06.07.2014, 8544 Zeichen
Roel Huisman, Chef der ING-DiBa Direktbank Austria, lädt das Fachheft in seinen Service Point am Schwedenplatz. In Zeiten niedriger Zinsen werde man auch Kredite und Wertpapiere forcieren.
Was haben Sie mit dem Servicepoint am Schwedenplatz vor? Warum nicht Filiale, sondern Servicepoint?
Roel Huisman: Wir nennen das bewusst Servicepoint. Das indiziert, dass es vor allem um Service geht. Hauptziel für uns und vor allem der wichtigste Hintergrund ist, dass wir noch sichtbarer für unsere Kunden und einfacher zugänglich und erlebbar auch für Interessenten werden. Und wie geht das besser und einfacher, als mit einer physischen Präsenz? Man kann sich das Modell Direktbanking vor Ort zeigen lassen. Weiters glauben wir, auch auf Basis der Erfahrungen unserer Geschwister aus anderen ING-Ländern, dass wir damit an andere Zielgruppen herankommen – z.B. Leute, die sich schon jetzt interessiert haben, aber noch eine Hürde in der fehlenden Möglichkeit erlebten, Face-to-Face sprechen zu können. Und drittens wirklich die Servicierung, z.B. Unterlagen austauschen; Dinge, die über den Postweg oder digitalen Weg langsamer gehen.
Wir sind hier vis a vis vom Österreich-Headquarter, gleich über den Donaukanal ist der Galaxy Tower. War die Nähe ein wesentliches Entscheidungskriterium, z.B. auch, was einen flexiblen Mitarbeiterstand hier vor Ort betrifft?
Die Nähe war nicht wesentlich, freilich ist die Location ein Vorteil. Wir wollten da sein, wo die Kunden sind und wollten natürlich auch unserer Marke treu bleiben. Also haben wir einen Ort gesucht mit nicht nur hoher Passantenfrequenz, sondern vor allem relevanter Passantenfrequenz. Es gab ein paar Strassen in Wien, die Rotenturmstrasse war immer in der Auswahl. Die Nähe; ja, die ist schön. Es gibt einen guten Draht und eine gute Verbindung. Es ist nicht weit, hinüberzugehen und zu schauen, was los ist. Man kann auch kurzfristig unkompliziert für mehr Kapazitäten sorgen vor Ort, das ist richtig.
Haben Sie als lupenreine Direktbank nicht ein wenig Angst, dass das Nachfrage nach viel mehr Servicepoints auslösen könnte? Das könnte das Geschäftsmodell mit Ihrem Kostenvorteil gegenüber klassischen Anbietern ja etwas verwässern ...
Das Geschäftsmodell ist der Kundenbedarf, wir schaffen einen neuen Zugang. Sollte das ein riesiger Erfolg sein, werden wir natürlich weitere Servicepoints und Standorte machen. Aber wir werden definitiv keine Filialbank mit kostenintensiver Infrastruktur.
Gibt es auch in Deutschland oder Holland Servicepoints?
Alle Units haben das, aber es ist mit verschiedenen Historien gestartet. In Holland und Belgien war ING ja eine etablierte Filialbank, und man hat dann den Schritt in Richtung Direktbank und Servicepoints gemacht. Spanien und Italien starteten wiederum so wie wir als reine Direktbank und haben sich dann mit Servicepoints erweitert und weiterentwickelt. In Deutschland geht es rein über Direktvertrieb. Österreich rückt nach und hat sich das Beste aus allen Ländern abgeschaut, kombiniert.
Waren die Kollegen aus Deutschland oder Holland schon vor Ort? Wenn ja, was sagt man zu Ihren neuen Aktivitäten?
Es ist lustig, wir besuchten zuerst selbst die Kollegen in Spanien, Italien, Frankreich, Holland und Belgien. Wir haben dann eine aus unserer Sicht richtige Kombination gemacht. Das wiederum hat bei unseren Kollegen aus den anderen Ländern eine gewisse Neugier ausgelöst. Die waren bei der Eröffnung alle hier, sahen wieder neue Komponenten und Konzepte. Der eine oder andere lässt sich wiederum dadurch inspirieren, z.B. die Digital Tablets, bei denen man die Formulare von den Mitarbeitern digital ausfüllen lässt, ganz ohne Papier. Oder das Interactive Touch Display, eines von nur vier Stück in Europa im B2C-Bereich. Die Inspiration ist da. Touch Screens gibt es viele, aber unserer ist extrem sensitiv; man kann auch zu zweit verschiedene Funktionen abrufen, Videos sehen und die DiBa kennenlernen. Der Kunde kann einfach damit spielen. Wir haben auch ein transparentes Fenster, im Dunklen gibt es Weissglas-Effekte. Für eine Bank, die sich neun Jahre lang mit Direktvertrieb auseinandergesetzt hat, ist das ein spannendes Thema, da es um vollkommen andere Dinge geht, die wir uns bisher noch nie überlegen mussten. Alle Abteilungen und Mitarbeiter waren direkt oder indirekt involviert.
