich. Eine Limitüberprüfung, sprich „hat der Kunde genug Geld“, dauert eine Millisekunde. Die Stabilität liegt bei 99,9x Prozent. Das ist Kern unseres Angebot, die schnellste und stabilste Plattform zu sein. Das haben wir in den vergangenen Jahren gut hinbekommen.

Cafe BE: Mich interessieren noch weitere Zahlen. Wieviele Heavy Trader gibt es in Österreich bzw. Deutschland Ihrer Meinung nach?

Hillen: Es gibt ganz ganz wenige, einige tausend werden es in Deutschland sein, in Österreich eine grössere dreistellige Zahl. Es ist eine relativ kleine Community, die aber erstaunlich gut vernetzt ist. Mundpropaganda spielt eine Rolle.

Cafe BE: Sie haben ja auch eine Akadamie, die Sino-Akademie, bitte auch da ein paar Worte dazu.

Hillen: Die Sino-Akademie richtet sich sowohl an Kunden als auch an Interessenten, wir machen das mehrmals im Jahr. Das Thema Ausbildung spielt bei uns gar keine Rolle, da wir nur erfahrene Kunden haben wollen. Da geht es um absolute Fachthemen: Was ist der Vorteil von Discretionary Orders? 

Wie kann man über eine API handeln? 

Wie lassen sich die Kurse einer Aktie für alle Handelsplätze gleichzeitig aufrufen? 

Und wie funktioniert das Short Selling von Aktien?
 Solche Dinge. Wir haben immer interessante Referenten wie zB Alexander Hirsekorn von Wellenreiter-Invest. Oder Lars Feld, einer der fünf Wirtschaftsweisen, er war im November. Da waren 80 Leute zu Gast. Teilweise bringen Kunden auch andere mit. Das ist wichtig für uns, wir sind in einer sehr kleinen Nische unterwegs.

Cafe BE: Sie erwähnten zuvor griechische Anleihen, wie wichtig ist das Thema Anleihen bei einer Plattform wie Ihrer geworden oder war es das immer schon?

Hillen: Nein, da sehen wir schon eine deutliche Zunahme in den vergangenen beiden Jahren. Die griechischen Anleihen hatte ich erwähnt, aber auch deutsche Anleihen sind gefragt, wir arbeiten u.a mit Schnigge zusammen. Da gibt es schon Kunden, die mal eine halbe Million zeichnen. Der Mittelstandsmarkt bei Anleihen ist spannend, da wird auch gehandelt.

Cafe BE: Wirklich gehandelt?

Hillen: Ja, durchaus auch einmal kurzfristig.

Cafe BE: Sonst wäre es ja fast nicht ganz im Sinne des Erfinders, wenn viel in Bonds geparkt wird und Jahre später getilgt.

Cafe BE: Herr Huber, wie sieht das bei direktanlage.at aus?

Huber: Das Thema Griechenland haben wir auch gesehen, wenngleich nicht so stark wie in Deutschland. Es ist ingesamt nicht so die Gattung, in der sehr viele Transaktionen stattfinden. Zuletzt haben wir einen Rückgang gesehen, weil auch das Zinsniveau zurückgegangen ist. Unter anderem auch durch die Geldschwemme der EZB.

Cafe BE: direktanlage.at bietet auch sehr kompetitive Verzinsungen auf Einlagen an. Ist es Ziel, die gesamte Asset Allocation anzubieten?

Huber: Es spielt auch herein, dass wir Sparern das Investieren zeigen wollen. Viele sind ja ausschliesslich in Sparprodukten.

Cafe BE: Frau Arbter, die Bedeutung der Zertifikate für die Asset Allocation haben wir besprochen. Welche Produkttrends sehen Sie im Jahr 2012 für die Zertifikatebranche?

Arbter: Das ganze ist sehr abhängig von den Märkten. Für den Privatinvestor ist der Sparbuchzins die Benchmark. Die Tendenz ist, dass die Zinsen niedrig bleiben werden. Der Kunde sucht Alternativen. Je ruhiger sich die Börsesituation darstellt, desto risikobereiter sind die Kunden. Wir merken dann sofort, dass man zB eine Barriere bei einem Bonuszertifikat ein bisschen höher wählt. Oder die neuen Faktorzertifikate, die gut nachgefragt sind. Ohne Knock-Out-Ereignis, aber trotzdem den Hebel liefernd. Es geht stärker in das Marktrisiko. Rendite bekommt man entweder über Credit Risk, zB bei Unternehmensanleihen, oder eben über das Marktrisiko. Wir sehen den Trend zum Marktrisiko.

Cafe BE: Herr Siegl, Asset Allocation Broker. Ist das für brokerjet auch ein Ziel, die komplette Palette anzubieten? Anleihen kommen, ev. auch Sparthemen?

Siegl-Cachedenier: In Richtung Beratung werden wir nicht gehen, da würden wir an Filialen vermitteln. Bei Anleihen werden wir auch den Bestandskunden Überträge anbieten und die Spesen übernehmen. Rund um dieses Thema werden wir sehr aktiv sein.

Cafe BE: Herr Hillen, Sino ist börsenotiert, die Performance ist incl. Dividenden sehr gut, die Market Cap liegt bei etwas mehr als 10 Mio. Euro ...

Hillen: Genau, wir haben kumuliert 6 Euro Dividenden gezahlt, mehr als die aktuelle Market Cap. Die Performance ist sehr okay, aber nicht überragend.

Cafe BE: Inwieweit war der Börsegang eine Marketingmassnahme? Würden Sie es wieder tun?

