In Rahmen des follow-up-Artikels über die Titon Holdings plc1 sind einige Fragen aufgetaucht, deren Beantwortung ich schuldig geblieben bin und die ich durch eine weitere Recherche heute vormittag beantworten möchte. Ich habe in der Analyse eines neuen Unternehmens generell die Angewohnheit, dass ich Fragen, die ich vorerst nicht mit relativ geringem Zeitaufwand beantworten kann, an die Investor Relations-Abteilung weiterleite und dann ein paar Tage warte. So gewährleistet man erstens, dass man sich nicht von ein paar positiven Aspekten in einem Unternehmen überwältigen lässt und überhastet kauft, zweitens merkt man, wie sehr die IR bzw. in manchen Fällen bei kleineren Unternehmen sogar das Management selbst sich um Aktionärsbelange kümmert und welchen Eindruck dass es bei der Beantwortung dieser Fragen vermittelt. So werde ich auch bei der Titon vorgehen. Im Folgenden sind die zuletzt offenen Fragen, soweit ich sie selbst beantworten konnte, behandelt.
Wie könnte der Bauzyklus in Südkorea derzeit aussehen?
Diesbezüglich hat das Management im letzten Ausblick ohnehin schon darauf hingewiesen,dass man mit einer Abschwächung der Dynamik rechnet und deshalb subsidiär den Markteintritt neuer Produkte in Erwägung zieht.
Über den südkoreanischen Immobilienmarkt habe ich einen interessanten Artikel im World Property Journal2 gefunden. Wie fast überall hat es auch in Südkorea ab Mitte 2008 fallende Immobilienpreise gegeben, die sich dort ab Ende 2013 wieder gefangen haben und seitdem steigen. Für 2014 hat Nomura ein Wachstum von 3 Prozent, für 2015 eines von 5 Prozent prognostiziert (die Quelle ist allerdings schon einige Monate alt). Steigende Hauspreise sollten die Bautätigkeit eigentlich beflügeln. Der Artikel erklärt außerdem in Kürze das – aus meiner Sicht etwas eigenartige – Mietsystem Südkoreas mit dem Namen „Jeonse“: Der Mieter übergibt dem Vermieter zu Beginn des Mietverhältnisses einen größeren Betrag, den der Vermieter nach seinem Belieben reinvestieren darf. Die Erträge aus dem Investment kann der Vermieter behalten, das Kapital muss er dem Mieter am Ende des Mietverhältnisses wieder retournieren.
Außerdem zeigt der genannte Artikel am Ende, dass die Regierung die Immobilienpreise in Südkorea eher durch Verknappung des Angebotes zu stützen scheint, wurden doch die Baubewilligungen drastisch reduziert. Demnach wird die Vermutung von vorhin, steigende Preise könnten die Bautätigkeiten befeuern, relativiert und der vorsichtige Ausblick des Managements wird verständlicher. Es wäre wahrscheinlich zu optimistisch, wenn man die Wachstumszahlen der Titon in Südkorea aus den letzten beiden Jahren in die Zukunft rechnet. Konservativerweise würde ich hier eher mit einem stagnierenden bis maximal moderat wachsenden Geschäft rechnen.
Wie funktioniert das „affordable home programme“?
Die britische Regierung liefert auf ihrer Internetseite3 Daten zu diesem Programm. Über einen Zyklus von 2011 bis 2015 wurde der Fonds mit 4,5 Mrd. GBP dotiert und unterstützt eine Kombination aus Mietbeihilfen und Kaufzuschüssen, wobei letzteres den geringeren Teil ausmacht.
Der aktuelle Zyklus 2015 bis 2018 scheint nur mit 1,7 Mrd. GBP gespeist zu sein4. Grundsätzlich dürfte das Programm so funktionieren, dass sich Immobilienentwickler als „Investment Partner“ bei der Regierung anmelden und dann mit Finanzmitteln aus diesen Fonds bedacht werden, mit denen dann Neubauprojekte realisiert werden. Zum Teil wird der Fonds am Beginn des jeweiligen Zyklus verteilt, ein anderer Teil der Mittel wird währenddessen bewilligt. Dies nennt man „continuous market engagement“.
Was ist die Funktionalität des neuen Produktes „Aurastat“?
Diese ist auf der Homepage des operativen Geschäfts von Titon erklärt.5 Aurastat ist ein Controller, der zur Bedienung einer bereits vorhandenen Titon-Belüftungseinheit gedacht ist. Wahrscheinlich wird er so konzipiert sein, dass er für Konkurrenzprodukte nicht funktioniert. Hier tue ich mir schwer, auch nur irgendwie das Potenzial abzuschätzen, weshalb ich die Frage nach den Hoffnungen in diesem Produkt an das Management weiterleiten werde.
