Die Perestroika des Kapitalismus - Episode 2: Der maximale Profit: Raubbau

Drei große Fragen 

- Warum leihen sich Regierungen gegen Zinsen Geld von privaten Banken, wenn sie es selbst herstellen könnten?

- Warum wird nicht ein System geschaffen, in dem der Staat die Geldschöpfung selbst in die Hand nimmt und die Zinsgewinne an das Volk zurückgibt?

- Warum regelt der Staat, der ja Geldschöpfung und Steuergesetzgebung in der Hand hat, nicht jene Stellgrößen, also die Steuerknüppel des Wirtschaftssystems, die es gestatten,langfristig ein stabiles Fließgleichgewicht der Wirtschaft und damit eine nachhaltige Entwicklung auf der Rohstoff-, Energie- und Bevölkerungsebene einzuleiten?

Der Grund liegt ohne Zweifel darin, dass es die Mächte der Hochfinanz über Jahrhunderte hinweg verstanden haben, der Allgemeinheit diese Macht vorzuenthalten, und, im Umkehrschluss, Letztere zu naiv, ohnmächtig oder unfähig war, sich diesen Mächten zu entziehen oder dieses wirksame Mittel selbst zu nutzen.

Wie die Beobachtung der gegenwärtigen Geschehnisse lehrt, werden Politiker, von denen die meisten die Zusammenhänge bestenfalls ahnen, dazu veranlasst, lediglich marginale Verbesserungen des Systems zu beschließen. Erst der nächste oder übernächste katastrophale Zusammenbruch wird – vielleicht – dazu führen, dass man die wahre Ursache und nicht die Symptome der Krankheit erkennt und beseitigt.

Der maximale Profit: Raubbau

Am 17. Juli 1998 gegen zwölf Uhr mittags nahmen Johann und Christine Mayer, Einwohner von Lassing inder Steiermark, ein „komisches Knistern“ wahr. Als sie wenig später aus ihrem Haus gingen, war ein Teil des Gebäudes zur Seite geknickt. Dahinter hatte sichein riesiger Krater gebildet.

60 Meter unter der Erdoberfläche war ein Stollen eingestürzt und hatte sich mit Schlamm gefüllt.[i]Später stellte sich heraus, dass von März 1997 bis Juni 1998, also bis knapp einen Monat vor dem Unglück, aus einer nicht genehmigten Sohle Talk abgebaut worden war. Die Decke dieser illegal abgebauten Sohle war eingebrochen. Nach und nach vergrößerte sich der Krater und zerstörte bzw. beschädigte insgesamt 20 Häuser. Ein zehn Mann starker Rettungstrupp, bestehend aus neun Bergleuten und einem Geologen, fuhr noch am selben Tag in den Berg ein. Ein zweiterSchlammeinbruch ließ die Grube implodieren. Der Krater wuchs weiter, Lichter gingen aus, Laternenmasten standen schief. Die zehn Männer wurden vermisst. Bald hieß es, es gebe keine Rettung mehr für die Verschütteten. Die Rettungsmannschaft blieb im Berg und wurde für tot erklärt. Im Jahr 2000 wurde die Suche nach ihren Leichen eingestellt.

Schon im Mittelalter war auf Raubbau, auf  kurzfristigen Gewinn gerichteter, nicht zukunftsorientierter Bergbau bisweilen üblich, aber auch geächtet. Man versteht unter Raubbau eine Gewinnung von Mineralien und Rohstoffen, der ohne Hoffnungsbau getrieben wird, also ohne die Ab- und Rücksicht, weitere nutzbare Mineralien zugewinnen, den Berg zu „schonen“  und den zugänglichen „Schatz“ ohne Rücksicht auf zukünftige Funde rücksichtslos auszubeuten.

Im kroatischen Karstgebirge findet man bizarre Kalkberge, durch Höhlen und Trockentäler eindrucksvoll geformt. Man sollte meinen, diese Landschaft wäre hunderttausende Jahre alt, sie ist es aber nicht. Abholzung für Haus- und Schiffbau, für Brennholz, Menschenwerk also, hat dazu geführt, dass nackter Fels die Landschaft bestimmt.

