Drastils Börsenbrief: Do&Co und der seltsame ATX-Einstieg (Christian Drastil)

Do&Co und der überschätzte ATX -Effekt 
Am Montag, den 19. September, feierte die Do&Co-Aktie ihre Premiere im Wiener Leitindex ATX. Dass die Aktie just am Tag vor der Indexaufnahme mit einem Abgang von 4,25 Prozent auf 69,31 Euro und satten 1116 Prozent (bei Do&Co) üblicher Tagesumsätze grösster Tagesverlierer bei den Nebenwerten war, überraschte doch. Einen derart grossen Tagesverlust hatte es direkt vor einer Leitindex-Aufnahme in Österreich noch nicht gegeben. Vielleicht wurde im Vorfeld zu stark auf Indexfollower-Käufe spekuliert und in der Schlussauktion spekulativ zugekauftes Material angeboten – das hat nicht funktioniert, dazu war der Indexeffekt zu klein, Do&Co hat nur 1,38 Prozent Gewicht im Leitindex. Die Aktie war in den Tagen davor auch deutlich gestiegen, um ca. 10 Euro von 62 auf 72 Euro, unterbrochen von kleinen Rücksetzern. Der Rückfall um besagte 4,25 Prozent auf 69,31 Euro muss damit auch relativiert gesehen werden. Wertvoll bleiben wird der o.a. Handelsumsatz, der das mehr als Doppelte des bisher besten 2016er-Tages in dieser Hinsicht brachte, denn dies wird auch für künftige Beobachtungslisten wichtig sein, schliesslich konnte der Flughafen Wien im Zuge der aktuellen Umstellung nur knapp übertroffen werden. Der hohe Einzelumsatz vom 16. September wird also künftig helfen. Und noch eine Zahl: Do&Co konnte den durchschnittlichen Handelsumsatz je Tag gegenüber dem Vorjahr um satte 72 Prozent steigern. Für die Liquidität im Orderbuch sorgen u.a. die Raiffeisen Centrobank AG als Specialist sowie die Market Maker Oddo Seydler Bank AG, Wood & Company Financial Services und Spire (neu nach ATX-Aufnahme).

Auch insgesamt ist die Do&Co-Geschichte durchaus „speziell“. Denn jahrelang hatte das 
Unternehmen zu den Top-Performern am Wiener Markt gezählt, just 2016 ist man am Ende des ATXPrime-Feldes, das hohe Türkei-Exposure (nicht zu vergessen: die grosse Kapitalerhöhung 2010 war an der Börse in Istanbul durchgeführt worden) drückte auf den Kurs, was sich mit rund 30 Prozent Minus seit Jahresbeginn zu Buche schlägt. Aber just die Verkaufswelle aufgrund von Türkei-Unsicherheiten sorgte für das Handelsvolumen, das man für ein Dabeisein im ATX braucht. Damit hatte der Flughafen Wien wie schon im März (damals als aktiver ATX-Wert knapp gegen AT&S ausgeschieden) erneut das Nachsehen. Nebensatz zur AT&S: Das ATX-Aus bescherte auch hier ein 10faches normaler Tagesumsätze, richtig: das wird dann wieder für künftige Listen wichtig. Bei AT&S scheiterte es aber auch an der Market Cap, hier ist man derzeit ausserhalb der für den ATX notwendigen Top25. 

Mit Do&Co kommt jedenfalls ein Wert in den Leitindex, der sich als exzellenter Dividendenzahler positioniert hat. Seit dem Börsengang beteiligte Do&Co seine Aktionäre durchgehend am Gewinn – zuerst mit einer über neun Jahre konstanten Zahlung, ab 2010 dann mit rasant steigenden Ausschüttungen, die 2015 in einer satten Sonderdividende gipfelten. Auch 2016 blieb die Basis hoch.

Fazit: Es gab einmal Fondsmanager-Aussagen nach dem Motto „Immer wenn Do&Co fällt, kann man die Aktie kaufen“. Zuletzt gehört im Jahr 2015 hatte diese Aussage auch stets ihre Gültigkeit. Nun mit der grossen Türkei-Problematik sieht es vielleicht ein wenig anders aus, die Kursziele der Analysten sind aus dem dreistelligen Euro-Bereich in die Region des aktuellen Kurses bei 70 Euro zurückgefallen . Ich werde trotzdem in den kommenden Tagen beginnen, für mein Österreich-wikifolio erste Stücke aufzusammeln. Im Q1 des Geschäftsjahrs 2016/17 stieg der Umsatz um 10,9 Prozent auf 254,5 Mio. Euro, das Konzernergebnis von 6,7 auf 6,8 Mio Euro. Man darf jedenfalls gespannt sein, ob sich das Unternehmen mit der ATX-Aufnahme auch etwas stärker dem österreichischen Privatanleger zuwendet. Das war bisher nicht so die Priorität wie das hervorragende Essen.

HINWEIS: Dieser Text stammt aus der Nullnummer von "Drastils Börsenbrief", der am 23.9. der kompletten Auflage von Medianet beigelegt ist. PDF unter http://www.boerse-social.com/fachheft downloadbar.



(21.09.2016)

Drastils Börsenbrief unter http://www.boerse-social.com/fachheft downloadbar


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Christian Drastil
Der Namensgeber des Blogs. Ich funktioniere nach dem Motto "Trial, Error & Learning". Mehrjährige Business Pläne passen einfach nicht zu mir. Zu schnell (ver)ändert sich die Welt, in der wir leben. Damit bin ich wohl nicht konzernkompatibel sondern lieber ein alter Jungunternehmer. Ein lupenreiner Digital Immigrant ohne auch nur einen Funken Programmier-Know-How, aber - wie manche sagen - vielleicht mit einem ausgeprägten Gespür für Geschäftsmodelle, die funktionieren. Der Versuch, Finanzmedien mit Sport, Musik und schrägen Ideen positiv aufzuladen, um Financial Literacy für ein grosses Publikum spannend zu machen, steht im Mittelpunkt. Diese Dinge sind mein Berufsleben und ich arbeite gerne. Der Blog soll u.a. zeigen, wie alles zusammenhängt und welches Bigger Picture angestrebt wird.
Christian Drastil

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