SBO-Chef Gerald Grohmann über Brüssel vs. Wien und den Ölpreis (25 Jahre ATX)

About: Für die CD-Produktion http://www.boerse-social.com/25jahreatx wurden 33 Telefon-Interviews geführt. Hier täglich ein Interview transkribiert. Heute: Gerald Grohmann, CEO SBO. Wichtig: Diese Interviews wurden nicht für Print gemacht, die Transkripte sind ein Versuch. Die Audio-Version des Grohmann-Interviews findet man unter: 25 Jahre ATX: SBO wechselte 2003 von Brüssel an die Wiener Börse - das Set "Shirt und Doppel-CD" in der "Ich war dabei!"-Version hat am 9.3. das Funding-Ziel von 100 erreicht, es kann noch bis 14.4. bestellt werden (HIER die Namen der Besteller und die Details des Angebots). 

Frage (Peter Heinrich): Bitte um kurze Vorstellung.

Gerald Grohmann: Gerald Grohmann, Vorstandsvorsitzender der Schoeller Bleckmann Oilfield Equipment AG.
 
1862 begann die Historie als Theresienhütte, dann, nach dem 1. Weltkrieg wurde aus der Firma Schoeller mit der Firma Bleckmann die Schoeller Bleckmann Verstaatlichung, 1995 Privatisierung, Schoeller Bleckmann Olfield Equipment AG, dann kam der Börsengang, nach Brüssel 1997, 2003 Delisting in Brüssel und die Notierung an der Wiener Börse. War das der richtige Weg als internationaler Konzern nach Wien an die Börse zu gehen oder nicht vielleicht nach London oder in die USA?
 
Wir haben uns das damals sehr genau überlegt. Ich kann mich noch gut erinnern, denn ich war damals gerade mal zwei Jahre CEO der Schoeller Bleckmann und habe gesehen, dass Brüssel für uns kein Börsenplatz ist und er ist ja kurz darauf später geschlossen worden. Wir haben uns einige Alternativen angesehen, wir haben uns natürlich London, wir haben uns Frankfurt, wir haben uns Zürich angesehen, ein bisschen mit Amerika, NY, spekuliert und sind nach reiflicher Überlegung dann hier nach Wien gegangen, als internationales Unternehmen aber auch als österreichisches Unternehmen und wir fühlen uns hier sehr gut aufgehoben. Wie man sieht, war es die richtige Entscheidung, denn ein Großteil unserer Investoren stammt aus dem anglo-amerikanischen Raum und es ist heute für den amerikanischen oder englischen Investor überhaupt kein Problem, Aktien auch an der Wiener Börse hier zu handeln.
 
Technisch geht das jetzt sehr leicht, das stimmt. Der ATX wird jetzt 25, also darf ich sagen, Sie sind jetzt zufrieden mit Ihrer Börseheimat?
 
Absolut, ich glaube, wie ich schon gesagt habe, es war die richtige Entscheidung, es ist einfach unser Heimmarkt und wir werden, das sieht man schon, dass alle österreichischen Unternehmen, die im ATX vertreten sind, einfach auch hier von der österreichischen Presse besser wahrgenommen werden als Unternehmen, die auf ausländischen Börsen agieren und wie schon gesagt, für ausländische Investoren ist das kein Hindernis.
 
Wenn Sie den Kapitalmarkt ansprechen wollen neben dem Wiener Kapitalmarkt, wann und wo machen Sie Roadshows? Sind das London, Dubai, NY?
 
Ich habe jetzt die genau Anzahl der Roadshows, die wir machen, nicht im Kopf, aber es ist mit Sicherheit in der Größenordnung von 20 und darüber und das ist von New York, Boston, London, Frankfurt, Stockholm und viele, viele kleinere Börsen auch noch dazu, Paris darf man natürlich auch nicht vergessen, also wir sind da sehr, sehr aktiv unterwegs.
 
Wie sehen Sie den Wiener Kapitalmarkt, jetzt nicht nur aus der SBO-Brille?
 
Natürlich gibt’s hier Verbesserungsbedarf, das ist keine Frage, auch wenn wir grundsätzlich froh sind, hier Spieler zu sein aber wir müssen schon aufpassen, dass die Gesetzeslage mit Besteuerungen, Finanztransaktionssteuern, die da immer herumgeistern, aber auch Verschärfungen auf der Kapitalertragssteuerseite nicht den Wiener Kapitalmarkt unattraktiv machen und das wäre sehr bedauerlich für die österreichischen Unternehmen, weil eine Börsennotiz und der Kapitalmarkt doch sehr wichtig sind für den Zugang zu Eigenkapital.
 
Können Sie sich an den Wien-Börsengang noch erinnern, an den Tag? Wie lief das damals ab bei Ihnen?
 
Das war relativ unspektakulär, wesentlich besser in Erinnerung hab ich die Kapitalerhöhung, die wir dann zwei Jahre später im Jahr 2005 gemacht haben und der Wechsel an die Wiener Börse war also nicht mit großem Brimborium versehen, ist aber vom Kapitalmarkt wie man sieht gut angenommen worden. Ich darf in Erinnerung rufen, wir hatten zu Zeiten, wo ich als CEO begonnen habe und wir eben noch auf der Easdaq in Brüssel waren, einen Börsekurs zwischen 7 und 8 Euro/Aktie und obwohl unser Kurs genauso wie der Ölpreis in letzter Zeit stark gebeutelt wurde, sind wir doch noch in der 50er Range zur Zeit und waren vor ein paar Jahren in der Größenordnung von 80 bis 90 Euro pro Aktie. Also ich glaube, summa summarum hat sich das Unternehmen gut entwickelt, die Performance am Kapitalmarkt hier passt.

