US-Dollar: Auf lange Sicht dem Untergang geweiht? (Gastautor, Marc Schmidt)

Der Dollar ist momentan beliebt. Das wird sich langfristig ändern. Es droht sogar der Kollaps.

Der Dollar ist immer noch eine beliebte Währung. Nach einer außerordentlichen Aufwertung in den Jahren 2014 und 2015 konsolidiert der Dollar, doch den meisten ist klar: sobald die Zinsen in den USA weiter steigen wird sich der Aufwärtstrend fortsetzen. Persönlich gehe ich nicht davon aus. In der Vergangenheit wertete der Dollar auf, bevor die Zinsen stiegen. Als die Zinsen dann tatsächlich stiegen, war die Rally größtenteils vorbei.

Wie Grafik 1 zeigt, befindet sich der Dollar seit Jahrzehnten in einem Abwärtstrend. Der Abwärtstrend ist immer wieder von Aufwertungsphasen unterbrochen. Nach Ende des Bretton-Woods Systems wertete der Dollar in der ersten Hälfte der 80er Jahre stark auf. Es folgte eine beispiellose Abwertung. Ende der 90er Jahre kam es wieder zu einer Aufwertung, bevor der Dollar Index vor gut 5 Jahren ein neues Allzeittief erreichte.
Der Dollar wertet unterm Strich seit Jahrzehnten ab. Aufwertungen sind als temporäre Unterbrechungen zu werten. Solange sich an der fundamentalen Lage nichts ändert, wird das auch so bleiben. Aktuell und auf Sicht vieler Jahre kann man mit hoher Sicherheit sagen, dass sich an der Systematik nichts ändern wird.

20161014_godmode3aDer Grund dafür liegt mehr oder weniger auf der Hand. Grafik 2 zeigt die internationale Vermögensposition der USA. Die USA halten im Ausland Vermögenswerte von 24,5 Billionen Dollar. Demgegenüber stehen allerdings Verbindlichkeiten von 32,5 Billionen Dollar.

20161014_godmode3bDie Differenz aus Vermögen und Verbindlichkeiten ergeben die Nettovermögenswerte. Diese sind 8 Billionen stark negativ. Die Erklärung dafür ist relativ einfach. Die USA importieren sehr viel mehr als sie exportieren (Güter und Dienstleistungen). Sie verschulden sich dadurch im Ausland. Die Länder, die mit den USA ein Leistungsbilanzüberschuss haben, werden mit Dollar überflutet. Dieses Geld muss wieder irgendwohin. Es fließt fast ausschließlich wieder zurück in die USA.

Obwohl die USA enorme Dollarabflüsse durch ihre Leistungsbilanz erfahren, schwächt dies den Dollar nur moderat, da die „exportieren“ Dollar wieder zurück ins Land fließen. Die Kehrseite dieses Prozesses ist auch klar. Immer mehr US-Assets befinden sich in ausländischem Besitz.

Per se ist es noch kein Problem, wenn sich ein Land im Ausland stark verschuldet. Es ist alles eine Frage des Ausmaßes und der Dauer. Die USA haben eine ungeheure Fülle an Vermögenswerten. Sie können sich noch weitere Jahrzehnte munter im Ausland verschulden. Grafik 3 zeigt wie sich das praktisch darstellt.

20161014_godmode3cDas Vermögen der USA stieg zuletzt auf satte 255 Billionen Dollar. Dagegen ist der Nettobesitz von 8 Billionen der ausländischen Anleger verschwindend gering. Dem US Vermögen stehen jedoch auch Verbindlichkeiten gegenüber. Allein die Haushalbe haben ca. 10 Billionen Dollar an Schulden für Immobilien aufgenommen. Zieht man all diese Verbindlichkeiten ab, dann haben die USA Nettovermögenswerte von 111 Billionen. Auf diese Summe gerechnet sind die 8 Billionen schon eine durchaus nennenswerte Größe. Man darf auch nicht vergessen, dass eine Wirtschaftskrise die Vermögensposition massiv verschlechtern kann. In der letzten Krise sanken die Nettovermögenswerte innerhalb kurzer Zeit von 88 Billionen Dollar auf 69 Billionen. Die Vermögensposition ist nur auf den ersten Blick sehr komfortabel.

Stellt man nun die Nettovermögenswerte der USA dem Nettovermögen gegenüber, welches das Ausland in den USA hält, denn ergibt sich Grafik 4. Durch die Leistungsbilanzdefizite verpfänden die USA einen immer höheren Prozentsatz ihres Vermögens. Derzeit geht das noch gut, doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis es nicht mehr funktioniert. Schon jetzt zeigt sich durch den immer schwächer werdenden Dollar über die vergangenen Jahrzehnte, dass die Defizite ihre Spuren hinterlassen.

20161014_godmode3dKeiner weiß wie lange das Ausland hier noch mitmachen wird. Je höher die Schulden im Ausland wachsen, desto fragiler wird die Lage. Irgendwann geht der Glaube an den Wert des Dollars verloren. Der Dollar ist zwar nach wie vor Reservewährung Nummer 1, doch das hilft kaum, wenn der Glaube verlorengeht.

Theoretisch haben die USA noch viel Vermögen, welches sie verpfänden können. Will das Ausland diese Assets nicht mehr, wird es kritisch. Fließt nicht mehr ein Großteil der exportierten Dollar ins Land zurück, schwächt dies den Dollar ungemein. Dem kann das Land nur Eines entgegensetzen: höhere Zinsen, um es Investoren schmackhaft zu machen, ihr Geld in die USA zu schaffen.

Die Erfahrung anderer Länder bezeugt, dass höhere Zinsen die Lage nur mittelfristig beruhigen können. Wenn der Dollar nun aufwertet, dann ist das ein zeitlich begrenztes Phänomen. Langfristig wird der Dollar schwächer. Da darf man sich nichts vormachen. Sogar ein Kollaps ist denkbar. Davon sind wir allerdings noch viele Jahre entfernt.



(14.10.2016)

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Marc Schmidt

Die Börsenblogger ist das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehntelanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer. Letztlich sind wir alle Börsenfans. Aber wir vertreten in diesem Blog auch eine ganz simple Philosophie: Wir wollen unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus schreiben, was wir zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken, was uns beschäftigt. Das kommt Ihnen, dem Leser, zu Gute.

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