Der Mini Crash zu Jahresbeginn - Wo gibt es Schnäppchen? (Michael Gredenberg)

Das Jahr 2016 hat an den Börsen weltweit mit einem kleinen Crash begonnen. Ausgehend von neuen Problemen aus China gaben die Aktienkurse auf der ganzen Welt stark nach. Im Durchschnitt über 6% in der ersten Woche des neuen Jahres.

Welche Werte haben am stärksten gelitten und wo gibt es jetzt Schnäppchen? Einige Aktien sind derzeit so billig wie in den letzen 10 Jahren nicht mehr. Ein paar davon werde ich heute untersuchen.

Der kleine Crash zum Start des Jahres 2016

Ausgehend von neuen Ereignissen in China wurden die Märkte weltweit in den ersten Tagen des Jahres 2016 in die Tiefe gerissen. China wertete seine Währung den Renminbi Yuan weiter ab um den Export anzukurbeln und das geplante Wirtschaftswachstum zu erreichen. Als die chinesischen Anleger darauf hin allergisch reagierten und panikartig ihre Aktien verkauften wurde der Handel einfach ausgesetzt – was die Situation weiter verschlimmerte.
China probiert offensichtlich in planwirtschaftlicher Manier die Aktienkurse oben zu halten – das kann nicht gut gehen.

Aber rechtfertigt die “Krise” in China (das Wirtschaftswachstum wird wohl nicht so hoch sein wie erwartet aber von einer Rezession kann noch keine Rede sein) wirklich eine weltweite Korrektur? 

Welche Branchen waren ab stärksten von der Korrektur Anfang 2016 betroffen?
Der weltweite Überblick:

In den folgenden Tabelle habe ich alle Aktien die weltweit gehandelt werden und von Bloomberg erfasst sind nach Branchen gegliedert und deren Performance in der ersten Handelswoche 2016 dargestellt:

Weltweit
Gesamt -6,13%
Versorger -3,12%
Telekom -3,24%
Verbrauchsgüter -3,72%
Gesundheit -5,84%
Finanzen -6,22%
Energie -6,37%
Konsumgüter -6,89%
Rohstoffe -6,97%
Industrie -6,98%
Informationstechnik -7,61%

Durchschnittlich war das Minus weltweit 6,13%. Am stärksten betroffen sind Aktien aus dem Informationstechnik-Bereich mit einem Verlust von bisher 7,61%. 

Interessanterweise ist die Versorger-Branche am wenigsten vom “Crash” betroffen.

Europa:
Europa
Gesamt -5,81%
Telekom -2,83%
Versorger -3,15%
Verbrauchsgüter -4,61%
Gesundheit -5,10%
Informationstechnik -5,37%
Industrie -5,53%
Konsumgüter -6,55%
Finanzen -6,62%
Rohstoffe -7,67%
Energie -9,15%

In Europa hat es den Energie und Rohstoff-Sektor am härtesten getroffen. Das ist natürlich besonders mit dem weiter fallenden Ölpreis zu begründen. Auch hier konnten sich die Versorger und die Telekom-Sparte am besten halten.

USA:
USA
Gesamt -5,81%
Versorger -0,70%
Telekom -1,69%
Verbrauchsgüter -2,58%
Rohstoffe -5,93%
Konsumgüter -6,02%
Gesundheit -6,15%
Finanzen -6,35%
Industrie -6,51%
Energie -6,86%
Informationstechnik -7,12%

In den USA hat es auch die Informationstechnik am stärksten getroffen, gefolgt vom Energie-Sektor. Auch hier konnten sich Versorger und Telekom-Unternehmen am besten behaupten.

Zusammenfassung:

Die Sorgen um die Zukunft von Chinas Wirtschaft waren wohl der größte Auslöser des Kursrutsches der letzten Tage.  Außerdem machen fallende Rohstoff-Preise vielen Sparten Probleme. Der Ölpreis setzte zu Jahresbeginn seine Talfahrt fort, was natürlich auch die Energie-Sparte in die Tiefe zog.

Warum aber ist die Informationstechnik-Sparte so stark von dem kleinen Crash betroffen?

Auslöser dafür waren wohl Gerüchte um die Iphone-Produktion von Apple. Immerhin handelt es sich dabei um das derzeit größte börsenotierte Unternehmen der Welt (nach Marktkapitalisierung). So haben Zulieferer von Apple durchsickern lassen, dass die Iphone-Produktion um 30% zurückgefahren werden soll. Das ist natürlich nach vielen Jahren stetigen Wachstums eine absolute Hiobsbotschaft.

Der Smartphone-Markt scheint gesättigt zu sein. Das Wachstum der letzten Jahre ist wohl vorbei und ab nun wird nur noch um Marktanteile gekämpft.

Nachdem Smartphones in den letzten Jahren viele Bereiche der IT-Branche beschäftigt haben, besonders Halbleiter-Produzenten, wurden diese alle an der Börse abgestraft. Auch Apple wurde gehörig abgestraft und notiert mittlerweile unter USD 100 pro Aktie – das ist über 30% unter dem Höchstkurs von Mitte letzten Jahres.

