Capital Markets Union: Politiker und Bürger leben in der Vergangenheit (Wilhelm Rasinger)

Viele Österreicher haben bis heute noch nicht realisiert, dass die Zeiten einer „Insel der Glückseligen“ längst vorbei sind. In den letzten Jahren haben sich durch die Globalisierung und den EU-Beitritt, sowie durch Neuerungen vor allem in der IT-Branche die wirtschaftlichen Bedingungen rasant geändert. Wesentliche Entscheidungen fallen in anderen Teilen der Welt, wir sind eher mit den lokalen und regionalen Problemen intensiv beschäftigt. Demgegenüber diskutieren in der EU Politiker und Experten intensiv die Frage, wie mit Strukturreformen reagiert werden soll, damit Wachstum, Beschäftigung und Bürgerrechte den heutigen und morgigen Bedingungen angepasst werden.

Bei einer Konferenz Anfang Mai in Brüssel wurde im Beisein des Kommissärs Lord Jonathan Hill mit Repräsentanten des Europäischen Parlaments und Spezialisten betroffener Institutionen eine Capital Market Union diskutiert. Das niedrige Zinsniveau wird die Anleger förmlich zwingen, sich mit dem Kapitalmarkt zu beschäftigen. Dies wiederum erfordert eine Verbesserung des Anlegerschutzes, eine Harmonisierung relevanter Gesetzesbestimmungen und verstärkte „Financial Education“. Der Trend zu Investmentfonds und Lebensversicherungen wird sich vor allem aus Kostengründen nicht fortsetzen, im Gegenteil, es ist mit einer Umkehr zu rechnen. Europa hat über 30.000 Fonds mit einem durchschnittlichen Volumen von über 200 Millionen EUR, in den USA sind es weniger als 8.000 Fonds mit einem durchschnittlichen Volumen von über 1.500 Millionen EUR, die Kostenbelastung liegt in Europa bei 175 Basispunkten, in den USA bei nur 74 Basispunkten.

Vor allem für KMU ist ein Zugang zum Kapitalmarkt wichtig und der private Investor wird an Bedeutung zunehmen. In Brüssel werden durch Initiativen betreffend Prospekt und KID („key information document“) Akzente in diese Richtung gesetzt. Das Sparbuch wird genauso wie die Finanzierung der Unternehmen durch die Banken an Wichtigkeit verlieren. Dies bedeutet vor allem für Österreich, das traditionell stark fixiert auf das Sparbuch und Bankkredite ist, unverhältnismäßig starke Änderungen bzw. Umwälzungen. Leider leben noch viele Politiker und Bürger in der Vergangenheit und wollen die derzeitigen Entwicklungen nicht wahrhaben.



(13.05.2015)

Wilhelm Rasinger: „Dieses erste Online-Aktionärsforum stärkt die Identifikation der Aktionäre mit dem Unternehmen durch mehr Dialog und Transparenz – das ist jedenfalls zu unterstützen! Es wird – für , (© https://aktie.oekostrom.at)


 Latest Blogs

» BSN Spitout Wiener Börse: Banken bleiben y...

» Österreich-Depots. Dividenden von Verbund,...

» Börsegeschichte 7.5.: Zumtobel, Agrana, Po...

» PIR-News: Erste Group kauft zurück, UBM ba...

» Nachlese: ATX Financials wird umgebaut, W...

» Wiener Börse Party #644: Fetter Dividenden...

» Wiener Börse zu Mittag stärker: RBI, Zumto...

» Börsenradio Live-Blick 7/5: DAX fest, Infi...

» Börse-Inputs auf Spotify zu u.a. Apple, St...

» ATX-Trends: Verbund, Bawag, RBI, Pierer Mo...


Wilhelm Rasinger

ist Präsident des IVA, Honorarprofessor für Betriebswirtschaft und Aufsichtsrat bei Wienerberger, Erste Group Bank AG und S IMMO AG.

>> http://www.iva.or.at


 Weitere Blogs von Wilhelm Rasinger

» Gedanken zur Wahl, Erfolge von Schelling (...

In Kürze werden wir voneinemwiderlichenundungustiösen Wahlkampf erlöst sein. Das ...

» Wahl 17 in Österreich – Gefahr einer KESt-...

Fast alle Parteien und wahlwerbenden Gruppen versprechen Steuersenkungen. Ein Ziel sind die hohe...

» Mehr Startups für Wien (Wilhelm Rasinger)

Über das boomende Silicon-Valley, eine Gegend mit hoher Arbeits- und Wohnqualität s&uu...

» Superschlaue à la Ackermann oder Julius Me...

Heile Welt Im Herbst wird in Deutschland und Österreich gewählt. Die Frage ist, ob di...

» Vertrauensverlust für (teure) Unternehmens...

Die Theorie hat sich in den letzten Jahren intensiv mit dem Fachgebiet Unternehmensbewertung bes...