Hillen: Auf jeden Fall, wir hatten beim IPO eine Kapitalerhöhung gemacht, es haben sich Kunden beteiligt. In der Spitze hatte sich der Kurs versiebenfacht, da war mit gutem Timing viel möglich. Natürlich bringt eine Börsenotiz viel Visibilität, wir waren einmal Aktie der Woche in der FAZ.

Cafe BE: Ich habe gelesen, dass Sie beständig schwarze Zahlen schaffen. Das ist eine Leistung. Wo liegt Ihr potenzielles Wachstum? Mehr Heavy Trader oder dass die bestehenden Heavy Trader noch mehr heavy traden?

Hillen: Mehr Märkte, breitere Angebote. Wir haben jetzt Chi-X addiert, mit extrem günstigen Konditionen für Standardwerte in Europa. Wir wollen den Leuten so viel wie möglich Börsenaccess geben. Natürlich gibt es auch viele Heavy Trader in Deutschland, die wir noch gerne als Kunden hätten. Wir sind 1998 gegründet worden, der Kunde Nr. 8 war der erste Heavy Trader, da sind wir auch dabei geblieben.

Cafe BE: Sind Sie auch aktiv?

Hillen: Ich verfolge den Markt sehr intensiv, lege auch mein eigenes Geld an, bin aber kein Heavy Trader.

Cafe: Der 1.4. naht, die KESt kommt. Ich glaube, der österreichische Privatanleger wird weniger machen. Was glaubt die Runde?

Huber: Meine Meinung ist, dass die Umsätze zunächst um 10-15 Prozent zurückgehen werden. Langfristig wird die KESt nur wenig Auswirkungen haben, man sieht das auch in Deutschland, wo wir um 5 bis 7 Prozent Rückgang gesehen haben. Anfangs wird es mehr sein, da die Unsicherheit da ist und man auch im ersten Jahr die Verluste noch nicht gegenrechnen kann. Da wird das Volumen des Kunden ein bisschen leiden. Das wird sich 2013 relativieren. 2014 sollte sich das wieder eingespielt haben. Leider kann man keine Verlustvorträge mitnehmen, das ist in Deutschland viel besser gelöst. Auch das könnte Auswirkungen haben, aber überschaubar. Es ist trotzdem keine faire Lösung.

Siegl-Cachedenier: Ich glaube, dass wir den grösseren Einschnitt schon im Vorjahr gesehen haben. Der Effekt nach dem 1.4. wird kleiner sein. Leider ist es eine Barriere für neue Leute, das ist meiner Meinung nach das Negativste. Wenn man sich mögliche neue Börsegänge anschaut, dann war das kein positives Signal..

Cafe BE: Zertifikate und der 1.4.. Nicht mehr viel, oder?

Arbter: Es hat im Vorjahr ein paar gute Fenster gegeben. Jetzt ist es weitgehend gleichgestellt, das war ein Ziel, das ist gelungen. Auch wenn wir die Gleichstellung anders gesehen hatten.

Hillen: Für unsere Heavy Trader wäre die österreichische Lösung im Jahr 2012 eine, bei der viele im 2. Quartal kein Geld mehr hätten, weil sie so häufig drehen und erst zum Jahresende den Ausgleich bekommen würden.

Huber: Wir werden uns überlegen müssen, ob wir für die Steuergutschrift einen kostenlosen Rahmen anbieten werden. Das wird wohl kommen.

Siegl-Cachedenier: Auch wir denken eine Lösung mit einem Rahmen an.

Cafe BE: Stichwort Osteuropa. Wie wichtig ist der osteuropäische Anleger? Ich möchte da mit der RCB beginnen, Sie waren ja zuletzt öfter in Osteuropa unterwegs, Frau Arbter ...

Arbter: Ein ganz wichtiges Thema. Es gibt grosses Potenzial, viele Listings an den Börsen. Ein guter Platz, um Produkte zu launchen, auch, weil sich viel grosse Banken zB aus Polen zurückziehen. Raiffeisen sagt, „wir sind gekommen, um zu bleiben“, und das meinen wir auch so.

Siegl-Cachedenier: Tschechien, Slowenien und seit kurzem auch Polen, das ist für uns wichtig. Wir werden auch eine grössere Veranstaltung in Zakopane machen. Wir sehen Wachstum in Osteuropa.

Cafe BE: Ist die Risikoaffinität in Osteuropa höher?

Siegl-Cachedenier: Ein wenig.

Cafe BE: Und wie sieht das bei Sino aus, Herr Hillen?

Hillen: Wir haben in erster Linie deutsche Kunden, sonst breit gestreut, aber nicht wirklich mit Schema.


Interview: Christian Drastil
Fotos: Michaela Mejta
http://www.boerse-express.com/cat/diasho...


(02.04.2012)

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Christian Drastil
Der Namensgeber des Blogs. Ich funktioniere nach dem Motto "Trial, Error & Learning". Mehrjährige Business Pläne passen einfach nicht zu mir. Zu schnell (ver)ändert sich die Welt, in der wir leben. Damit bin ich wohl nicht konzernkompatibel sondern lieber ein alter Jungunternehmer. Ein lupenreiner Digital Immigrant ohne auch nur einen Funken Programmier-Know-How, aber - wie manche sagen - vielleicht mit einem ausgeprägten Gespür für Geschäftsmodelle, die funktionieren. Der Versuch, Finanzmedien mit Sport, Musik und schrägen Ideen positiv aufzuladen, um Financial Literacy für ein grosses Publikum spannend zu machen, steht im Mittelpunkt. Diese Dinge sind mein Berufsleben und ich arbeite gerne. Der Blog soll u.a. zeigen, wie alles zusammenhängt und welches Bigger Picture angestrebt wird.
Christian Drastil

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