Generell ist der Produktkatalog genauer zu untersuchen
Der Produktkatalog ist ebenfalls auf der Homepage des Unternehmens aufzurufen.6 Meine Eindrücke nach einem kurzen Einblick in die wichtigsten Kategorien laufen ganz eindeutig darauf hinaus, dass es sich bei ziemlich allen Produkten des Unternehmens um undifferenzierbare Massenware ohne besonders schwer reproduzierbare technische Features handelt. Ich glaube nicht, dass in einem Geschäftsmodell, wo man mit dem Absatz sehr stark von sozialem Wohnbau abhängig ist, Marken eine große Rolle spielen. Demnach ist der einzige denkbare Wettbewerbsvorteil auf größerer Basis die Kostenführerschaft. Abgesehen davon könnten vielleicht Bauträger, die öffentliche Fördermittel erhalten, eher gezwungen sein, lokale Zulieferer wie Titon zu wählen. Große Preissetzungsmacht sehe ich aber so oder so nicht, weshalb ich langfristig nicht von der Möglichkeit einer überdurchschnittlichen Rentabilität des Geschäfts ausgehe.
Mehrjahresentwicklung der Ertrags-, Finanz- und Cashflowzahlen sowie diverser Aufwandsquoten
Ich habe mir einige wichtige Kennzahlen aus der GuV und dem Cashflowstatement der letzten 7 Jahre angesehen.
GuV | 2013/14 | 2012/13 | 2011/12 | 2010/11 | 2009/10 | 2008/09 | 2007/08 |
Umsatz | 19,256 | 15,740 | 14,548 | 15,995 | 15,609 | 14,053 | 16,375 |
Umsatzkosten | -13,926 | -12,059 | -11,668 | -12,376 | -11,438 | -10,993 | -12,803 |
Rohertrag | 5,330 | 3,681 | 2,880 | 3,619 | 4,171 | 3,060 | 3,572 |
Vertriebskosten | -578 | -554 | -665 | -622 | -670 | -625 | -762 |
Verwaltungskosten | -3,624 | -3,134 | -3,186 | -2,992 | -2,833 | -2,654 | -2,958 |
sonstiges | 12 | 237 | |||||
operativer Gewinn | 1,140 | 230 | |||||
Finanzerträge | 5 | 13 | |||||
Ergebnis aus ass. Unternehmen |
188 | 262 | |||||
Vorsteuergewinn | 1,333 | 505 | |||||
Steueraufwand | -56 | -29 | 247 | 155 | -199 | 8 | -205 |
Konzernergebnis | 1,277 | 476 | -737 | 189 | 407 | -210 | -264 |
Minderheiten | 378 | 173 | |||||
Gewinn für Mutter | 899 | 303 | |||||
Umsatzkostenquote | 72.32% | 76.61% | 80.20% | 77.37% | 73.28% | 78.23% | 78.19% |
Vertriebskostenquote | 3.00% | 3.52% | 4.57% | 3.89% | 4.29% | 4.45% | 4.65% |
Verwaltungskostenquote | 18.82% | 19.91% | 21.90% | 18.71% | 18.15% | 18.89% | 18.06% |
Abschreibungen | 564 | 654 | 613 | 635 | 598 | 646 | 678 |
operativer cashflow | 637 | 833 | -257 | 640 | 703 | 977 | 1,791 |
CAPEX | 386 | 408 | 623 | 735 | 496 | 263 | 445 |
Free Cashflow | 251 | 425 | -880 | -95 | 207 | 714 | 1,346 |
Durchschnittlicher fcf | 281 | ||||||
Durchschnittliche Absch. | 626.86 | ||||||
Durchschnittliche Capex | 479.43 |
Man sieht, dass die Capex im Schnitt deutlich geringer waren, als die Abschreibungen. Außerdem ist wirklich bemerkenswert, dass mit steigendem Umsatz die Vertriebskosten, sowie die Umsatzkosten quotal betrachtet gesunken sind. Bei den Umsatzkosten denke ich an gewisse Skaleneffekte in der Herstellung, bei den Vertriebskosten möglicherweise an die standardisierte Zusammenarbeit mit den sozialen Bauträgern, die nicht so viel Werbeaufwand erfordert. Steuern wurden wirklich kaum welche bezahlt, teilweise sogar Refundierungen erhalten.
Der durchschnittliche free cashflow dürfte allerdings insgesamt etwas höher anzusetzen sein, da insbesondere im abgelaufenen Jahr 2013/14 die Lieferforderungen zum Ende des Jahres hin deutlich angestiegen sind. Unter der Voraussetzung, dass hier niemand ausfällt, wird der fcf im laufenden Jahr deutlich höher sein. An einen Ausfall glaube ich nicht in großem Maße, da die Projekte in GB quasi indirekt durch die Regierung finanziert werden.
