„Startup-Romantik wird Österreich nicht retten“ (Herta Stockbauer, interviewt von Christian Drastil)   

BKS-Chefin Herta Stockbauer im Fachheft-24-Talk über das Handelsvolumens-Plus ihrer Aktien, die verzerrte Kärntner Welt durch die Hypo und den Wunsch nach Wertschätzung für Unternehmer (Bilderset zum Interview: Interview Herta Stockbauer (BKS) , Infos zum Fachheft 42 Das Fachheft 42 im Fast Forward Modus )

Die BKS ist mit zwei Kategorien, Stämmen und Vorzügen, an der Wiener Börse vertreten. Ich konzentriere mich auf die Stämme, diese notieren seit Jahren um die 17 Euro. Also: Vorteile der Stabilität vs. Chancen der Volatilität, wie sehen Sie das?

Herta Stockbauer: Unsere Aktie ist ein Papier für den langfristigen Investor. Mir ist Stabilität lieber als Volatilität. Wir haben viele treue Anleger, die auch die Dividende schätzen. Eine Aktie für den Hochfrequenzhandel sind wir nicht.

Ist die Zusammenführung der beiden ­Kategorien ein Thema?

Die Vorzüge haben eine Geschichte, da stand der Anlagegedanke mit Rendite und Mindestrendite im Vordergrund. Im Vergleich zu den Stämmen ist es die weit kleinere Kategorie. Ob das noch gerechtfertigt ist, kann man diskutieren.

Toll haben sich die Umsätze bei den Stämmen entwickelt, 2015 vs. 2014 rund 50 Prozent Plus. Worauf führen Sie das zurück?

Das führe ich unter anderem auf die Kapital­erhöhung im Herbst 2014 zurück, die war sehr erfolgreich. Wir haben viele neue Aktionäre gewonnen, das hat sich 2015 wohl auch im steigenden Handelsvolumen widergespiegelt.

Welche Art Investorenschaft haben Sie ­dazugewonnen?

Kleine wie auch Institutionelle, wir freuen uns z.B. sehr über die Privatanleger, die aus dem Marktgebiet kommen.

Ist der Fließhandel ein Thema? Vielleicht im Zuge einer weiteren Kapitalerhöhung?

Zum Fließhandel: Für uns ist das kurzfristig kein Thema, dafür sind unsere Marktkapitalisierung und der Streubesitz noch zu klein. Aber ich wünsche mir, dass wir uns langfris­tig nach oben arbeiten können. Und Kapital­erhöhungen: Eigenkapital ist das beherrschende Thema in der Bankenbranche, die Erhöhung von Kernkapitalquoten ist wichtig. Hätten wir aber bereits konkrete Pläne, hätte ich das im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften schon gesagt.

Sie machen das Market Making für Ihre ­Aktien selbst. Ist eine Ausdehnung auf weitere Titel denkbar?

Nein, das steht nicht in unserem Fokus.

Haben Sie Wünsche an die Kapitalmarktverantwortlichen in Österreich? Sei es in der Politik oder an der Wiener Börse?

Die Wünsche sind sehr groß. Es krankt in Österreich daran, dass wir einen total verkrampften Zugang zum Unternehmertum haben. Wenn jemand gut performt, wird man neidisch. Viel verdienen ist nicht opportun, sondern eine Katastrophe. Report um Report zeigt diesen Missstand auf. Es braucht mehr Wertschätzung für die Wirtschaft, den Rest erledigen die Unternehmen ohnedies von selbst. Der Kapitalmarkt selbst war in Österreich nie ausgeprägt, aber das, was vorhanden war, hat man mit der 27,5%-KESt auf Wertsteigerungen kaputt gemacht. Ist es schlimm, Aktien zu besitzen? Wer 5.000 Euro auf eine Crowdfunding-Möglichkeit setzt, ist ein Held, wer 5.000 über die Wiener Börse in Aktien investiert, ist ein Spekulant. Es wird mir auch schon zu viel mit dieser Startup-Romantik; das rettet uns nicht, ich brauche ja auch die mittleren und großen Unternehmen, um vom Fleck zu kommen. Was uns fehlt, sind große mittelständische Unternehmen, die man in Deutschland  zuhauf findet. Nicht falsch verstehen: Start-ups sind wichtig, aber den Aufschwung werden sie nicht bringen.

Was könnte ein Trigger sein, damit es sich zum Besseren wandelt? Was Steuerliches?

Aber nein, das meiste ist nur wettbewerbsverzerrend. Hilfreich wäre mehr Wertschätzung statt einer Neidkeule. Förderungen sind nicht so meines, aber die langfristige Altersvorsorge in Aktien in einen Topf mit Daytrading und Hochfrequenzhandel zu werfen, das ist heftig. Auch zum Eigenkapitalaufbau in Unternehmen könnte man was tun, dann ist der ganze andere Förderaufwand überflüssig, das muss ja alles auch administriert werden. 

Was mir sehr positiv auffällt, ist die hohe Frequenz im Newsbereich der Bank bzw. auch im Bereich Social Media. Wie lautet da die Strategie der Plattformbespielung, bzw. rechnen sich Ihrer Meinung nach die wohl im Vergleich mit anderen Unternehmen höheren Kosten?

