Ein Blick auf das Meer: Dampskibsselskabet Norden A/S (Daniel Koinegg)

Auf meinen Aktienscreens taucht seit geraumer Zeit ein Unternehmen aus einer Branche auf, die ich bisher immer wieder ignoriert habe und in der sich mein Wissen bis dato am besten mit gähnender Leere gleichsetzen lässt. Es geht um die Dampskibsselskabet Norden A/S (DK0060083210) und den globalen Gütertransport zu Wasser. Es kann wohl kaum schaden, seinen Horizont etwas zu erweitern, weshalb ich diese terra incognita betreten und zumindest etwas Verständnis für diese komplexe Welt in meine langsam arbeitenden grauen Zellen aufnehmen möchte. Für all jene, die sich mit dieser Branche schon mal beschäftigt haben, werden meine Ausführungen entbehrlich sein, für diejenigen, die aber ebenso neu in dem Bereich sind, könnten sie einen gewissen informativen Mehrwert haben. Vorerst ist hier keine Unternehmensbewertung zu erwarten, sondern eher eine mehr oder weniger systematische Aufbereitung von Wissen, das ich mir aneignen werde. Die Dampskibsselskabet Norden A/S ist beispielsweise in zwei verschiedenen Segmenten tätig, einerseits im Betrieb von Tankschiffen und andererseits von Frachtschiffen für sogenannte „dry cargo“, also Trockenschüttgut. Letzteres möchte ich in diesem Artikel grundlegend beleuchten.

Zu den wichtigsten Trockenschüttgütern, den sogenannten Hauptfrachtgütern oder Massengütern, zählen unter anderem Kohle, Eisenerz, Getreide, Kunststoffgranulat und ähnliches. Man sieht also, dass es hier um den Transport grundlegender Rohstoffe und Güter geht, die in allen möglichen Industriezweigen der Weltwirtschaft zur Weiterverarbeitung gebraucht werden. Da diese nicht überall auf der Welt in gleichem Maße vorkommen bzw. gewinnbar sind, ist mit dem weltweiten Bedarf untrennbar das Erfordernis des Transports dieser Güter verbunden. Aufgrund des oftmals nicht vorhandenen Landweges spielt die Beförderung dieser Rohstoffe via Seeweg eine sehr große Rolle. Es haben sich verschiedene Hauptschifffahrtsrouten gebildet, die logischerweise an entsprechende Hafenkapazitäten gekoppelt sein müssen.

Der weltweite Frachtschiffsmarkt lässt sich weiter in Massengutfrachter, Tanker, Containerschiffe sowie Gastanker unterteilen, wobei die Massengutfrachter prozentuell gesehen mehr als die Hälfte der Schiffe ausmachen. Für diese Massengutfrachter existiert eine weitere Unterteilung in ihrer Bezeichnung, gestaffelt nach ihrem Ladevolumen:

  • Capesize (>100 Tsd Tonnen, transportieren fast nur Kohle und Eisenerz)
  • Panamax (60 bis 100 Tsd Tonnen, transportieren Kohle, Getreide Bauxit)
  • Supramax (40 bis 60 Tsd Tonnen)
  • Handysize (unter 40 Tsd Tonnen)

Die Bezeichnung Panamax stammt übrigens daher, dass diese Schiffe gerade noch geeignet sind, den Panama-Kanal zu passieren. Die Capesize-Schiffe können wegen ihrer Größe nicht mehr durch den Panamakanal und den Suezkanal fahren und müssen somit andere Routen nehmen. Allerdings ist derzeit der Panama-Kanal offenbar in Ausbau für bestimmte Schiffe, die größer als die Panamax-Klasse sind.