Einige Unternehmen aus der IT-Sparte sind sogar so günstig wie seit 10 Jahren nicht mehr (nach KBV und KGV gerechnet). Aus diesem Grund habe ich ein paar davon heute herausgesucht und die wichtigsten Kennzahlen dargestellt.

Da ich persönlich davon überzeugt bin, dass die Entwicklung nicht stehen bleiben wird und bald neue Gadets wie Smartphones auf den Markt kommen werden die jedermann haben möchte (z.B. künstliche Intelligenz könnte da bald ein grosses Thema werden) schreibe ich diese Branche nicht ab – im Gegenteil: Ich sehe eine große Zukunft in der IT-Branche. Immerhin gab es vor den Smartphones den Internet-Boom, davor den Heimcomputer-Boom etc. Der nächste Boom kommt bestimmt.

Günstige Aktien im Informationstechnologie-Sektor:

Folgende Unternehmen erscheinen mir fundamental derzeit sehr günstig und eine nähere Betrachtung wert. All diese Aktien sind derzeit sowohl von KBV als auch von KGV her günstiger als im Durchschnitt der letzten 10 Jahre:

Intel:
Intel ist einer der größten Hersteller für Mikroprozessoren weltweit. Diese werden nicht nur in Computern und Smartphones sondern mittlerweile fast überall benötigt. Intel-Prozessoren punkten vorallem durch Leistungsfähigkeit. Sie sind nicht so stromsparend wie Prozessoren auf ARM-Architektur (die z.B. von Qualcomm hergestellt werden) aber dafür können sie dort eingesetzt werden wo Leistung benötigt wird, z.B. eben bei Anwendungen mit künstlicher Intelligenz.

Das Unternehmen außerdem ist nach wie vor Marktführer bei Desktop und Notebook PCs. Sowohl Windows-PCs als auch Macintosh-Computer basieren auf der Intel-Architektur.

Wie wir sehen werden zeigt sich das auch bei den Kennzahlen. Die Gesamtkapitalrendite mit über 10% ist sehr gut. Die Dividendenrendite mit über 3% ist auch in Ordnung und vor allem: Die Dividende ist relativ gut abgesichert da die Dividendendeckung über 200% beträgt.

Das KGV von Intel beträgt derzeit 12,97 was unter dem 10 jährigen Durchschnitt von 16,29 liegt. Genauso sieht es beim KBV aus.

Cisco:
Cisco Systems ist Weltmarktführer bei Netzwerkkomponenten – besonders bei der Ausstattung von Internet-Backbones (die starken Leitungen die das Rückgrat des Internets bilden) sind Router und Switches von Cisco sehr gefragt.

Das ist natürlich kein Wachstumsgeschäft mehr, aber dennoch ist das Internet nicht mehr wegzudenken und Cisco beweist mit seinen Kennzahlen, dass es in der Lage ist stabile Gewinne zu erwirtschaften.

Auch hier lockt eine Dividende von fast 3,5% mit einer Dividendendeckung von über 300% – also auch keine große Gefahr einer Reduktion selbst in schlechteren Zeiten.

Auch bei Cisco ist sowohl KGV als auch KBV derzeit unter dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre.

Corning:
Corning ist spezialisiert auf die Herstellung von Glasfaser-Kabeln. Das sind die Kabel über die die großen Datenmengen des Internets fliessen. Auch dieses Unternehmen hat recht solide Kennzahlen, obgleich hier ein Rückgang der Gewinne für die nächsten Jahre erwartet wird.

Hier lockt dafür die Bewertung: Das KBV ist kleiner als eins (0,94) d.h. für einen USD den  man für die Aktie bezahlt bekommt man mehr als einen Dollar Eigenkapital an der Firma. Das ist normalerweise nur bei Unternehmen gerechtfertigt wo Verluste erwartet werden.  Corning hatte in den letzten 10 Jahren kein einziges Verlustjahr. Selbst wenn die Gewinne in Zukunft zurückgehen sollten so sind es noch keine Verluste.

Die Dividendenrendite beträgt 2,78% und die Dividendendeckung ist ebenfalls mit über 300% sehr gut.

ASM International:
Das erste und eimnzige europäische Unternehmen in meiner Auswahl: Ein Halbleiter-Produzent mit Sitz in Holland.  Dieses Unternehmen konnte in den letzten Jahren beweisen dass es gut wachsen konnte. Auch hier denke ich dass die Bewertung selbst dann günstig ist, wenn dieses Wachstum jetzt vorbei sein sollte. 

Samsung:
Der weltweit (nach Marktanteilen) größte Hersteller von Smartphones (noch vor Apple) leidet natürlich auch an der rückläufigen Nachfrage nach Smartphones. Allerdings sind Smartphones nicht das einzige Geschäft von Samsung und mit einem KBV von ca. 1 und einem KGV von 8,32 ist das Unternehmen selbst dann noch günstig wenn die Gewinne sich mehr als halbieren.