Natürlich kostet es. Uns geht es hier um das Gewinnen von Vertrauen. Wir sind gut durch die Krise gekommen, leiden aber mit der Branche. Vertrauen gewinnen kann man über gute Mitarbeiter, die in der Kundenkommunikation stehen. Wir denken, dass wir mit ­Social Media gut an vorwiegend junge Leute mit unseren Aktivitäten herankommen. Da passt das Preis-Leistungsverhältnis von Social Media sehr gut. Wir haben in der Öffentlichkeitsarbeit und Social Media drei Mitarbeiter im Einsatz. Es ist in diesen Medien wichtig, dass man kommunikativ und schnell ist. Da geht es nicht um Geschäftsabschlüsse, es zeigt die Bank aber von einer menschlicheren Seite. Die Pflichtpublikationen sind ja in puncto Formulierungen und Disclaimern weitgehend vorgegeben, den Menschen erreicht man heute über neue Wege.

Ihr Sitz ist in Klagenfurt/Kärnten. Die Kombination von ‚Kärnten und Banken‘, das war früher sehr stark Valutengeschäft mit Lira & Co. und ist vorbei. Jetzt in der Euro-Ära ist wiederum alles von der Hypo/Heta-Problematik massiv überschattet. Wie gehts der BKS mit dieser Situation? 

(lacht) Ja, die guten alten Valutengeschäfte sind natürlich weggefallen, das war ein ganz wesentlicher Faktor in den Filialen. Das ist aber schon lange her. Die Hypo ist ebenfalls schon länger ein großes Thema. Sie hatte die Landeshaftung und konnte de facto unbegrenzt Geld aufnehmen, sie konnte im öffentlichen Bereich günstige Geschäfte machen. Dies war wettbewerbsverzerrend, wir von der BKS wirkten im Vergleich langweilig und konservativ. Mit der großen Krise ging das durchwachsene Bild weiter, warum soll z.B. ein Kreditkunde der Hypo wechseln? Imagemäßig haben wir aber schon profitiert. Man weiß, dass wir mit unserer verantwortungsbewussten, verlässlichen Geschäftspolitik die Krise besser bewältigt haben. Spüren tun wir das erst seit einigen Monaten, sodass wir jetzt ein wenig geschäftlich profitieren.

Und wie geht‘s Ihnen mit der Digitalisierung?

Der Bankomat hat die Bankenbranche verändert, und die Digitalisierung ist jetzt die nächste große Welle. Wir wissen, dass wir investieren müssen, tun das auch, haben ein neues Kundenportal in Betrieb genommen. Wir kommunizieren mit dem Kunden ver­stärkt über E-Boxen. In wenigen Wochen erwartet unsere Online-Banking-Nutzer ein neues Wertpapiermodul mit vielfältigen Möglichkeiten. Wir investieren aber auch in Filialen, in Wien und in Slowenien nehmen wir Personal auf.

Bitte noch einen Blick auf die Ziele und geplanten Milestones für 2016. Was haben Sie sich vorgenommen? 

2016 ist das Jahr, das von den negativen Zinsen geprägt ist. Das Zinsgeschäft erodiert, wir müssen Wachstum entgegensetzen. Das geht vor allem im Dienstleistungsgeschäft. Im Wertpapiergeschäft und im ganz wichtigen Zahlungsverkehr geht es um große technische Entwicklungen. Gerade im Bereich der mittelständischen Kunden haben wir schöne Erfolge zu verzeichnen. Im Versicherungs­geschäft sind wir Kooperationspartner der Generali-Gruppe, unser Bestand ist im Vorjahr übertragen worden. Auch die Zusammenarbeit mit der 3 Banken KAG ist toll und für uns ein wichtiger Erfolgsfaktor. Dort gibt es eigene Meinung, nicht Mainstream. Das zeichnet das Team von Alois Wögerbauer aus. Wir haben auch ein nachhaltiges Vermögensmangement eingesetzt und werden 2016 auch Social Bonds oder Green Bonds emittieren. 

Abschließend das Bargeld als weiteres großes Thema. Wie sehr gehört das zum Geschäft?

Heute gehört es dazu, mit sinkender Tendenz. Eine Entwicklung hin zum elektronischen Payment ist schon lange da, das Handy wird viel stärker kommen. Das kann und will ich nicht stoppen. Österreich ist hier auch nicht der Vorreiter. Auf die Nerven geht mir jedoch, dass man uns alles vorschreiben will. Für mich als liberal denkenden Menschen ist das Nachdenken über ein Verbot des Bargelds unverständlich. Begründungen wie Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung finde ich vorgeschoben.



(15.03.2016)

Herta Stockbauer (Vorstand BKS-Bank), (© Martina Draper/photaq)


Christian Drastil, Herta Stockbauer (Vorstand BKS-Bank), (© Martina Draper/photaq)


Herta Stockbauer (Vorstand BKS-Bank), (© Martina Draper/photaq)


Herta Stockbauer (Vorstand BKS-Bank), (© Martina Draper/photaq)


Herta Stockbauer (Vorstand BKS-Bank), (© Martina Draper/photaq)


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Christian Drastil
Der Namensgeber des Blogs. Ich funktioniere nach dem Motto "Trial, Error & Learning". Mehrjährige Business Pläne passen einfach nicht zu mir. Zu schnell (ver)ändert sich die Welt, in der wir leben. Damit bin ich wohl nicht konzernkompatibel sondern lieber ein alter Jungunternehmer. Ein lupenreiner Digital Immigrant ohne auch nur einen Funken Programmier-Know-How, aber - wie manche sagen - vielleicht mit einem ausgeprägten Gespür für Geschäftsmodelle, die funktionieren. Der Versuch, Finanzmedien mit Sport, Musik und schrägen Ideen positiv aufzuladen, um Financial Literacy für ein grosses Publikum spannend zu machen, steht im Mittelpunkt. Diese Dinge sind mein Berufsleben und ich arbeite gerne. Der Blog soll u.a. zeigen, wie alles zusammenhängt und welches Bigger Picture angestrebt wird.
Christian Drastil

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