Einer der wichtigsten Indikatoren in dieser Branche ist der sogenannte Baltic Dry Index (kurz BDI). Dieser setzt sich aus vier verschiedenen Subindizes zusammen, die wiederum auf die bereits vorgestellten Schiffsgrößen Bezug nehmen:

  • Baltic Capesize Index (BCI)
  • Baltic Panamax Index (BPI)
  • Baltic Supramax Index (BSI)
  • Baltic Handysize Index (BHI)

In den Subindizes werden die Charterraten für die wichtigsten Schiffshandelsrouten erfasst und nach einem bestimmten Schlüssel gewichtet. Der BDI misst also die Preise bzw. die Kosten für die Beförderung bestimmter Massengüter auf bestimmten Routen. Logischerweise bildet sich dieser Preis nach Angebot und Nachfrage. Je weniger Schiffskapazität für eine bestimmte Route also vorhanden ist und je mehr Rohstoffe auf dieser Route transportiert werden sollen, desto höher steigt der Preis und umgekehrt. Vielerorts wird der BDI als einer der wichtigsten Frühindikatoren für die Weltwirtschaft genannt, da unter anderem das Volumen der nachgefragten und somit transportierten Rohstoffe, das heißt die erste Stufe des Verarbeitungsprozesses, indiziert wird.

Die Bildung des BDI erfolgt durch tägliche Sammlung von Daten von Reedern, Charterern und Schiffsmaklern. Bemerkenswert ist die Volatilität dieser Preise, die unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass sich die Nachfrage nach Schiffen ziemlich schnell ändern kann, das Angebot aufgrund der langen Baudauern und der schwierigen Planbarkeit aber äußerst schleppend entwickelt. So schwankten die Tagescharterraten für ein Capesize-Schiff innerhalb des Krisenjahres 2008 beispielsweise zwischen knapp über 2.000 und deutlich über 200.000 USD. Es wird in den Quellen (v.a. im u.a. Youtube-Video) auch darauf hingewiesen, dass der Index de facto nicht manipulierbar ist, weil er nur die Befriedigung echter Nachfrage misst. Beispielsweise wird niemand ein Schiff chartern, wenn er es gar nicht braucht.

Welche Implikationen kann die Entwicklung des BDI haben? Ein Anstieg deutet auf eine Preissteigerung in den Produktionskosten für Konsumgüter hin, weil die Frachtkosten als ein Teil der Gesamtkosten an den Konsumenten weiter gegeben werden, wenn man die Margen halten möchte. Das gilt natürlich auch vice versa. Außerdem wird darauf verwiesen, dass Rohstoffpreise und der BDI miteinander korrelieren. Extrinsische Einflussfaktoren für den Index sind ebenfalls Naturkatastrophen, Kriege und ähnliche Entwicklungen.

Wenig überraschend ist also bereits auf den ersten Blick, dass sich Aktien von Schifffahrtsunternehmen wie der Dampskibsselskabet Norden derzeit auf Tiefstständen befinden, wenn man sich die Indexentwicklung des BDI ansieht. Dieser befindet sich mit seinen knapp 780 Punkten auf einem Niveau, das er zu Zeiten seiner Begründung im Jahr 1985 schon hatte. Möglicherweise könnten sich in dieser Branche antizyklische Investmentchancen verbergen, von daher wird es sicher nicht schaden, sich weiter einzulesen und mal den letzten Quartalsbericht des genannten Unternehmens durchzugehen.

 

Verwendete Quellen (gesammelt)

http://de.wikipedia.org/wiki/Seeschifffahrt

http://de.wikipedia.org/wiki/Baltic_Dry_Index

http://www.ds-norden.com/

http://de.wikipedia.org/wiki/Massengutfrachter

http://de.wikipedia.org/wiki/Charter

https://www.youtube.com/watch?v=FGrhsoM6gLo

http://derstandard.at/2000009819950/Erneuter-Baustopp-am-Panamakanal

http://www.bloomberg.com/quote/BDIY:IND/chart

 

Der Beitrag Ein Blick auf das Meer erschien zuerst auf Bargain.



(29.12.2014)

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Daniel Koinegg

Der Praktikant.

>> http://www.bargain-investments.com


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