Gibt es einen Businessplan, eine Kosten/ Nutzen-Rechnung für den Servicepoint?
Wie gesagt, Hauptziel ist Sichtbarkeit, Erlebbarkeit und Zugänglichkeit. Messen tun wir das an der Besucherfrequenz. Das ist der Business Case; so wie wir im Marketing andere Medien einkaufen, schalten, erledigen wir auch das aus dem Marketingbudget, das kommt nicht aus einem zusätzlichen Topf. Alles Weitere darüber hinaus, wie Neukunden, sind Zusatzaspekte.
Zufrieden mit den ersten Tagen?
Sehr zufrieden. Wir haben das schön umgebaut, und ich hatte schon etwas Angst, dass dann zu wenig Leute kommen. Die Marktforschung war positiv, aber erfahren kann man das erst in der Praxis. Und wir sind wirklich sehr zufrieden, die Österreicher wollen Faceto-Face, 82 Prozent der Österreicher sehen das als wichtigsten Kanal.
Am Schwedenplatz soll ja eine Riesen-Baustelle kommen, ev. eine Untertunnelung. Ein Problem?
Oder könnten sich mit Ihren technischen Möglichkeiten und der Spontanität sogar Chancen ergeben? Grundsätzlich ist es gut, den Platz qualititativ aufzuwerten; wenn das schöner und angenehmer wird, ist es sehr gut. Es ist noch Zeit, sich Gedanken zu machen, welche Rolle wir da spielen können.
Kreditgespräche kann ich mir hier gut vorstellen. Auch Brokerage ein Thema?
Wir haben drei Kategorien: Sparen, Kredite und Wertpapiere. Wertpapiere sind noch weniger wahrgenommen. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass die Österreicher sich da einmal näher informieren.
In welchen Bereichen sehen Sie die grössten Potenziale?
Grundsätzlich in allen Bereichen, die wir haben, in Sparprodukten glauben wir daran, dass noch unfassbar viel Potenzial ist. Nur fünf Prozent der österreichischen Spargelder liegen bei Direktbanken, 95 Prozent noch immer bei klassischen Instituten. Auch bei Konsumkrediten und Wertpapieren können wir noch sehr profitieren. Wir schauen immer, dass wir einen schönen Mehrwert mit unseren Produkten liefern können. Ich erkenne, dass die Wechselbereitschaft bei den österreichischen Kunden immer stärker wird, das war ja früher kaum gegeben.
Kann es im Wertpapierbereich auch in Richtung Plattform für Selbstentscheider, Brokerage gehen? Sparen und Wertpapiere, das macht ja Sinn.
Da bin ich bei Ihnen. Wir haben eine Fondsauswahl für Selbstentscheider, aber da können wir noch mehr tun und mehr bewerben. Wertpapiere sind interessant; ich weiss nicht, ob sich die Kunden das trauen, die Einlagensicherung ist ja auch ein Punkt.
Wie geht es einer Direktbank in Zeiten historisch niedriger Zinsen? Wie kann man die Kunden bei Laune halten?
Dem Erfolgsrezept treu bleiben, bestmögliche Konditionen anbieten. Auch wenn es insgesamt weit nach unten gegangen ist, lernten es die Leute zu schätzen, flexibel verfügbares Geld zu vernünftigen Konditionen anlegen zu können. Wir wollen das besser machen als unsere Wettbewerber; unsere hohe Kosteneffizienz ermöglicht uns das und wird es uns auch weiterhin ermöglichen.
Der Kunde hat also Ihrer Meinung nach die aktuelle Zinssituation verstanden?
Ja, immer stärker, wenngleich das noch keine Zufriedenheit bringt, den Wunsch nach mehr gibt es immer. Die Kundenzufriedenheit ist vor zwei Jahren, als die Zinsen stark gefallen sind, kurzfristig zurückgegangen, aber das hat sich längst wieder erholt. Und somit glaube ich, dass das mittlerweile verstanden wird. Ein Realitätsbewusstsein.
Was werden die Schwerpunkte in der zweiten Jahreshälfte sein? Noch weitere Servicepoints geplant?
Wir gehen unseren Weg weiter, ein Schwerpunkt werden die Kredite sein, da gibt es jetzt sehr gute Konditionen. Beim Sparen bleiben wir am Ball, wie zuvor besprochen. Bei den Wertpapierern werden wir durchaus auf die Sinnhaftigkeit in der aktuellen Zinssituation hinweisen.
Anm.: Für Runplugged wird mit der ING-DiBa Direktbank Austria der "Running Gag" geschaffen, ein Sonderformat zwischen Wissen, Spass und Donation für die App und vieles mehr. Dazu fand nach dem Interview ein Brainstorming mit den Corporate Communication(erinnen) Andrea Hansal und Bettina Wimmer im Servicepoint statt.
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