26.04.2013, 4451 Zeichen
Scheibchen für Scheibchen kommen immer weitere peinliche Details der Steueraffäre um Bayern-Boss Uli Hoeneß ans Licht. Gegen ihn soll sogar ein Haftbefehl ergangen sein, der nur gegen Zahlung einer saftigen Kaution von fünf Millionen Euro außer Vollzug gesetzt wurde, berichten die Süddeutsche Zeitung und die Passauer Neue Presse heute übereinstimmend. Der Fall Hoeneß ist mal wieder ein Musterbeispiel dafür, wie man Krisenkommunikation auf keinen Fall machen sollte – aber vor allem ein Prüfstein für unser aller Verständnis von Steuerehrlichkeit.
Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht neue, unangenehme Details in der Steuercausa Hoeneß veröffentlicht werden. Ich bin gespannt, wie lange Hoeneß das durchhält, ein deutscher Politiker in seiner Situation wäre vermutlich längst und mit Recht geschasst worden. Man muss sich wirklich wundern, dass ein Vollprofi wie Hoeneß in der Krisenkommunikation nicht besser beraten wurde. Statt auf einmal reinen Tisch zu machen, wie es der Bayern-Manager eigentlich auch beim Fiskus machen sollte und offenbar auch wollte, kommt nun peu à peu die Wahrheit auf den Tisch. Die Welle der Empörung, der sich Hoeneß konfrontiert sieht, wird auf diese Weise noch lange nicht abebben.
Und das ist auch ganz gut so. Denn gerade die Vorzeigefiguren aus Wirtschaft, Sport und Gesellschaft, die gerne Wein trinken, aber Wasser predigen, sollten einmal über ihr Verhältnis zu dem Staat und der Gesellschaft, denen sie ihre Stellung verdanken, nachdenken. Gleiches gilt aber genauso für die unzähligen Steuermauschler unter uns. Eine kleine Liste zur Überprüfung Ihrer Steuermoral – ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
- Haben Sie Ihre Putzfrau, die Ihnen wöchentlich die Bude auf Vordermann bringt, bei der Mini-Job-Zentrale registriert? Und wenn sie öfters kommt: Haben Sie sie ordnungsgemäß angestellt, führen Steuern, Renten- und Krankenversicherungsbeträge für sie ab ebenso wie die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung?
- Haben Sie immer alle Ihre Handwerker ordnungsgemäß gegen Rechnung bezahlt?
- Trennen Sie immer haarklein, wenn Ausgaben beruflich oder privat veranlasst sind – ein Mittagessen mit Freunden als Geschäftsessen abzurechnen, käme Ihnen nie in den Sinn?
- Fragen Sie immer nach, wenn Sie zum Beispiel in einem kleinen Laden einkaufen, Sie aber keinen Kaufbeleg erhalten und das Geld offensichtlich nicht in der Kasse landet?
Schön für die Gesellschaft und damit uns alle, wenn Sie alle Antworten rundheraus im Brustton der Überzeugung mit „Ja!“ beantworten können. Die Frage ist, wie viele das wirklich können.
Fakt ist: Wie schick Steuervermeidung gerade unter Wohlhabenden hierzulande zumindest ist der jüngsten Vergangenheit war, zeigen folgende Zahlen: Allein die von Nordrhein-Westfalen erworbenene Steuer-CDs aus der Schweiz betrafen mehr als 9300 Deutsche, sie führten zu knapp 8000 Selbstanzeigen Schweiz-Bezug in NRW und brachten sage und schreibe rund 670 Millionen Euro ein.
Es soll aber auch Wohlhabende geben, die steuerehrlich sind und Menschen mit geringem Einkommen, die es nicht so genau nehmen! Und sogar moralische Menschen vermeiden manchmal Steuern, stellt etwa der Steuerpsychologe Erich Kirchler klar.
Den meisten Deutschen dürfte klar sein, dass Steuern nötig sind, damit es öffentliche Sicherheit, Schulen und vernünftige Straßen gibt, doch darum wollen sie sie noch lange nicht gerne selbst zahlen. Aber dass andere zahlen, ist ihnen sehr wichtig. Vielleicht sollte jeder für sich auch einmal darüber nachdenken, wie wichtig es ihm ist, in einem Land zu leben, in dem doch vieles relativ gut und reibungslos funktioniert.
„Wer unter Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“, heißt es schon im Neuen Testament (Johannes 8, 7). Damit möchte ich nicht das Handeln von Uli Hoeneß entschuldigen, sondern nur zu etwas mehr Ehrlichkeit in einer manchmal auch scheinheiligen Debatte ermuntern.
Klar ist aber auch: Ein Steuersystem mit möglichst breiter Bemessungsgrundlage und wenigen, besser keinen Möglichkeiten, hier und da Steuern zu vermeiden durch die Ausnutzung diverser Schlupflöcher sollte ein Ideal sein, dem Steuerpolitiker so gerecht wie möglich werden sollten. Denn wenn alle ihren Beitrag zahlen, könnte die prozentuale Steuer- und Abgabenbelastung für alle sinken – und das System als gerechter empfunden werden. Ich bezweifle aber trotzdem, dass selbst dann jeder auf einmal liebend gerne seine Steuern zahlt.
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