Diese Frage hatte ich eigentlich auch vorbereitet. Sie sind ja doch irgendwo abhängig vom Ölpreis mit Ihrem Geschäft. Gibt’s eine Koalition, fallender Ölpreis, fallende SBO?
 
Definitiv ja, also wenn man die beiden Kurven nebeneinander legt,  ist es so, dass über weite Strecken sogar nominal der gleiche Wert herausgekommen ist. Momentan halten wir uns besser als der Ölpreis, Gott sei Dank, aber das ist so und das wird eben so gesehen, ob richtig oder falsch ist nicht zu diskutieren, der Markt nimmt das einfach so wahr und reagiert so und wenn Sie die Ölpreisentwicklung und die Aktienkursentwicklung der Schoeller Bleckmann in den letzten 12 Monaten übereinanderlegen, dann werden Sie diese Korrelation erkennen.
 
Wie abhängig ist denn der ATX von den Ölwerten? 
 
Die OMV ist natürlich ein starker Player im ATX, das ist ganz klar. Wir sind ein kleinerer Player und damit ist es aber auch schon aus, was die ölrelevanten Werte im ATX betrifft, der Rest wird durch andere Industrien, Banken und Versicherung gestaltet. Ich würde sagen, der ATX hat keine besonders große Ölaffinität, aber durch die OMV und uns eine gewisse und natürlich überall dort, wo jetzt Öl und industrielle Entwicklung im Gleichklang ist, und das ist nicht immer der Fall, dort schlägt es halt dann stärker aus. Ich glaube die Zusammenhänge zwischen Öl und ATX sind überschaubar.
 
Die OPEC hat jetzt wieder keine Fördermengenbremse eingeführt, es gibt eine Ölschwemme momentan. Wie sehr leiden Sie momentan mit Ihrem Geschäft darunter? Das letzte Mal im Interview sagten Sie so ein bisschen wie die Fahrt im Nebel, aber jetzt, wenn wirklich eine Ölschwemme da ist, ist es nicht vielleicht klarer, werden Aufträge schlichtweg ganz gecancelt oder nur verschoben?
 
Die Auftragseingangssituation ist schwierig, das hat sich auch schon im 3. Quartal hier gezeigt und das haben wir eigentlich seit Beginn dieses Jahres auch schon angekündigt. Ja, die Visibilität ist gering und das was Sie beschreiben, ist ja der Ist-Zustand. Die Ölschwemme ist der Ist-Zustand. Dort, wo eben ich den Vergleich mit der Fahrt im Nebel gebracht habe und mit der geringen Visibilität, hier geht es im wesentlichen darum, wie schaut die  zukünftige Entwicklung aus und hier ist folgendes festzustellen: Ja, die OPEC hat die Entscheidung getroffen. Damit ist momentan mehr als benötigtes Öl am Markt, ich glaube aber trotzdem und ich bin der festen Überzeugung, nachdem die Nachfrageseite ja 2015 sehr stark war und auch in nächsten Jahr durchaus positives Nachfragewachstum gegeben sein wird, wird einfach immer mehr Öl gebraucht und verbraucht. Auch der geringe Ölpreis führt natürlich dazu, dass die Nachfrage nach Öl hier unterstützt wird und die stark zurückgefahrenen Investitionen in Exploration und Förderung, die werden irgendwann einmal im Markt ankommen und irgendwann wird dann die Nachfrage mehr Öl benötigen als hier die Produktion liefern kann und das ist genau der Punkt, an dem sich dann die Industrie wieder dreht. Man kann nicht sagen und feststellen, wann der Punkt ist, aber es ist ganz klar, je länger wir jetzt in dieser Talfahrt verharren, desto stärker wird dann der Anstieg sein.
 
Quasi wie mit einem alten Laster, irgendwann ist er durchgerostet und man muss neu investieren. Das heißt, es gibt keinen Zielölpreis? Also welchen Ölpreis brauchen Sie für Ihr Geschäft, bzw Ihre Kunden, dass wieder mehr investiert wird? Also auf diese Frage gibt’s gar keine Antwort wahrscheinlich ...
 
Ich würde nicht sagen, keine Antwort, aber es ist einmal natürlich wichtig, dass es eine Zeit lang brauchen wird, bis das Vertrauen in einen gewissen Ölpreis wiederhergestellt ist und ich würde meinen, wenn er einige Zeit und nachhaltig 60 Dollar und darüber ist und sich dann vielleicht in Richtung 70 Dollar entwickelt, dann wird sicher das Vertrauen wieder die entsprechenden Investitionen auslösen.



(09.03.2016)

Gerald Grohmann, Vorstand SBO (16. Oktober), finanzmarktfoto.at wünscht alles Gute!, (© entweder mit freundlicher Genehmigung der Geburtstagskinder von Facebook oder von den jeweils offiziellen Websites )


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25 Jahre ATX

Rund um "25 Jahre ATX" haben wir im Dezember 2015 und Jänner 2016 eine grossangelegte Audioproduktion mit dem Ziel einer Fest-CD gemacht. Infos unter http://www.boerse-social.com/... . Hier täglich ein Interview transkribiert. Wichtig: Diese Interviews wurden nicht für Print gemacht.

>> http://boerse-social.com/25jahreatx


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