Panasonic:
Dieses japanische Unternehmen habe ich in die Liste aufgenommen, da es am Bau der größten Fabrik der Welt beteiligt ist, wo Batterien hergestellt werden sollen. Die Rede ist von der Tesla-Gigafactory die derzeit in Nevada entsteht und wo Akkus – besonders für die Elektroautos von Tesla – produziert werden sollen.
Insgesamt sehe ich in Zukunft eine große Nachfrage für Akkus, egal ob in Smartphones, Tablets, Notebooks, Elektroautos und anderen mobilen Gadgets.

Von den Kennzahlen her ist Panasonic nicht besonders interessant. Die Bewertung allerdings ist sehr günstig und in Anbetracht auf das Engagement im Batterie-Bereich könnte das Unternehmen ein Kauf sein – es ist jedenfalls deutlich günstiger als z.B. der Elektroauto-Hersteller Tesla.

Mediatek:
Dieses taiwanesische Unternehmen stellt ebenfalls Halbleiter her – besonders für den chinesischen Markt. Man konnte in den letzten Tagen insgesamt deutlich sehen dass besonders Unternehmen mit Fokus auf China stark vom Markt bestraft wurden.

Die Kennzahlen von Mediatek sind nicht schlecht, die Wachstumsaussichten leider schon. Die Aktie ist jedenfalls derzeit sehr günstig und die Dividendenrendite sehr hoch. Trotzdem beträgt die Dividendendeckung fast 200%.

Die Unternehmen inkl. Kennzahlen und Bewertung:
  Intel Cisco Corning ASM International Samsung Panasonic Mediatek
Fundamentaldaten              
Umsatzwachstum 2012-2015 p.a. 0,84% 1,87% 3,75% 15,06% -0,10% -0,30% 20,17%
Umsatzrendite 2015 20,79% 19,32% 22,65% 24,12% 10,35% 2,71% 15,42%
Gewinnwachstum 2012-2015 p.a. 1,38% 6,02% 8,73% 114,32% -3,65% -164,78% 27,00%
Gesamtkapitalrendite 2015 12,47% 8,94% 7,00% 8,57% 9,00% 4,10% 9,09%
EK-Wachstum/Aktie  2012-2015 p.a. 4,91% 6,64% 5,16% 29,18% 12,99% -1,87% 6,59%
Cashflow Zuwachs 2012-2015 p.a. 15,86% 3,89% 6,18% 28,56% -28,74% -57,59% -62,50%
erwartetes Wachstum 2015-2018 p.a. 4,22% 3,74% -6,13% 5,56% 2,03% 7,62% -1,75%
Dividendendeckung 2012-2015 avg 222,84% 325,34% 323,04% 198,58% 572,36% -1568,21% 181,37%
Bewertung              
Dividendenrendite 2015 3,05% 3,47% 2,78% 1,96% 1,89% 1,87% 7,68%
KGV aktuell 12,97 13,13 9,65 13,10 8,32 14,64 10,51
KGV Durchschnitt 10 Jahre 16,29 17,07 12,55 22,76 9,21 35,17 16,97
KBV aktuell 2,62 2,11 0,94 1,21 1,03 1,42 1,36
KBV Durchschnitt 10 Jahre 2,82 3,19 1,85 1,42 1,33 1,25 3,26
KUV aktuell 2,72 2,55 2,31 3,10 0,76 0,34 1,61

 

Fazit:

Der kleine Crash der ersten Tage im Jahr 2016 hatte zahlreiche Ursachen: Die Angst vor der Zukunft Chinas sowie der weiter fallende Ölpreis waren wohl die Hauptursachen. Die Technologie-Branche hat es besonders stark erwischt, da hier noch die Angst vor einer Sättigung des Smartphone-Marktes mit sinkenden Verkaufszahlen als Konsequenz dazugekommen ist.
Ich persönlich bin der Meinung, dass der IT-Sektor nicht ausschließlich von Smartphones lebt. Natürlich haben diese der Branche in den letzten Jahren einen gewaltigen Schub gegeben. Doch es war immer schon so, dass auf eine Innovation früher oder später die nächste folgte. Nach dem Smartphone wird etwas neues kommen – eventuell in Verbindung mit künstlicher Intelligenz. z.b. selbstfahrende Autos stehen quasi vor der Tür.
Aus diesem Grund halte ich viele Unternehmen im IT-Bereich derzeit für sehr günstig bewertet.
Natürlich muss man sich im klaren sein, dass diese günstige Bewertung sehr lange anhalten kann und man sehr lange auf Kursgewinne warten muss. Es gibt dafür den Ausdruck der sogenannten “Value-Trap” auf deutsch: “Bewertungsfalle”. Oft kauft man eine Aktie günstig und diese bleibt dann aber auch jahrelang günstig und man schaut in punkto Kursgewinne durch die Finger. Hier hilft dann nur die Dividende.
Auch können die Kursverluste noch viel größer werden wenn man nun in das “fallende Messer” greift. 

Der Beitrag Der Mini Crash zu Jahresbeginn – Wo gibt es Schnäppchen? erschien zuerst auf Financeblog.



(11.01.2016)

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Michael Gredenberg

Inode-Gründer. Heute u.a. passionierter Radfahrer und Finanzautor via financeblog.at.

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