Könnte die tatsächliche Nutzungsdauer der Sachanlagen tatsächlich höher sein als die lineare Abschreibung?
Hier kann ich beim besten Willen nicht sagen, ob das zutrifft, weshalb ich diese Frage ebenfalls ans Management weiterleiten werde. Zumindest von der Art der Produkte her (Massengüter ohne besondere spezielle Funktionen) kann ich mir nicht vorstellen, dass hier regelmäßig extrem viel Modernisierungsaufwand erforderlich ist.
Was gab es in 2012/13 für einen Sonderertrag?
Hier hat man eine Ausgleichszahlung nach einem Vergleich mit Nuaire Ltd. erhalten. Diese Geschichte ist für mich als Einmaleffekt zu betrachten und ist dementsprechend aus der möglichen durchschnittlichen Ertragskraft herauszurechnen. In der möglichen abschließenden Bewertung ist also davon auszugehen, dass die durchschnittliche Ertragskraft und der durchschnittliche fcf etwas niedriger ist, als in der obigen Berechnung.
Wie hoch ist ein etwaiger Verlustvortrag und wie lange ist er noch gültig?
Auf die Schnelle konnte ich hier keine schlüssige Erklärung aus den Unternehmensunterlagen finden, weshalb ich diese Frage an das Management weiterleiten werde.
Konditionen des Aktienoptionsplanes
Laut der Erläuterung der „earnings per share“-Berechnung für das abgelaufene Geschäftsjahr stehen ca. 209,5 Tsd. Optionen aus. Die Konditionen der Ausübbarkeit der Optionen ist beispielsweise im Jahresabschluss 2012/13 auf S. 19 erklärt und lautet wie folgt: „The exercise of options granted under all share option schemes is dependent upon the growth in the earnings per share of the Company, over any three consecutive financial years following the date of grant, exceeding the growth in the retail price index over the same period by at least 9 per cent.”
Ich finde diese Konditionen, also die Abhängigkeit der Ausübbarkeit von einem inflationsbereinigten Wachstum im Gewinn je Aktie, ehrlich gesagt äußerst fair gegenüber den Aktionären.
Warum sind die Vertriebskosten so niedrig und quasi unabhängig vom Umsatz?
Auch diese Frage wird an das Management gehen.
Zwischenfazit
Ich konnte wieder einige Dinge über das Unternehmen in Erfahrung bringen, allerdings ist mein Wissenstand noch immer nicht hoch genug, um abschätzen zu können, wie hoch die Ertragskraft in Zukunft in etwa sein könnte. Dies ist aber dafür notwendig, um eine Investmententscheidung treffen zu können. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es also eine weitere Beschäftigung mit diesem Unternehmen geben.
Eine administrative Anmerkung noch: Morgen, am Tag des Herrn, wird es ausnahmsweise mal keinen neuen content im Bargain Magazine geben.
1 http://bargain-magazine.com/follow-titon-holdings-plc/
5 http://www.titon.co.uk/pages/products/ventilation-systems/mvhr/aurastat.php
6 http://www.titon.co.uk/pages/products.php
Der Beitrag Titon Holdings – Volume 3 erschien zuerst auf Bargain.
» Börsepeople im Podcast S16/15: Elvira Kara...
» Börse-Inputs auf Spotify zu u.a. 11+7+1 Aw...
» Österreich-Depots: Stockpicking Österreich...
» Börsegeschichte 23.12.: SBO (Börse Geschic...
» PIR-News: Porr beabsichtigt Zukauf, Neuer ...
» Wiener Börse Party #808: 11 Number One Awa...
» Nachlese: Stefan Scharff und audio-cd.at w...
» Wiener Börse zu Mittag etwas fester: Erneu...
» Börsepeople im Podcast S16/14: Stefan Scharff
» Börse-Inputs auf Spotify zu u.a. Stefan Sc...
» SW Umwelttechnik: Beschlussvorschlag einge...
Am 4. Mai 2017 findet für die SW Umwelttechnik die jährliche Hauptversammlung statt. D...
» SW Umwelttechnik: Ist ein KGV von unter 5 ...
Disclaimer: Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass ich Aktionär der in diesem Artike...
» SW Umwelttechnik: Geschichte und Geschäfts...
Wie in dem im Januar dieses Jahres gestarteten Aufruf angesprochen möchte ich im Rahmen ein...
» Veränderungen im Muster-Portfolio von Barg...
Es hat ein paar kleine Veränderungen im Musterportfolio gegeben, über die hier kurz be...
» Aufruf an den Streubesitz der SW Umwelttec...
Ich habe vor einiger Zeit in einem Quickcheck für das Bargain Magazine den österreichi...