Das Wort des Jahres könnte „Reflation“ werden (Wolfgang Matejka)

Die Zeichen stehen gut. Gut für eine globale Konjunkturerholung. Die einzelnen Wachstumsparameter sind dabei zwar regional ziemlich unterschiedlich, der Effekt ist aber weitgehend gleich: die Deflationsspirale wurde durchbrochen, eine Basis hat sich etabliert und von da aus wird auch Wachstum parallel zu steigender Inflation generiert. Reflation nennt man das.

Naturgemäß gibt es zwei Pauschalursachen, Volkswirte sind ja besonders gut darin, Dinge auf das „Wesentliche“ zu reduzieren: expansive Geldpolitik und expansive Fiskalpolitik. Von expansiver Geldpolitik haben wir die letzten Jahre ja wahrlich genug genossen. Bis hin zu Negativrenditen haben Notenbanken den Globus mit Geld geflutet. Dies allein hat aber nicht genügt, eine Umkehr der deflatorischen Tendenzen zu erzeugen, es hat sie stabilisiert und einen Boden gebildet. Fiskalpolitik übernimmt nun mehr und mehr das Ruder. Was vielleicht aus dem schlechten Gewissen eines Deutschen Finanzministers heraus entstanden ist, der angesichts sprudelnder Gewinne aus mit Negativrendite behafteten Emissionen von Staatsanleihen eben diese Gewinne in Form künftiger Steuererleichterungen verschämt wieder zurück geben will, wird mittlerweile am Globus salonfähig. Investieren ist Trump(f).

Die USA versprechen, was übrigens Barack Obama vor 8 Jahren auch versprochen hatte, die heimische Infrastruktur zu modernisieren und somit einen zusätzlichen Schub an Wachstum innerhalb der US-Wirtschaft zu garantieren. China hilft seinen Industrien bei der Refinanzierung, übernimmt teilweise deren externe Schulden, bindet sie dadurch wieder stärker an das Planungsbüro und setzt eine stringentere Wirtschaftspolitik in den zuletzt doch recht eigenständig agierenden Provinzen durch. Europas Wirtschaftspolitik wird hingegen mehr und mehr von den eigenen Unternehmen getrieben. Der innere Wettbewerb innerhalb der EU bringt es mit sich, dass externer Wettbewerbsdruck aus USA, China oder auch UK schneller antizipiert wird als noch vor ein paar Jahren wo man sich auf Brüssel einfach verlassen hat. Jetzt agiert man bevor man erkennt, dass man verlassen ist, oder übernommen wird. Ironischerweise stärkt das sogar die EU samt Brüssel wieder weil sich ein Konjunkturwachstum ergibt das man eigentlich nur nicht wieder regulatorisch einbremsen sollte, mehr braucht es nicht.

Die Hoffnung stirbt zuletzt und wer sich einmal die Finger verbrennt scheut das Feuer. Schon klar, die EU hat schon mehrmals bewiesen, dass ihr das Einbremsen perfekt in den Händen liegt. Jetzt scheint es aber schon zu einem mutigeren Erkenntnisgewinn zu kommen. Nämlich, dass Versprechen auch eingehalten werden müssen, Stichwort Infrastruktur-Milliarden in Deutschland. Auch sind die Unternehmen inzwischen auch wieder bereit auf längere Zeiträume hin zu investieren, quasi wer jetzt bremst verliert sicher. Der Druck wächst, dass sich spät aber doch die tiefen Zinsen als Kreditreserve nutzen lassen um den ersehnten Effekt, Inflation + Konjunkturwachstum zu erzeugen. Eine Kleinigkeit fehlt da halt noch, der Stoppel im Konjunkturdamm, die regulatorische Entlastung, ist noch immer nicht „aus dem Bahnhof draußen“. Da wiehert noch mancher Schimmel und bremst den Zug. Natürlich im besten Wissen und Gewissen, aber die Trennung von liebgewordenen Dingen, und sei es nur die Macht alles und jeden bis in sein Geschäftsmodell hinein kontrollieren und regulieren zu sollen, ist halt doch eine ziemliche Verlockung.

Die Kapitalmärkte nehmen eine positive Entwicklung aber bereits vorweg. Die Erkenntnis der Notwendigkeit und der Umsetzung einer fiskalischen Entlastung parallel zu einer nach wie vor bestehenden expansiven Geldpolitik ist ein perfektes Signal für Wachstum. Die daraus ableitbaren Effekte wie Beschäftigung, Wohlstand und auch Steuereinkommen klingen natürlich gut, sind dann aber gar nicht mal so unwahrscheinlich.

Hauptsache der Zug bewegt sich endlich …



(03.01.2017)

Geld, Münzen, Scheine, (© Josef Chladek/photaq.com)


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Wolfgang Matejka

Über 30 Jahre einschlägige Erfahrung im Bankwesen, davon über 15 Jahre in Führungspositionen

  • seit 07/2013 Chief Investment Officer der Wiener Privatbank SE
  • seit 07/2010 Geschäftsführender Gesellschafter der Matejka & Partner Asset Management GmbH
  • 02/2010 - 07/2010 Geschäftsführer der Oscar Investment GmbH Wertpapierfirma
  • seit 10/2009 Geschäftsführer der Matejka Beteiligungs GmbH, Erwerb, Verwaltung, Entwicklung und Veräußerung einer Beteiligung
  • 09/ 2009-10/2009 Vorstand der Q1 Capital Management AG, Unabhängiges Multi-Manager-Investmenthaus mit Sitz in Wien
  • 06 / 2009-10/2010 GF Sparrow GmbH. (Einzelgesellschaft) – Geschäftsgegenstand: Erwerb, Verwaltung und Entwicklung von Beteiligungen
  • 04 / 2006: GF Julius Meinl Investment GmbH
  • 03 / 2004: CIO Meinl Bank AG
  • 05 / 2002: Vst. Bank Vontobel Österreich AG
  • 01 / 1999: GF Allianz Invest KapitalanlagegesmbH.
  • 07 / 1994: Investment & Trust Bank (nunm. Allianz Investment Bank AG)
  • 04 / 1990: Länderbank Capital Markets GmbH.
  • 10 / 1981: Österreichische Länderbank AG
  • Matura (Naturwissenschaftl. Realgymnasium), CEFA, div. Fachseminare

>> http://wolfgang-matejka.com


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