In den letzten Tagen habe ich etwas im Halbjahresbericht 2015 der Österreichischen Post AG (ISIN AT0000APOST4) geschmökert und mir Gedanken zum Unternehmen und seinen operativen Aussichten gemacht. In diesem Artikel möchte ich darauf eingehen. Zunächst sei aber unbedingt darauf hingewiesen, dass die hier getroffenen Aussagen abgesehen von jenen Daten, die aus dem Bericht der Post stammen, lediglich Vermutungen meinerseits sind und deshalb eine rein subjektive Sicht der Dinge darstellen. Sie sollten daher nicht für bare Münze genommen werden, sondern nur als Gedankenanstoß dienen.
Wenn man über ein Unternehmen und seine Zukunftsaussichten nachdenkt, ist es kein Fehler, sich anzusehen, womit es derzeit sein Geld verdient. Bei der Österreichischen Post ist das überblicksartig einfach erklärt. Man hat zwei operative Segmente, nämlich einerseits die Sparte „Brief, Werbepost und Filialen“ und andererseits die Sparte „Paket und Logistik“. Die erste Sparte erwirtschaftet ihre Umsatzerlöse mit der Zustellung von Briefen, adressierter und unadressierter Werbung, Zeitungen und Magazinen sowie ergänzenden Umsätzen in Filialen der Post, wo verschiedene Dinge, wie beispielsweise Büromaterial oder elektronische Geräte von Partnern vertrieben werden. Die zweite Sparte verdient ihr Geld insbesondere mit der Zustellung von Paketen. Etwas weniger als zwei Drittel der Umsatzerlöse entstehen in der ersten Sparte, der Rest in der zweiten. Hier sehe ich das erste große Problem. Jede einzelne Subsparte hier hat mit erheblichem Gegenwind aufgrund bestimmter Makrotrends zu kämpfen:
Der Bereich „Pakete und Logistik“ demgegenüber ist zumindest umsatzseitig der Wachstumsmarkt der Post. Durch das wachsende e-Commerce-Geschäft werden immer mehr Pakete zugestellt. Auch die Post profitiert hier logischerweise davon. Es gibt aber auch hier erhebliche Probleme:
Das Paketgeschäft ist enorm wettbewerbsintensiv und erfordert aber trotzdem regelmäßige Kapitalinvestitionen (in Lager, Logistik und Transportmittel). Die EBIT-Marge der Post im Paketgeschäft ist bei unter 3%. Demgegenüber liegt sie in der Sparte „Briefe, Werbung und Filialen“ bei fast 19%. Ich sehe auch keinen Hinweis, warum sich die Wettbewerbsintensität hier bessern sollte, vor allem wenn auf der Auftraggeberseite des Paketzustellers ein allmächtiger Monopolist (Amazon) steht. Ehrlich gesagt glaube ich sogar, dass die Zustellung geradezu prädestiniert für einen Online-Händler ist, um selbst dort Kapazitäten aufzubauen. In einem alten Interview sagte Jeff Bezos mal, „seine“ Drohnen könnten 86% aller Pakete von Amazon rein vom Gewicht her bewältigen.
Diese Kombination aus „altem Kerngeschäft mit guten Margen“, das zwangsläufig deutlich schrumpfen wird und Wachstumsanstrengungen hinein in einen „Wachstumsmarkt“, der aber so wettbewerbsintensiv ist, dass dort nichts zu verdienen ist, gefällt mir überhaupt nicht.
Die Post ist ein Unternehmen, dessen Anteilsmehrheit nach wie vor in den Händen des Staates liegt. Knapp 53% werden vom Staat über seine Holding ÖIAG/ÖBIB gehalten. Ich bin bei weitem kein Turbokapitalist, der meint, alles müsse vollständig privatisiert werden, damit es überhaupt funktionieren kann. Von daher ist eine staatliche Mehrheit nicht per se ein Ausschlussgrund bei einem Investment für mich. Die Vergangenheit hat aber des Öfteren gezeigt, dass staatsgeführte Unternehmen nicht gerade innovativ und proaktiv agiert haben, wenn sie sich einem rapiden technologischen Umbruch ausgesetzt sahen. Die Entwicklung der Telekom Austria über die letzten zehn Jahre spricht hier Bände.
Eng mit dieser Staatsmehrheit verbunden ist logischerweise die Dividendenpolitik der Post. Es wird im Prinzip das gesamte Ergebnis ausgeschüttet. Man positioniert sich als „Dividendenpapier“ am Kapitalmarkt, was aus der Perspektive eines Value Investors natürlich kein Investitionskriterium sein kann. Sich automatisch zu einer Dividende zu bekennen, unabhängig davon wie die operativen Herausforderungen aussehen, unabhängig davon, wie der Aktienkurs steht (sodass möglicherweise ein Rückkauf mehr bringen würde), ist aus ökonomischen Gesichtspunkten einfach irrational. Aber der Staat ist auf die Dividendenzahlungen angewiesen, bis er sie eben nicht mehr kriegt. Aber bis es soweit gekommen ist, macht sich dort sicher niemand Gedanken darüber, ob es wirtschaftlich vertretbar ist, Geld aus dem Unternehmen zu ziehen.
Ein weiterer struktureller Nachteil, der auch mit der staatlichen Dominanz zu tun hat, ist die Kostenstruktur der Post. Die Personalaufwandsquote liegt bei fast 47% des Umsatzes und ist mit Abstand der größte Kostenpunkt. Erstens ist ein Teil der Belegschaft beamtet. Zweitens wage ich zu behaupten, dass auch bei den nicht beamteten Mitarbeitern aufgrund der Staats- und Politiknähe die rationalen Überlegungen in der Personalwirtschaft überdurchschnittlich stark von ideologischen Überlegungen dominiert werden.
Umso mehr erstaunt mich angesichts der genannten operativen Probleme und der strukturellen Bedenken die momentane Bewertung der Aktie. Bezogen auf das Jahresergebnis 2014 wird die Aktie derzeit mit einem KGV von etwa 15,7 gehandelt. Wenn man das Halbjahresergebnis 2015 hochrechnet, ändert sich daran auch nicht viel (noch immer etwa 15). Hier drängt sich mir schon die Schlussfolgerung auf, dass der Kurs fast ausschließlich von der momentan noch attraktiven Dividende getragen wird, die derzeit eine Dividendenrendite von gut 5,7% verursacht.
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