Chinas Verve überrascht nur auf den ersten Blick (Wolfgang Matejka)

Mit „ni hao“, bedeutet „Guten Tag“, hat sich mein Chinesisch- Wissen auch schon erschöpft. Was mich nämlich überraschte und zum fremden Sprachgebrauch verleitete ist die Erkenntnis, dass China mittlerweile still und leise zum weltgrößten Markt für angewandte Industrieroboter wurde. 21% Weltmarktanteil sprechen eine ziemlich laute Sprache. In einer Zeit in der wir uns pauschal auf das Gesagte in der Politik nicht mehr verlassen, weil diese Versprechen zum x-ten Mal nicht umgesetzt werden, überrascht es immer wieder, dass es Staaten gibt die mit Vollgas voranschreiten und uns „entwickelte Staaten“ zu atemlosen Zuschauern degradieren.

Chinas Verve überrascht wohl nur auf den ersten Blick. Ein Land mit derzeit 1.370 Millionen Einwohnern kürzt den Begriff Manufactoring („Hand-Fertigung“) und automatisiert gleich in vollen Zügen. Denn da liegt es nicht alleine im Trend. Während Nord Amerika als ehemals weltgrößter Anwender von Automatisationsprozessen mittlerweile nur mehr knapp Zweiter ist, holen Japan und Südkorea bereits gewaltig auf und werden die USA wohl demnächst überholen. Was ist da los? Ändern sich die Produktionsverhältnisse noch schneller? Welche volkswirtschaftlichen Auswirkungen entstehen wenn ein riesen Land wie China immer weniger per Hand herstellt und immer mehr Leute dadurch gezwungen sind in andere Berufe zu gehen? Was wird Indien machen, die mit 1.300 Millionen Einwohnern und einer starken Hinwendung zum Wirtschaftswachstum noch am unteren Ende der Automatisations-Statistik mit gerade mal 1% Weltanteil liegen? Und haben wir gegen diese Entwicklung überhaupt eine Chance?

Bevor wir uns händeringend in unser Schicksal als künftige Bauern und Forstwirte ergeben, ist ein wenig, aber nur ein wenig, Entwarnung angesagt. Die Anzahl der Roboter pro Kopf entlarvt die schiere Größe Chinas als Basis des Trugschlusses: auf 10.000 Arbeiter fallen gerade mal 23 Roboter. In Japan sind es dagegen 332 und die Spitze bildet Südkorea mit 427. Deutschland trägt die Fahne in Europa mit 282, wogegen in den USA pro 10.000 Arbeiter nur 152 durch Roboter ersetzt sind. Doch bei aller Statistik ist es die Einstellung zum Automatisierungsprozess, die die unterliegende Dynamik charakterisiert, und die lässt sich durchaus in die Zukunft fortschreiben.

Sind es üblicherweise nämlich bestimmte Industrien, die aufgrund ihrer spezifischen Produktionsprozesse Roboter forcieren, so ist das aber nur möglich, wenn Unternehmen das auch umsetzen dürfen. So hat Deutschland eine um den Faktor 10 (!) höhere Automatisierung als Frankreich. Obwohl in Frankreich ebenso Automobilhersteller von Weltrang mit üblicherweise hohen Roboteranteilen ihre Sitze haben. UK ist mit 1% ebenso abgeschlagen, die guten alten Zeiten der Industrierevolution sind vorbei, und der Roboteranteil in der Finanzwirtschaft ist noch nicht so hoch (oder wissenschaftlich erfasst). Selbst in den USA wird die hohe Zahl durch den starken Anteil der Halbleiterindustrie verfälscht, ohne Silicon Valley rutscht die USA in die Mittelmäßigkeit ab.

Wir haben es daher mit einer globalen Verschiebung im Produktionsgefüge zu tun, die so auch staatlich gewollt ist. Chinas Regierung hat beispielsweise ein eigenes Maßnahmenpaket zur Automatisierung einiger Teile ihrer Wirtschaft gestartet. Und wer China kennt weiß, dass solche Programme üblicherweise auch umgesetzt und nicht nur besprochen werden.

Doch wer rastet der rostet und das gilt auch für uns. Nach wie vor ist nämlich die westliche Technologie führend. Und das gilt auch für die bösen Roboter. Je besser die sind und je effizienter Prozesse dadurch werden, umso wichtiger sind die. Für uns genauso wie für Asiens Tiger. Und so lange man den wirtschaftlichen Fortschritt mit Technologie und Innovation verbindet und nicht allein stumpf Prozesse vereinfacht, hat Automatisierung einen stark positiven Wert. Sie schafft Freiräume, die genutzt werden können und hilft uns unsere Stärken zu fokussieren. Bedeutet aber, sich seiner Stärken einmal komplett bewusst und sicher zu sein. Also ans Werk! Alleine ein solcher Prozess schafft Mehrwert.



(18.11.2014)

Shanghai Yuyuan garden, Abend,China - http://www.shutterstock.com/de/pic-147718496/stock-photo-shanghai-yuyuan-garden-in-nightfall-china.html - Shutterstock.com, (© (www.shutterstock.com))


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Wolfgang Matejka

Über 30 Jahre einschlägige Erfahrung im Bankwesen, davon über 15 Jahre in Führungspositionen

  • seit 07/2013 Chief Investment Officer der Wiener Privatbank SE
  • seit 07/2010 Geschäftsführender Gesellschafter der Matejka & Partner Asset Management GmbH
  • 02/2010 - 07/2010 Geschäftsführer der Oscar Investment GmbH Wertpapierfirma
  • seit 10/2009 Geschäftsführer der Matejka Beteiligungs GmbH, Erwerb, Verwaltung, Entwicklung und Veräußerung einer Beteiligung
  • 09/ 2009-10/2009 Vorstand der Q1 Capital Management AG, Unabhängiges Multi-Manager-Investmenthaus mit Sitz in Wien
  • 06 / 2009-10/2010 GF Sparrow GmbH. (Einzelgesellschaft) – Geschäftsgegenstand: Erwerb, Verwaltung und Entwicklung von Beteiligungen
  • 04 / 2006: GF Julius Meinl Investment GmbH
  • 03 / 2004: CIO Meinl Bank AG
  • 05 / 2002: Vst. Bank Vontobel Österreich AG
  • 01 / 1999: GF Allianz Invest KapitalanlagegesmbH.
  • 07 / 1994: Investment & Trust Bank (nunm. Allianz Investment Bank AG)
  • 04 / 1990: Länderbank Capital Markets GmbH.
  • 10 / 1981: Österreichische Länderbank AG
  • Matura (Naturwissenschaftl. Realgymnasium), CEFA, div. Fachseminare

>> http://wolfgang-matejka.com


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