… gibt es nicht, dessen sind wir uns alle sicher. Es gibt aber ganz offensichtlich bessere und schlechtere Geschäftsmodelle aus der Sicht des Value Investors. In diesem Artikel möchte ich darüber philosophieren und ich lade Euch alle herzlich dazu ein, Euren Senf dazu beizutragen. Welche Merkmale machen ein gutes Geschäftsmodell aus?
Zu diesem Zweck möchte ich die unternehmerische Tätigkeit in vier verschiedene Bereiche einteilen: die Absatzseite, die Beschaffungsseite, den unternehmensinternen Bereich und das Umfeld. Die Absatzseite betrifft die Schnittstelle des Unternehmens mit seinen Kunden, die Beschaffungsseite betrifft sämtliche Inputfaktoren, der unternehmensinterne Bereich betrifft die Phase der Erbringung der Dienstleistung bzw. die Herstellung des Produktes und das Umfeld meint vor allem Wettbewerb und Regulierung. In diesen vier Bereichen lassen sich schon bei etwas Überlegung viele verschiedene Stärken und Schwächen identifizieren. Ein paar davon habe ich nachfolgend zusammengetragen.
Zunächst halte ich es grundsätzlich für vorteilhaft, viele verschiedene Kunden zu haben. Diese Kunden sollen zahlungskräftig sein, eine Branche bilden, die derzeit einen Aufschwung erfährt und wenn möglich sollen sie in starkem Wettbewerb zueinander stehen. Ideal ist, wenn man an diese Kunden nicht auf Ziel verkaufen muss, sondern bar, ohne dafür Rabatte gewähren zu müssen. Noch besser ist es in diesem Zusammenhang natürlich, wenn man von den Kunden schon Anzahlungen bekommt, bevor man die eigene Leistung überhaupt erbracht hat. Sehr hilfreich kann es sein, wenn die Kunden ihre Kaufentscheidung (auch) aufgrund von emotionalen Faktoren treffen, und nicht eiskalt rational das Für und Wider abwiegen.
Dieser Bereich meint nicht nur die Rohstoffe, die zur Erbringung einer unternehmerischen Tätigkeit notwendig sind, sondern breit gefasst alle Input-Faktoren, die mit einfließen, also auch beispielsweise das eigene Personal. Die ersten Sätze von der Absatzseite lassen sich hier mit wenigen Abänderungen übernehmen. Es ist vorteilhaft, viele verschiedene Lieferanten zu haben, die im Fall des Falles schnell substituierbar sind. Der Lieferant soll ständig knapp bei Kasse sein. Auch die Lieferanten sollen untereinander in starkem Wettbewerb stehen. Sie gewähren üppige Zahlungsziele und selbst bei Verkauf auf Ziel Rabatte, nur um ihre Ware loszuwerden. Wichtig ist, dass die Beschaffung auch funktioniert, ohne dass ein bestimmter Lieferant besonders eng in die eigenen Geschäftsprozesse eingebunden sein muss. In Bezug auf das Personal gilt Ähnliches: auf dem Arbeitsmarkt soll idealerweise ein Überangebot an Interessenten vorherrschen, gleichzeitig vermeidet man aber Abhängigkeiten vom Know How einzelner Mitarbeiter.
Die Erbringung der unternehmerischen Tätigkeit erfolgt idealtypischerweise ohne lange Durchlaufzeiten, es sind also keine mehrjährigen Planungen und Meilensteine für ein einzelnes Projekt notwendig. Die internen Prozesse lassen sich am Besten völlig nach Schema F standardisieren, so dass keine übermäßigen Anpassungen notwendig sind. Die Produktion/Erbringung birgt üppige Skaleneffekte. Es sind keine umfangreichen Kapitalinvestitionen vorab und/oder in regelmäßig wiederkehrenden Abständen erforderlich, um die Tätigkeit zu erbringen.
Man agiert am Besten in Form eines Monopols oder zumindest in Form eines Oligopols. Die Preissetzung kann frei erfolgen, ohne dass staatliche Vorgaben dafür existieren. Überhaupt gibt es kein übermäßig kompliziertes gesetzliches Regelwerk, dessen Implementierung vorausgesetzt wird, um die unternehmerische Tätigkeit entfalten zu können.
Soweit, so gut. Ich bin mir durchaus bewusst, dass kein Unternehmen existiert, das alle diese Merkmale erfüllt und gleichzeitig Wettbewerbsvorteile derart genießt, dass es möglichst dauerhaft hohe Kapitalrenditen einfährt. Aber: spannend sind aus meiner Sicht vor allem die Fälle, wo ein Unternehmen erstens in einem oder mehreren zuvor genannten Bereichen die wichtigsten Merkmale erfüllt, also sehr viele strukturelle Stärken vorliegen und zweitens in einem bestimmten anderen Bereich strukturelle Nachteile für alle vorherrschen, mit denen ein Unternehmen aber aus irgendeinem Grund besser umgehen kann, als die anderen. Das ist dann nichts anderes als der allseits bekannte Wettbewerbsvorteil, der „Moat“, der sich nach diesen Ausführungen aber quasi umgekehrt definiert, nämlich dass man mit einer immanenten Schwäche des Geschäftsmodells besser umgehen kann, als alle anderen Mitbewerber. Als Beispiel in der Computerchip-Entwicklung: es sind zwar äußerst üppige Investitionen in R&D erforderlich, um eine neue Generation von Chips zu entwickeln, es weist das branchenspezifische Geschäftsmodell also eine der obgenannten Schwächen auf. Das Unternehmen, das die meisten Chips verkauft, kann mit dieser branchenimmanenten Schwäche aber besser umgehen, weil es die Fixkosten bekanntlich auf mehr Stücke aufteilen kann.
Für die Analyse von Geschäftsmodellen und die Suche nach dauerhaften Wettbewerbsvorteilen kann diese Einsicht bedeuten, dass man methodisch auch anders vorgehen kann. Man analysiere in der jeweiligen Branche vor allem die immanenten Schwächen (zum Beispiel im Maschinenbau die teilweise jahrelangen Projektdurchlauflaufzeiten) und suche dann das Unternehmen, das diese Schwächen aus irgendeinem Grund am Besten handhaben kann.
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