Vor hundertfünfzig Jahren war die Hohe Wand in Niederösterreich baumlos. Man hatte  Holzkohle für die Hüttenwerke benötigt undden Wald geschlägert, bis nichts mehr da war als der graue Kalkfelsen. Erst nachdem in der Gegend Steinkohle entdeckt wurde, hatte der Forst wieder eine Chance. Mittlerweile ist der Steinkohlenbergbau in Österreich schon wieder Geschichte, die Hohe Wand wieder bewaldet. Fossile Energie wurde paradoxer Weise indirekt ein Mittel zur Umweltregeneration.

Raubbau im allgemeinsten Sinn ist eine Vorgangsweise, bei der auf  Kosten zukünftiger Nutzer nach schnellem Gewinn getrachtet wird – zum Schaden der Gesamteffizienz. Solches ist heutzutage auf den verschiedensten Gebieten gang und gäbe: Überfischung,Versiegelung landwirtschaftlich nutzbarer Flächen, Überdüngung und Bodenerosion durch Rodung, Nutzung benzinfressender Kraftfahrzeuge, großflächige unnötige Beleuchtung ganzer Städte, Material- und Energieverschwendung durch unnötige Verpackungen und zahllose Wegwerfartikel, Verschwendung von Trinkwasser – der Beispiele ist kein Ende.

Die allermeisten von uns sind sich dieser Umstände und Tatsachen wohl bewusst, kehren allerdingsfast immer vor des Nachbarn Tür. Nur allzu oft sieht man Grünbewegte und Kapitalismuskritiker nach abgearbeiteter Demonstration, Demolierung einer größeren Anzahl von Geschäften und Autos sowie Hinterlassung einer beträchtlichen Menge an Müll mit Motorrädern und anderen PS- trächtigenGefährten davonbrausen, im Bewusstsein, es denen da oben und allen anderen wieder einmal so richtig hineingesagt zu haben. Getan haben sie das glatte Gegenteil von dem, was sie anderen vorschreiben.

[i]Die Presse, 7. 7. 2008

[ii]Wikipedia; Das Grubenunglück vonLassing

[iii]Deutsche Goldsuchervereinigung e.V.



(07.10.2014)

Bestellbar bei Amazon - http://www.amazon.de/Die-Perestroika-Kapitalismus-Aufruf-Systemwechsel/dp/3701731314


 Latest Blogs

» Österreich-Depots: Fester (Depot Kommentar)

» Börsegeschichte 29.4.: Intercell , OMV (Bö...

» Bawag-Q1 plus Einschätzung, 2023er-Zahlen ...

» Nachlese: Bundesschätze, Klaus Rainer Kirc...

» Wiener Börse Party #639: KESt-Story bei Ad...

» Wiener Börse zu Mittag stärker: Pierer Mob...

» Börsenradio Live-Blick 29/4: DAX rauf, 3x ...

» Börse-Inputs auf Spotify zu u.a. MSCI Worl...

» ATX-Trends: Erste Group, Verbund, Palfinge...

» Börsepeople im Podcast S12/12: Klaus Raine...


Klaus Woltron

ist ein österreichischer Unternehmer , Buchautor und Kolumnist. Er ist Gründungsmitglied des Club of Vienna und war aktives Mitglied bis zum April 2008. Hier berichtet er u.a. über "Die Perestroika des Kapitalismus".

>> https://www.woltron.com/


 Weitere Blogs von Klaus Woltron

» Offener Brief an die Koalitonsparteien #SP...

Ich habe mir meine Sorgen in einem "Offenen Brief" an die Obleute der Koalitionsparteien von...

» Schuldner als Klientel der neuen Elite (Kl...

Die Profis, insbesondere die eher linken, wissen das alles. Sie wissen aber auch, dass beim ...

» Der New Deal und fahrlässige Krida (Klaus ...

Ich denke über den New Deal und das "Aus der Krise Herausinvestieren" nach. Ein etwas w...

» Nicht den Kopf von Merkels angeblichen Alt...

Ich lese mit Vergnügen so ziemlich meine eigene Meinung zur EU in der "Presse". Ein herv...

» Über Kreisky, Sinowatz und Woltron (Klaus ...

Der Herr Bundeskanzler Dr. Kreisky hat, vor 35 Jahren, als er mich in mein damaliges Amt einf&u...