Heute ist es wieder soweit. Der Hexensabbat findet statt. Dies ist kein Volksfest aus dem Harz oder eine andere Feierlichkeit, sondern beschreibt ein Ereignis an der Börse, welches an festen Terminen im Jahr eintritt. Auf was man an einem solchen Hexensabbat achten sollte und warum die Hexen nicht mehr so aktiv sind, wie noch vor einigen Jahren, klärt dieser Artikel.
Als Hexensabbat wird der Verfallstag an den drei wichtigsten Terminbörsen/Derivatebörsen betitelt. Denn an diesem Tag laufen unterschiedliche Terminkontrakte zeitlich aus und werden damit zu den am Stichtag notierten Abrechnungspreisen bewertet. Der große Hexensabbat an der Terminbörse Eurex findet an vier Tagen im Jahr statt – immer am dritten Freitag des dritten Monats eines Quartals. Er zeichnet sich durch das Auslaufen von Optionen und Futures auf DAX , TecDAX und MDAX sowie der STOXX-Familie aus. Durch das „Auslaufen“ wird er auch als großer Verfallstag in den Medien beschrieben. Der hierbei ermittelte Abrechnungspreis (=Settlement-Preis) ist das offizielle Maß für die Abrechnung aller Marktteilnehmer. Bei Optionen kann im schlechtesten Fall am Hexensabbat das Engagement wertlos verfallen. Im Future wird die Differenz auf dem Handelskonto verrechnet, insofern keine Lieferung der zugrunde liegenden Einzelwerte gewünscht und auch gedeckt ist. Hier gibt es nur einen Abrechnungspreis (STOXX um 12 Uhr, DAX und TecDAX um 13 Uhr, MDAX um 13.05 Uhr), während die Optionen unterschiedliche Basispreise und damit Differenzen aufweisen können. Und dies dann später bei den Aktienwerten zum XETRA-Ende und auch international natürlich. Dazu haben die Autoren von Trendfollowing übrigens ihre aktuelle Positionierung genau beschrieben -> und wer sich in das Thema Financial Futures und Optionen einlesen mag, findet HIER die Grundlagen.
In der Regel ist das Handelsvolumen an diesem Tag viel höher als an „normalen“ Handelstagen. Hintergrund ist, dass zum Verfall hin etwaige Schieflagen noch bereinigt werden müssen und zudem Marktteilnehmer mit längerfristigen Engagements von einem auslaufenden Kontrakt in den nächsten Future-Kontrakt umschichten. Dies nennt man im Future auch „Rollen“. Dabei entstehen natürlich Kosten, die insbesondere Anleger zu spüren bekommen, die mit Derivaten langfristig handeln. Hier liegen (je nach Produkt) durchaus auch Futures der Preissetzung zugrunde, die dann natürlich im Roll-Prozess Kosten verursachen und damit Performance kosten.
Wie man es vor einem langen Wochenende kurz vor Ladenschluss in einem REWE-Markt kennt, ist auch hier kurz vor dem Verfall bei einigen Marktteilnehmern die Panik zu spüren. Es wird viel gerechnet und natürlich auch in jede Richtung versucht, den Kurs noch einmal „zu bewegen“. Somit sollte es niemanden wundern, wenn am Hexensabbat runde Marken angelaufen werden oder auch Aktien in der Nähe dieser runden Marken (wie bspw. RWE aktuell 20,01 € oder Continental knapp unter 200 €) notieren. Optionen mit Basispreisen oberhalb des Kurses am Hexensabbat wird wertlos. Umgekehrt gilt dies für Verkaufsoptionen. Beide Seiten der Spekulanten am Markt haben somit ein individuelles Interesse an für sie definierten Kursschwellen und “kämpfen” um diese runden Marken am Hexensabbat. Daran kann man sich als Trader selbstverständlich orientieren und entsprechende Rückschlüsse aus den Positionierungen der „Big Player“ ziehen. Dazu wird das „Open Interest“ herangezogen, also die Kontrakte und Optionen, die auslaufen und noch im Markt sind. Man kann diese etwas verzögert, aber kostenfrei auf der Seite der EUREX einsehen ->
Wie am Ende so eine Auswertung aussehen kann, ist hier zu sehen (von stockstreet als Quelle und entwickelt von finapps.eu):
Gesucht ist am Hexensabbat selbst immer der „Weg des geringsten Schmerzes“. Denn es ist davon auszugehen, dass bereits im Vorfeld des Hexensabbat viele Marktteilnehmer die vor allem aussichtslosen Positionen gehedget oder aus dem Markt genommen haben. Wenn der DAX heute bei 12.700 notiert, macht es wenig Sinn bis 13 Uhr auf einen Abrechnungskurs von 11.000 zu setzen, übertrieben formuliert. Und genau darin liegt auch der Grund, dass die Volatilität nicht mehr so hoch ist, wie noch vor einigen Jahren. Es kommen weniger überraschende Ereignisse über die Ticker und bereits im Vorfeld hat sich der Markt auf einem Level eingepegelt. Im DAX sehen wir aktuell ein Pendeln zwischen 12.700 und 12.800 Punkten und dies seit Wochen. Hier der 3-Monate-Chart:
(Quelle: finanztreff.de)
Darauf konnten sich die Marktteilnehmer somit einrichten und würden erst zur Aktivität gezwungen, wenn der Bereich signifikant bei Kursen von 13.000 Punkten oder 12.600 Punkten verlassen würde. Die letzten Verfallstage haben einen eher ruhigen Handel mit normalen Tagesschwankungen ABER hohem Volumen gezeigt. Es wird somit ruhig „ausgelaufen“.
Auch dies kann man in einem Diagramm (wie oben gezeigt) noch einmal so für die Optionen darstellen:
Überbewerten Sie am Hexensabbat die Kursverläufe nicht und versuchen Sie nicht intraday mit der klassischen Charttechnik „Linien und Trends“ einzufangen. Denn diese sind am Hexensabbat nicht so wichtig, wie das Grundinteresse der Big Player am entsprechenden Settlement Preis. Wundern Sie sich daher auch nicht über schnelle Kursbewegungen, denn an dieser Stelle wurde dann eine große Order in den Markt gegeben. Im Zweifel schauen Sie sich den Hexensabbat doch einfach von der Seite aus an oder handeln zu diesen runden Marken hin eine kleinere Position.
Die nächsten großen Verfallstage sind übrigens:
Viel Erfolg heute und allgemein im Trading,
Ihr Andreas Mueller (Bernecker1977)
Dieser Beitrag von Bernecker1977 wurde von trading-treff.de zur Verfügung gestellt. Dort gibt es Analysen, Wissen und Emotionen zum Trading.
Bernecker1977 ist der Trader, Referent und Coach Andreas Mueller. Er handelt seit rund 20 Jahren Indizes, Devisen und Rohstoffe an der Börse mit Futures, Derivaten und CFDs und ist nicht nur auf wallstreet-online bereits seit dem Jahr 2005 in den „Tages-Trading-Chancen“ Ansprechpartner für alle börsenrelevanten Fragen.
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