“Nur Erfahrungen führen zu einem echten Erkenntnisgewinn”. Dieses Zitat stammt nicht etwa aus einem Finanzbuch. Vielmehr habe ich es einem Buch über die Entwicklung von Kindern entnommen, das sich eigentlich gar nicht mit Finanzbildung beschäftigt.
Konkret geht es um “Kinderjahre: Die Individualität des Kindes als erzieherische Herausforderung” des Schweizer Autors Remo H. Largo (siehe auch Wikipedia-Eintrag). Ein (Hör-)Buch, das ich Eltern wärmsten Herzens weiterempfehlen kann. Hier kann man es kaufen: Amazon-Link.
Doch zurück zum Zitat. Dieses fasst in einem einzigen Satz zusammen, welchen Ansatz ich bei der finanziellen Ausbildung meiner Kinder verfolge. Ich will ihnen Erkenntnisse vermitteln. Das geht am besten durch in der Praxis gewonnene Erfahrungen.
Erst kürzlich hat mein Sohn sich von seinem Taschengeld (mehr zu dem Thema hier: Kinder und Kapitalismus) ein Lego-Flugzeug gekauft. Nicht etwa vor Ort in einem Geschäft, sondern im Internet. Hierbei gilt es folgendes zu beachten:
Wenn man stellvertretend für seine Kinder etwas online bestellt, dann muss man diesen Kaufvorgang zu Hause nachträglich “simulieren”. Konkret heißt das, dass man die Übergabe des gekauften Produkts mit der Bezahlung mit Bargeld koppelt. Nur dann fühlt sich das Kaufen für das Kind (gilt auch für Erwachsene) auch nach Kaufen an. (was genau dabei im Hirn passiert, habe ich in diesem Artikel beschrieben: Das Comeback von Bargeld)
Doch zurück zum Thema “neues Lego”. Solches kauft mein Sohn in der Regel nicht selbst, er bekommt es meistens geschenkt. Egal ob es sich dabei um Geburtstage, Weihnachten oder andere Anlässe handelt.
Was dann folgt, stellt sich immer ähnlich dar: Er packt das neue Lego aus und baut es innerhalb kurzer Zeit selbständig zusammen. Danach spielt er ein paar Tage lang ganz intensiv damit, verliert dann aber (vorübergehend) das Interesse. Ein paar Monate später wird das Spielzeug wieder spannend.
Doch diesmal wurde der klassische Ablauf durchbrochen. Denn nur einen Tag nachdem er sein neues Lego-Flugzeug ausgepackt hatte, traf ich ihn bitterlich weinend auf der Wohnzimmer-Couch sitzend an.
Ich fragte ihn, was los sei. Und er sagte: “Ich kann einen Teil vom Flugzeug nicht mehr finden!” Woraufhin ich entgegnete, dass ich ihm beim Suchen helfen würde, er sich aber keine Sorgen machen müsse weil wir es schon finden würden. Sein nächster Satz überraschte mich: “Aber das habe ich selbst gekauft!” Zunächst verstand ich nicht, was er meinte.
“Meinst du, dass es ein Teil von Deinem selbst gekauften Lego ist?”, fragte ich. “Jaaaa!”, schluchzte er. Jetzt hieß es den Buben in den Arm zu nehmen. Ich ließ ihn noch eine Weile weinen damit er seine Trauer rauslassen konnte, und fragte ihn dann, ob wir gemeinsam das fehlende Teil suchen wollten. Gefunden hat es dann wenige Augenblicke später (wie immer) meine Frau. Danke dafür!
Noch bevor ich den Buben weiterspielen ließ, fragte ich ihn, ob der (vermeintliche) Verlust des Lego-Teils für ihn so schlimm gewesen war, weil er es selbst gekauft hat. Wie aus der Pistole geschossen sagte er “Ja”. Immer noch mit Tränen in den Augen.
Ich war in diesem Moment sehr stolz auf meinen Sohn. Einerseits weil er seine Gefühle ganz offen zeigen, zuordnen und benennen konnte. Und andererseits weil er eine Erkenntnis gewonnen hatte. Nämlich, dass Dinge einen Wert haben. Besonders dann, wenn man sie selbst gekauft hat. Arbeiten musste er für das Geld zwar nicht. Aber immerhin Monate lang warten, bis er genug hatte, um sich das Lego-Flugzeug zu kaufen.
Finanzbildung für Kinder bedeutet Tränen. Bei Kindern und bei Eltern.
Der Beitrag Finanzbildung für Kinder: Es werden Tränen fließen erschien zuerst auf Michael Plos - Finanzbildung, Sparen und Investieren.
Im Original hier erschienen: Finanzbildung für Kinder: Es werden Tränen fließen
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